Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Nacken. Sie trug einen Wappenrock und ein mitternachtsblaues Unterkleid. Ein Sternenstein von ungewöhnlicher Strahlkraft saß in der Vertiefung zwischen ihren Schlüsselbeinen. Coryn setzte schon dazu an, sich vor ihr zu verneigen, als sie sagte:
»Coryn von Tramontana und nun von Neskaya, im Namen meiner Brüder und Schwestern in Hali entbiete ich Euch Grüße.«
Ihre Worte, wenn auch formell, kamen mit einer solchen Leichtigkeit und Eleganz, dass sein Zögern sogleich verschwand. Ihr Bewusstsein berührte kurz das seine, fast ein wenig verspielt.
»Caitlin von Hali!« Er hätte ihre Laran-Signatur überall erkannt. »Ich war mir nicht bewusst, dass Ihr dem königlichen Haushalt angehört.«
»Ja, neben meiner Arbeit in Hali bin ich schon seit vielen Jahren Rafaels Familien-Leronis«, sagte sie. Nun, da sie einander direkt gegenüberstanden, sah er die feinen Linien um Augen und Mund, die ihr Alter verrieten. »Ich sollte gestern schon abreisen, aber Rafael bat mich, noch ein wenig länger zu bleiben. Ich bin ja so froh, Euch endlich einmal persönlich zu begegnen.«
Die Tür schwang auf, und ein Mann mittleren Alters und mittlerer Größe, schlank, ohne zerbrechlich zu wirken, trat ein. Er trug eine Reithose aus Leder und roch, als habe er sich gerade im Freien bewegt. Der Raum schien vor seiner Energie zu vibrieren, als er zu Caitlin hinüberging, ihr einen Kuss auf die Wange drückte und sich dann an Coryn wandte.
»Das ist also unser junger künftiger Bewahrer? Bernardo setzt großes Vertrauen in Euch, und ich setze großes Vertrauen in ihn!«
»Euer Ma… « Coryn setzte zu etwas an, was er für eine angemessen respektvolle Verbeugung hielt, nachdem er den König bei seinem Eintritt wie ein Bauernlümmel angestarrt hatte.
»Jetzt nichts dergleichen!« Rafael kam jeder weiteren Unbeholfenheit zuvor, indem er Coryn auf die Schulter schlug und ihn zu einem der Stühle am Tisch dirigierte. Caitlin setzte sich neben ihn, die Hände ordentlich im Schoß gefaltet. Innerhalb weniger Augenblicke trugen Diener Krüge mit Jaco herein, Tabletts mit Fleischpasteten, die noch ofenfrisch dampften, Obst in Honigsirup, gewürzt mit Zimtrinde und Muskat, gekochte Eier und eine Pilz-Kasserolle, in Weißwein geschmort und mit Kräutern angereichert.
Coryn war sich gar nicht bewusst gewesen, wie hungrig er war und wie gut Essen schmecken konnte. Die Küche in Tramontana und Neskaya war nur darauf ausgerichtet, den Energieverlust durch Laran-Arbeit möglichst umgehend auszugleichen. Diese Speisen waren eine Gaumenfreude. Er schmauste, als hätte er drei Nächte hintereinander Schwerstarbeit an den Relais geleistet.
Während sie aßen, stellte Caitlin höfliche Fragen über die verschiedenen Personen in Neskaya, und Coryn erkundigte sich gleichermaßen höflich nach Neuigkeiten aus Hali. In beiden Türmen war nur wenig geschehen, seit er unterwegs und nicht erreichbar gewesen war.
»Gestern Abend haben wir Neskaya benachrichtigt, dass Ihr sicher eingetroffen seid«, meinte sie.
»Vielen Dank.« Coryn schaute flüchtig zu König Rafael, der mit seinen Pilzen und dem Jaco schon fertig war.
Der König drehte seinen Stuhl so, dass er in Coryns Richtung sah. »So willkommen Ihr in Thendara auch seid und so erfreut wir auch sind, Euch hier zu sehen, was führt Euch den weiten Weg zu uns? Was war so wichtig, dass man es nicht über die Relais verschicken und über Hali mitteilen lassen konnte?«
Bevor Coryn antworten konnte, klopfte es an der rückwärtigen Wand des Raums, und eine kleine Tür schwang auf, anscheinend ein Privateingang. Eine Frau schlüpfte heraus und kam auf sie zugeeilt. Coryn sah, als er sich ihr zuwandte, einen Wirbel aus Rüschenkleidern, um ein Mieder geschmiegt, das sich nach unten hin verjüngte, und eine Wolke schwarzen Haars sowie blitzende grüne Augen.
»Oh! Verzeih die Störung, Onkel. Ich wusste ja nicht… « begann die Frau.
Coryn sprang auf und wäre fast über die Stuhlbeine gestolpert.
»Tani?«
Sie blickte ihn erstaunt an, und aus lauter Überraschung formte sie einen Rosenmund, der sein Herz zum Pochen brachte. Die Genesung hatte ihre Haut pfirsichfarben gefärbt, und der tiefe Ausschnitt ihres Gewandes hob sich perfekt davor ab. Ihre Bewegungen sprühten vor Vitalität. Wie um sie zu begrüßen, war eine jähe Brise durch die geöffneten Fenster gekommen und hatte den Raum erfüllt, kühl und frisch von den Gerüchen der Frühlingsblüte.
»Coryn! Wie habt Ihr mich gefunden?« Sie
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