Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
eilte davon und konnte ihr Glück kaum fassen. Erst als das Lager schon weit hinter ihr war, wischte sie sich die Nässe vom Mund.
Der Schlamm hatte Taniquels Stiefel durchweicht, als sie das Dorf erreichte. Tropfen perlten von ihrem Wollumhang und der Kapuze. Der Regen hatte etwas nachgelassen, und die Wolken rissen auf, sodass zwei der vier Monde ihr diffuses, vielfarbiges Licht verbreiteten. Sie hielt sich am Dorfrand und begab sich zu einer Hütte, die mit ihren Koppeln für Schafe und Ponys etwas abseits der übrigen Hütten stand. Wie bei den anderen war es dort still und dunkel, bis auf einen schwachen, gedämpften Feuerschein.
Drei gescheckte Hunde sprangen bei ihrer Ankunft auf sie zu.
Der jüngste kannte sie nicht, kläffte einmal und setzte sich. Der älteste Hund schob seine Schnauze in ihre Hand und suchte wie immer nach Leckereien. Sie strich ihm über die Ohren und kratzte die juckenden Stellen an der Schwanzwurzel, wobei sie flüsterte, dass sie leider nichts für ihn bei sich hatte.
Das alte Pferd fing sie mit einer Hand voll Weizen mühelos ein.
Das Tier näherte sich ihr bereitwillig, als ob es sich ebenfalls noch aus glücklicheren Zeiten an sie erinnerte, und rieb seinen knochigen Schädel an ihrer Schulter. Padrik hatte es hierher gebracht, damit es sein Gnadenbrot bekam, das gutmütige Droschkenpferd, sein erstes Reittier, nachdem er für Ponys zu groß geworden war.
Taniquel packte das Tier bei der Stirnlocke und führte es zu der Hütte, in der die Geräte untergebracht waren. Das Mondlicht fiel durch die geöffnete Tür und funkelte auf dem liebevoll polierten Sattel, der Padrik gehört hatte. Sie wuchtete das Lederzeug auf den Rücken des Pferdes und zäumte es auf. Dann schnürte sie ihr Bündel hinter dem Sattel fest.
Hinter dem fast leeren Futtertrog fand sie Säcke, deren Geruch ihr sofort zeigte, dass sie Gerste und weiteren Hafer enthielten.
Dabei handelte es sich um Saatgut zum neuerlichen Ausbringen, für den Fall, dass die Ernte missriet, wie es manchmal durch späte Eisstürme geschah. Sie zögerte, eine Hand auf dem kleinen Gerstensack. Die Lebensmittel aus der Küche würden nicht lange reichen, und sie hatte keinen Bogen für die Jagd. Wenn Deslucidos Männer auf den Vorrat stießen, würden sie sich bedenkenlos alles nehmen.
Aber das war keine Entschuldigung. Vielleicht fanden sie ihn gar nicht, vielleicht fanden sie nicht alles.
Seufzend zog sie den Sack ins Versteck zurück.
Ein Hüsteln ließ sie zusammenfahren. Sie war nicht allein in der Hütte.
17
Das Lampenlicht brachte Taniquel zum Blinzeln und erhellte die rissigen Züge des Hüttenbewohners. Sie stöberte in der Erinnerung nach seinem Namen. Ruyven. Sich schmerzlich bewusst, welchen Eindruck das alles machen musste - ihr unordentliches Kleid, das gesattelte Pferd, die Entdeckung des Saatgutlagers -, rappelte sie sich auf.
»Mädchen.« Das Wort enthielt eine Unmenge Fragen.
»Du hast mich nicht gesehen!«, schrie sie. Sie holte die kleine Börse heraus und legte sie neben den Futtertrog. »Das habe ich nie hier gelassen. Du hast keine Ahnung, wohin dein Pferd verschwunden ist.«
Er kam auf sie zu, zog den Sack Gerste wieder hervor und noch einen mit Weizen, dann legte er sie behutsam vor ihr auf den Lehmboden. »Dieser alte Klepper, ständig hat er die Schnauze ins Futter gesteckt.« Im nächsten Moment war er fort.
Taniquel vergeudete keine Zeit, nahm die beiden Getreidesäcke und befestigte sie auf beiden Seiten des Sattels. Sie schwang sich aufs Pferd, zog die Kleidung um ihre Beine zurecht und breitete den Mantel über ihre kostbaren Bündel.
Das alte Pferd setzte sich federnden Schrittes in Bewegung.
Vielleicht erinnerte es sich an frühere Ritte im Mondschein, vor vielen Jahren.
Sie würden auf der Straße nach ihr suchen, wenn überhaupt.
Taniquel wusste nicht, wie gut ihre Spurenleser waren, ob sie in dem von unzähligen Hufeisen durchwalkten Schlamm die Abdrücke eines einzigen unbeschlagenen Farmpferdes herauszufinden vermochten.
Sie nahm den Weg über die Weide und dann durch die Obsthaine, strebte höher gelegenem, felsigem Grund entgegen.
Als der letzte Mond unterging und die wogenden Hügel in Finsternis hüllte, trottete sie weiter, überließ sich dem Instinkt des Pferdes.
Das alte Tier hatte seinen ersten Energieschub schon wieder verloren, aber sie durfte ihm keine Pause gönnen, noch nicht.
Taniquel erwachte mit einem jähen Ruck, halb über den Sattelknauf
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