Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Tischseite interessiert zu sein, irgendwas darüber, wie man Energonenringe auf ein Kristallgitter schichten konnte. Coryn hatte keine Ahnung, wovon sie sprachen.
»Stimmt es«, fragte Aran schüchtern, »dass der Aldaran-Sturm dich ohne Deckung erwischt hat? Und dass du deine Pferde töten und in ihre Körper steigen musstest, um dich warm zu halten?«
Coryn starrte den anderen Jungen mit offenem Mund an. »Nun ja, es gab einen Sturm, aber… «
»Aber sie hätten ihn nie überstanden, wenn wir nicht gekommen wären und sie gerettet hätten!« Liane hatte ihnen kurz den Kopf zugewandt.
»Wir hatten uns wacker geschlagen und um unsere eigenen Sachen gekümmert, als ihr vorbeigekommen seid und einen Streit vom Zaun gebrochen habt! Dabei wären wir fast draufgegangen. Schöne Hilfe!«
»Einen Streit vom Zaun gebrochen? Wir sind nicht ohne Erlaubnis in ein fremdes Land eingedrungen und haben spioniert… «
»Das reicht jetzt.« Vom anderen Ende der Tafel erklang eine ruhige Stimme. Coryn erkannte sie sofort als die Kierans. Er errötete. Was war nur in ihn gefahren, dass er sich von Liane zu einem solchen Benehmen hinreißen ließ, und das auch noch an seinem ersten offiziellen Morgen in Tramontana? Er war nicht erstaunt, als Kieran ihn nach dem Frühstück mit ebenso ruhiger wie gebieterischer Stimme zu einer privaten Unterredung bat. Lianes Grinsen verschwand, als sie ihrerseits zu Bronwyn bestellt wurde.
Coryn stand von der Tafel auf, sein Frühstück unangetastet.
Aran berührte ihn leicht am Handrücken, eine Geste, wie Coryn inzwischen verstand, die unter Telepathen üblich war.
»Den Teil mit den Pferden habe ich sowieso nie geglaubt«, sagte Aran. »Aber die Geschichte klang danach, als wäre etwas Aufregendes geschehen. Vielleicht kannst du es mir ja irgendwann einmal erzählen. Tut mir Leid, wenn ich dich in Schwierigkeiten gebracht haben sollte.«
»Es lag nicht an dir, sondern an dieser… dieser… « Coryn gelang es gerade noch, den Mund zu halten, bevor er etwas sagte, was er später vielleicht bereute.
Kurz darauf stand er in Kierans kleiner, mit einer umlaufenden Steinmauer versehenen Stube vor dem Bewahrer. Trotz der morgendlichen Kälte erwärmte kein Feuer den Natursteinofen. Kieran saß bequem in seinem einfachen Sessel, die Hände mit den sechs Fingern gelassen im Schoß. Die Nüchternheit der Szene und die Temperatur ließen Coryn frösteln.
»Es wird nicht wieder geschehen«, begann Coryn.
»Vielleicht solltest du mir, statt Versprechen abzugeben, von denen du keine Ahnung hast, ob du sie überhaupt halten kannst, erst einmal erklären, warum Liane dich so gereizt hat. Ist es lediglich die Fehde zwischen euren beiden Familien?«
Braucht es denn mehr?, fragte sich Coryn, sprach es aber nicht laut aus. Auf Kierans sanfte Nachfragen hin erzählte er ihm die Geschichte vom Feuer, vom Sturm und von der Rettung. Ihm wurde klar, wie ungerecht er gewesen war. Liane traf keine Schuld an den Entscheidungen ihres Vaters, und bei diesem ersten Mal im Krankenzimmer hatte sie sich sehr bemüht, freundlich zu sein.
»Aber da ist noch mehr, was dir Sorgen bereitet, junger Coryn. Liane ist eine aufbrausende junge Frau, vielleicht ein bisschen unmanierlich, aber ohne Arglist.«
Coryn dachte plötzlich, wenn Liane ihn nicht so sehr an Kristlin erinnert hätte, dann hätte er vielleicht nicht so ein Gefühl von - war es Verrat? - empfunden.
»Hör zu«, sagte Kieran und beugte sich vor, wobei die alterslosen Züge vor Intensität strahlten. »Da draußen in der Welt gilt der Familienname eines Menschen mehr als die Qualität seines Charakters. Frauen - und auch Männer - werden nach nichts weiter als ihrer Herkunft und den Bündnissen, die sie herbeiführen können, beurteilt und verkauft.«
Coryn schauderte, als er an Kristlins Vermählung dachte und an Tessas leidenschaftliche Worte: Ich werde nicht für die verfluchten Zuchtpläne eines Mannes die Barragana spielen…
»Aber hier im Turm, solange wir unseren Dienst leisten, lassen wir all das hinter uns. Was du bist, was du aus deinem Leben machst, deine Ehre und Hingabe, nicht dein Rang oder deine Clansbindungen, bestimmen deine Zukunft. Du wurdest mit der Gabe des Laran geboren. Das gibt dir die Gelegenheit, dich selbst und deine Kameraden auf eine Weise kennen zu lernen, die du nie für möglich gehalten hättest. Du kannst über Meilen hinweg sprechen, du kannst dich auf der Suche nach wertvollen Mineralen ins Innere der Erde begeben,
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