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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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den Füßen gerissen. Die Gesichter der Männer verhärteten sich, die Augen wurden kalt. Bevor sie die Worte fand, um sie noch einmal daran zu erinnern, dass das, was sie zu spüren glaubten, nicht real war, sondern lediglich von Deslucidos Zauberer geschickt, schüttelte Rafael den Kopf und hob die Hand. Der in den Falten seines Hemdes verborgene Sternenstein schimmerte. Sie erinnerte sich daran, dass Rafael, wie alle Hastur, in seiner Jugend auf Laran geprüft und zumindest ansatzweise in einem Turm ausgebildet worden war.
    Gerolamo richtete den Blick auf seinen Herrn wie ein Ertrinkender auf das rettende Ufer. Sein Gesicht wurde blass und nahm wieder Farbe an, doch er wich nicht von der Stelle.
    »Gero, lass dir den Arm verbinden. Dann sieh zu, dass du wieder zu mir stößt. Ich werde dich bald brauchen«, sagte Rafael.
    Die schimmernde Panik in Gerolamos Augen verschwand. Er blinzelte nicht einmal, als Rafael sich umdrehte und in die Nacht eintauchte.
    Gerolamo starrte auf die blutverschmierte Hand über seiner Wunde. »Bis ich ein Tuch darüber geknotet habe, hat er schon das halbe Lager in Marsch gesetzt.«
    »Setz dich hin. Es dauert nur einen Moment.« Taniquel schnappte sich ein Besteckmesser und trennte damit einen langen Streifen ihres eingerissenen Saums ab. Mit ein paar Schnitten hatte sie ein Stück des blutverschmierten Hemdes entfernt.
    Glücklicherweise war der Schnitt nicht tief. Schon jetzt fing das Blut in der Wunde zu gerinnen an. Sie goss den Rest des Weines darüber.
    »Autsch! Gute Frau, das brennt ganz schön!«
    »Wärst du ein Cristoforo, dann wäre das nur eine kleine Buße für deine Sünden.« Taniquel wickelte den Saumstreifen zweimal um den Arm und verknotete dann die Enden so fest miteinander, dass die Wunde zusammengepresst wurde, ohne den Blutkreislauf zu unterbinden. »Und jetzt verschwindet!« Als er sich umdrehte, um etwas zu sagen, ein Dankeschön vorzubringen oder wieder eine Entschuldigung, schubste sie ihn buchstäblich aus dem Zelt hinaus.

36
    Taniquel stand allein im Zelt. Solange sie mit etwas beschäftigt gewesen war, worauf sie sich konzentrieren konnte, hatte sie dem erbarmungslosen Druck in ihrem Kopf widerstehen können.
    Doch jetzt stürmten die Gedanken wieder heran und hämmerten auf ihren Schädel ein.
    Er will deinen Thron an sich reißen. Er hat dich schon einmal verraten… Du kannst keinem von ihnen vertrauen… Sie haben den Tod verdient… Töte sie alle… Töte…
    »NEIN!« Eine laute Stimme schrie auf, verzerrt, doch immer noch als die einer Frau zu erkennen. Sie nahm die Hände von den Ohren, ohne sich daran zu erinnern zu können, sie zugehalten zu haben. Es war ihre eigene Stimme.
    Schnapp dir ein Messer… Töte… Töte…
    »Barmherzige Evanda, Mutter des Lebens, schütze mich!«
    Der Schrei, der sich ihrer Seele entrissen hatte, verschaffte ihr einen gewissen Aufschub. Wenn sie jedoch nichts anderes zu bieten hatte als ihre eigenen schwachen Gebete, würden die Stimmen am Ende gewinnen, dessen war sie sicher. Sie musste dem Bann Taten entgegensetzen, so wie sie es an den Toren von Acosta getan hatte. Nur durfte sie diesmal nicht zu spät kommen.
    Sie ging zum Zelteingang und krallte sich in die Plane. Von draußen hörte sie die Geräusche miteinander kämpfender Männer, klirrenden Stahl, Schreie und Kriegsgebrüll. Die Dunkelheit war von Mordlust erfüllt.
    Ihre Finger gruben sich in die Zeltleinwand, und einen Herzschlag lang war sie unfähig, sich zu bewegen. Alles in ihr drängte sie dazu, sich versteckt zu halten, ein Rabbithorn in einem durchgedrehten Wolfsrudel. Was wollte sie dort draußen ausrichten?
    Sie besaß weder eine Waffe, noch hätte sie in dem Fall, dass sie eine fand, mit ihr umzugehen verstanden. Würde ein Angreifer sie erkennen und ziehen lassen? Draußen tobten Männer, die ihr durch nichts verpflichtet waren und deren Loyalität einzig und allein Rafael galt. So wie dieser Bann den Geist der Menschen verwirrte, könnten sie ohne weiteres in ihr den Feind sehen.
    Ich habe Angst. Der Gedanke war plötzlich da und verlangte nach einer Antwort. Wann hat das je den Ausschlag gegeben? Du hattest Angst, als Deslucido Padrik niederstreckte. Du hattest während deiner Flucht Angst und in dem eiskalten Fluss. Du hattest Angst, Deslucido vor dem Comyn-Rat gegenüberzutreten.
    Trotzdem hast du das alles getan und noch viel mehr. Willst du wirklich eine Königin sein? Dann geh hinaus und verhalte dich wie eine!
    Taniquel atmete tief

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