Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Ambervale kämpfen müssen, um ihn zu erwischen. Es hatte alles recht gut geklappt.
»Schutz.« Eine Pause, dann ein kaltes Glitzern in den Augen.
»Und welchen Schutz hast du ihnen gegeben?«
»Ich verstehe nicht.« Belisar verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Wogegen? Sie hatten doch schon sicheres Geleit nach Hause.«
»Gegen den Knochenwasser-Staub.«
»Nun, Rumail wollte das Zeug nicht über ihnen entfesseln. Die Männer haben sich nicht in Gefahr befunden.«
»Aber du bist nicht geblieben, um dich davon zu überzeugen. Um dafür zu sorgen, dass es nicht noch weitere… Überraschungen gibt.«
Nun prickelte Ärger in Belisars Rückgrat. »Ich sagte Euch doch, dass die Hasturs meine Auslieferung verlangt hatten. Hätte ich meine Freiheit aufs Spiel setzen sollen - meine Freiheit, als Erbe von Groß-Ambervale? Ich verstehe nicht, worauf Ihr hinauswollt. Wenn Ihr meint, ich hätte anders handeln sollen, dann redet nicht um den heißen Brei herum, sondern sagt es frei heraus.«
»Ja, ich sehe, dass du nicht verstehst.« Belisar entging nicht der resignierte Unterton in der Stimme seines Vaters. Mit einem kaum verhohlenen Seufzer stemmte Damian sich aus seinem Stuhl und ging auf seinen Sohn zu. Einen Moment lang befürchtete Belisar, dass Damian ihn schlagen oder schnurstracks an ihm vorbeigehen würde, was noch schlimmer gewesen wäre.
Damian umarmte ihn grob und schlug ihm mehrmals auf den Rücken. »Ach, was soll’s«, sagte er halblaut. »Du kannst eben nicht anders, nehme ich an. Aber du bist immer noch mein Sohn und Erbe. In dir steckt viel Gutes. Ich werde dich einfach besser unterrichten müssen.«
Tagelang strömten Soldaten nach Acosta, körperlich von Schlacht und Flucht erschöpft, geistig sogar noch erschöpfter. Sie berichteten von Umzingelung, Aufgabe und geordnetem Rückzug, der sich in ein Chaos verwandelt hatte. Niemand von ihnen wusste genau, was sich ereignet hatte, nur dass sie auf Befehl ihrer Offiziere um ihr Leben gerannt waren.
Die nächsten Männer, die eintrafen, lagen schon im Sterben.
Ihre Organe zerfielen zu Wasser, während ihnen die Haare gleich büschelweise ausfielen. In seinem Audienzsaal befragte Damian jene, die noch reden konnten. Er zwang Belisar zuzuhören, sich den menschlichen Wracks zu stellen, die von seinem Kommando übrig waren. Um seine Flucht zu decken, hatte Rumail tatsächlich Knochenwasser-Staub über der Armee von Hastur freigesetzt. Aber etwas war schief gegangen, so dass die Streitkräfte von Ambervale ihm ebenfalls ausgesetzt wurden.
Belisar hatte seine Leute dem Tod überlassen, um seine eigene Haut zu retten…
Es versetzte Damian einen Stich, als er Belisars verständnislose Miene sah. Vielleicht trug der Vater die Schuld an den Unzulänglichkeiten des Sohnes. Er hatte nicht viel Zeit mit dem kleinen Belisar verbracht, weil damals gerade die lange, schwierige Eroberung Linns anstand. Das war gewesen, bevor die Vision über ihn kam. Dann hatte er angenommen, dass Belisar in seine Fußstapfen treten würde, von der gleichen Vision erfüllt. Er sah Belisar als jungen Mann vor sich, das Haar wie eine Kappe aus Gold; Belisar draußen auf dem Übungsfeld, wie er ein feuriges Ross meistert; Belisar, der ihn über eine Banketttafel hinweg bei Fackelschein angrinst, seine Haut bronzen gefärbt; Belisar, der um das Hastur-Mädchen freit; Belisar, so groß und stolz, als er die Armee hinausführt…
Belisar der Feigling.
Vermutlich war es Damians eigene Schuld. Der Junge war jung, unerfahren und idealistisch. Er war mit Visionen von Sieg und Ruhm aufgewachsen. Er wusste nichts über eine ehrenvolle Niederlage.
Damian entließ die letzten Soldaten und nippte hastig an einem Kelch Wein, einem besonders würzigen Jahrgang, obwohl er stark verdünnt war, und stellte ihn auf den kleinen Intarsientisch zurück. Der Wein schwappte auf die polierte Oberfläche.
Dieses Herumgesitze und diese Warterei hätten selbst Aldones wahnsinnig gemacht. Er platzte fast vor Tatendrang. Das Geplänkel an der Grenze war nur ein unbedeutender Rückschlag gewesen, mehr nicht. Er hielt nach wie vor Acosta und die Bergkönigreiche sowie seine Heimatterritorien Ambervale und Linn. Der größte Teil seiner Armee befand sich noch in bester Verfassung.
Aus dem Vorraum drangen Stimmen heran. Obwohl die Worte gedämpft waren, erkannte er den Bariton seiner persönlichen Wache. Ein Prickeln zog seine Wirbelsäule hinauf, als er hörte, dass die Stimme der
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