Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Heißes zu trinken, bevor er sich seinem Kreis anschloss.
»Coryn, da bist du ja!«, rief Amalie ihm zu. Schlank und fast androgyn, trottete sie auf ihn zu und strich ihren ungebärdigen strohblonden Haarschopf zurück. »Komm hoch zum Relaisraum. Du wirst gebraucht.«
Er hob fragend eine Augenbraue, eine Geste, die er halb unbewusst von seinem neuen Freund Cormac übernommen hatte, dem Matrix-Techniker, der ihn als Erster willkommen geheißen und dann auf den Namen der andere Cor von Neskaya getauft hatte.
Coryn hatte dem Älteren aus Revanche den Spitznamen Mac verpasst, und dieser war hängen geblieben.
Wie jeder andere im Turm leistete Coryn seine Arbeit an den Laran-Relais, verschickte und empfing Nachrichten von anderen Türmen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es ein Problem gab, mit dem Mac oder auch Amalie nicht selbst fertig wurden. »Was ist denn los?«
Sie bedeutete ihm, ihr die Treppe hinauf zu folgen. In Neskaya befand sich die Kammer mit den Relaisschirmen abseits in einem eigenen Turm, um die Informationsübermittlung von den verstreuten mentalen Energien abzugrenzen, die durch andere Projekte erzeugt wurden. Die Wände strahlten Kälte aus, denn dieser Abschnitt gehörte zum ursprünglichen Turm, der über alle Maßen hinaus alt war und eher aus feinkörnigem Granit bestand statt aus dem durchscheinenden blauen Gestein des Hauptturms.
Amalie, in die dicke, weiche Robe einer Überwacherin gehüllt, schlang die Arme um ihren Leib, als sie nach oben stieg.
»Es ist eine persönliche Nachricht«, sagte sie, kaum dass sie außer Hörweite des unteren Gemeinschaftsraums waren.
Coryn konnte sich nicht vorstellen, wer gerade ihm etwas übermitteln wollte, es sei denn schlechte Nachrichten, vielleicht ein weiterer Todesfall in Thendara. Lady Bronwyn…
Nein, das hätte er sicher bemerkt. Sie waren geistig zu eng miteinander verbunden, als dass er ihren Tod nicht gespürt hätte.
Vor der großen Relaiskammer blieben sie stehen. Weißes Licht vermischte sich mit dem blauen Strahlen der Schirme und warf unheimliche Schatten auf das Gesicht des Mädchens. Er glaubte glitzernde Tränen in ihren Augen zu sehen, aber vielleicht war es auch nur das weiße Aufblitzen von Furcht.
In Neskaya standen die Relaisschirme auf niedrigen Tischen, sodass die Arbeiter nicht zu kauern brauchten, sondern auf gepolsterten Bänken sitzen konnten. Eine kleine Kohlenpfanne, deren Rauch von einem wärmedurchlässigen Laran-Schild eingeschlossen wurde, erfüllte den Raum mit freundlicher Wärme.
Amalie ging zu der Bank, auf der ein zerknitterter Schal lag.
Coryn erkannte ihn als ihren Lieblingsschal, dicke Chervine-Wolle mit einem farnartigen Muster, durchwirkt von grünen und goldenen Fäden. Er hob ihn hoch und legte ihn sich um die Schultern. Mit einer kleinen Bewegung des Zeigefingers bedeutete sie ihm, sich zu setzen.
Coryn gehorchte und brachte seine Gedanken dazu, sich auf den Schirm vor ihm auszurichten. Er war aktiv, und das Gitterwerk entsprach Amalies klarem, fast geometrischem Denkmuster.
Behutsam fügte er sein eigenes hinzu und spürte, wie er in dem mondhellen Strahlenschein aufstieg. Er stellte sich die Kontaktaufnahme über Relais immer wie ein Schwimmen durch ein Lichtermeer vor. Helligkeit und Schatten strichen abwechselnd über ihn hinweg. Er wurde lang wie ein Geschöpf der Meere und stürzte sich in Gegenströmungen von fiebriger Kälte, drang sogar noch tiefer vor. Musik vibrierte in ihm, die kehligen Antwortrufe mythischer Tiere. Das Licht verblasste, die Farben wurden zu Blau und Purpur und schließlich zu tintenschwarzen Schatten. Sein Sehvermögen ließ nach, als der Kontakt zu Stande kam.
Coryn, bist du da? Die Worte berührten ihn so sanft wie die Schwingen eines Falken. Coryn ließ das Meer unter sich und schwebte an einem kristallinen Himmel, umgeben von der mentalen Gegenwart seines Freundes.
Aran…
Eine warme Woge der Freude antwortete ihm. Für einen langen Moment kostete er das Gefühl liebevoller Vereinigung aus.
Eine Einsamkeit, von deren Vorhandensein er gar nichts gewusst hatte, fiel von ihm ab. Alles war perfekt, vollständig und gut.
Ich habe dich mehr vermisst, als ich für möglich gehalten hätte, dachte er.
Ich dich auch. Eine Pause, dann ein unangenehmer Schritt zurück in die Getrenntheit. Lady Bronwyn ist wohlauf und schickt dir ihre Liebe. Sie bat um Erlaubnis, zu ihrer Familie zurückkehren zu dürfen, doch sie wurde ihr verweigert.
Coryn erschrak. Was heißt
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