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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Straße verdiente kaum diese Bezeichnung. Es handelte sich mehr um einen schmalen Trampelpfad, bei dem die Steine aus dem Weg geräumt worden waren, der sich durch die Hügel wand. Und doch wurde ihr vor Erleichterung ganz schwindelig.
    Das Pferd, das im Verlauf der Reise sichtlich abgemagert war, betrat die Straße mit einem schweren Seufzer. Es bewegte sich behutsam, und sein Kopf nickte im Rhythmus der Schritte, ein Ohr der Reiterin zugewandt. Kein Wunder, dass es hinkte, bei dem felsigen Terrain der vergangenen paar Tage. Sie tätschelte seinen Hals und trieb es vom süßen Passgang zu einem leichten Trab an.
    Die Straße verlief in ostwestlicher Richtung, nicht in nordsüdlicher wie erwartet. Vielleicht war es nur einer der vielen nicht eingetragenen Pfade, die es überall in diesen Hügeln gab. Sie entschied sich nach bestem Wissen für eine Richtung und sagte sich, dass sie irgendwann schon auf die Hauptstraße nach Thendara stieße. Es hatte ganz den Anschein, als würde der Pfad von so viel Personen genutzt, dass es in regelmäßigen Abständen auch Unterkünfte gab, mit einem Kamin und Wegzehrung.
    Das Wetter war seit jener ersten Nacht ungewöhnlich klar für diese Jahreszeit gewesen, so klar, dass sie sich ein- oder zweimal überlegt hatte, ob nicht die Gefahr eines Geisterwindes bestand.
    Am frühen Vormittag war die Lufttemperatur jedoch stark gesunken, und hinter der Hügelkette zogen Wolken mit finsteren Bäuchen in der Ferne auf.
    Schneewetter. Schaudernd zog sie den Mantel enger um die Schultern und betete, dass die Unterkunft für Reisende nicht mehr allzu weit entfernt war.
    Taniquel zügelte das Pferd, während der Wind ihre eisigen Haarsträhnen flattern ließ. Ihr Mantel war schon mit kleinen Eiskügelchen und halb gefrorenem Regen bedeckt. Weiß und Grau beherrschten ihr Sichtfeld. Nur der Instinkt des Pferdes hatte bisher verhindert, dass sie vom Weg abkamen. Mit steifen Bewegungen ließ sie sich zu Boden gleiten und führte den Zügel über seinen Kopf. Gefrorener Atem bedeckte die Ränder seiner Nüstern. Sie versuchte ihm Mut zuzusprechen, doch ihr Hals war wie zugeschnürt, und sie brachte kein Wort heraus. Als das Pferd weitertrottete, folgte sie ihm dankbar und suchte Schutz neben seinem Körper.
    Beim Gehen spürte Taniquel die Kälte immer weniger. Der Schmerz in ihren Füßen und Fingern ließ nach. Eine seltsame Schläfrigkeit überkam sie, und nichts erschien ihr noch wichtig.
    Sie wusste, dass sie nicht stehen bleiben durfte, obwohl es wenig Sinn ergab weiterzugehen. Sie hatte es nicht besonders eilig, und sie war müde. Warum sollte sie sich nicht einfach hinsetzen - so kalt war der Schnee doch gar nicht…
    Taniquel wusste, was die Taubheit in ihren Händen und Füßen bedeutete. Je länger sie sich weiterschleppte, desto stärker wurde das Verlangen sich auszuruhen, sich hinzulegen und nie mehr aufzustehen. Das durfte sie nicht zulassen, um ihres ungeborenen Sohnes willen.
    Sie konnte so nicht weitermachen, in diesem peitschenden Sturm, unfähig, mehr als ein paar Schritte weit zu sehen. Außerdem verfinsterte sich das Grauweiß des Himmels schon, weil die Nacht anbrach.
    Taniquel stolperte über einen Stein und hielt sich am Steigbügel fest, lehnte sich gegen das Pferd. Schutz - sie musste Schutz suchen. Sie hatte von Menschen gehört, die sich in Decken gehüllt gegen den Leib ihres Pferdes pressten, doch sie wusste nicht, wie sie das Tier dazu bringen sollte, sich hinzulegen. Eine Felswand mit einem Vorsprung oder sogar einem Baum - etwas, das den Wind abhielt und dafür sorgte, dass sie einigermaßen trocken blieb…
    Sie spähte durch den schräg fallenden Regen, konnte die Landschaft aber nicht genau erkennen. Um Schutz zu suchen, musste sie den Weg verlassen. Was, wenn sie nicht mehr zurückfand? Der Weg bot ihr wenigstens eine gewisse Hoffnung, an einen sicheren Ort zu gelangen.
    Gesegnete Cassilda, steh mir bei!
    Taniquel wiederholte die Worte wie bei einem stummen Gebet.
    Steh mir bei… steh mir bei… Jede Silbe brachte sie einen Schritt weiter, und noch einen. Die Zeit verlor jede Bedeutung in diesem ewig gleichen Eisschnee und Wind, in dem sie einen Fuß vor den anderen setzte.
    Nach einer Weile schluckte das treibende Weiß noch den letzten Rest Licht. Das Pferd blieb stehen, und ihr war, als prallte sie gegen eine Wand. Ohne Vorwärtsbewegung gaben die Beine unter ihr nach. Der Steigbügel glitt ihr aus den tauben Fingern. Sie fand sich in einem wirren Haufen

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