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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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gesunken. Der erste graue Morgendämmer warf sein Licht auf nichts Vertrautes; sie musste die letzten Obsthaine schon hinter sich gelassen haben. Das Pferd trottete weiter, den Kopf gesenkt, die Ohren angelegt. Es hatte anscheinend seine Gangart gefunden, einen mühelosen Passgang, nur vom gelegentlichen Vorrecken des Halses unterbrochen, um hin und wieder ein Maul voll Frühlingsgras zu ergattern. Ringsum erstreckten sich erodierende Hügel mit verstreuten Felsen, die lediglich als Ziegenweide geeignet waren. Die Blätter von Krüppelkiefern drängten sich dicht an dicht, noch leicht grau. In der Ferne bellte ein Fuchs. Etwas rührte sich in den Heidesträuchern - ein einzelnes Chervine, das drohend sein Geweih schüttelte, und davonsprang. Nirgends gab es eine Spur von menschlicher Besiedelung.
    Sie brachte das Pferd zum Stehen, zog die Füße aus den Steigbügeln und ließ sich ein wenig umständlich zu Boden gleiten. Das Leder oberhalb der Steigbügel hatte die Innenseite ihrer Knie aufgescheuert, die Hüften taten ihr weh, Gesicht und Hände waren halb erfroren, und die Nase lief ihr. Sie nahm die Kandare des Zaumzeugs aus dem Pferdemaul, ließ das Tier in Ruhe grasen und nahm sich Brot und ein Stück vom Käse aus dem Gepäck.
    Taniquel setzte sich auf einen Felsvorsprung und dachte über ihre Lage nach. Sie besaß keine Möglichkeit, ein Feuer zu entfachen, selbst wenn sie trockenes Holz gehabt hätte. Ihr Mantel war zwar noch feucht, bestand jedoch aus Wolle und speicherte die Körperwärme. Leider hatte sie keine Ahnung, wo sie sich befand. Sie hatte eine Abkürzung quer durchs Land nehmen und auf die Hauptstraße treffen wollen, die in der einen Richtung nach Neskaya und in der anderen zu den Tiefländern und nach Thendara führte.
    Schön und gut, sagte sie sich, schniefte und kämpfte gegen Tränen der Erschöpfung an. Belisar bist du also los. Fast alles wäre besser, als sich mit ihm zu vermählen.
    Sie orientierte sich an der gerade aufgegangenen Sonne und wandte sich weiter in die ungefähre Richtung der Straße. Als die Sonne über den Horizont stieg, schmolz der Raureif in den Gräsern, und Nebelschwaden erhoben sich. Auf einer ebeneren Strecke des Weges trieb sie das Pferd zum Trab an. Bis auf einen gelegentlichen Falken sah sie weit und breit kein Lebewesen.
    Spät am Tag hielt Taniquel vor einer erodierten Felswand, damit das Pferd an einem Wasserfall saufen konnte, der über einen Felssturz weiter oben in einen Teich hinabgischtete. Sie überlegte, ob sie hier die Nacht verbringen sollte, wegen des Wassers und des Schutzes, den ein Überhang bot. Die Luft bebte in Erwartung der Kälte. Sie hatte keine Spur eines Verfolgers entdeckt. Das hatte nichts zu sagen. Woher wollte sie wissen, dass ihre Verfolger sie nicht auf der Straße erwarteten. Sie war zu erschöpft, um noch klar denken zu können, und wenn der alte Gaul sie den ganzen Weg bis nach Thendara tragen sollte, legte sie jetzt besser eine Rast ein. Während sie sich an diesen Gedanken gewöhnte, nahm sie den Sattel ab, fesselte dem Tier die Vorderbeine und schüttete einen Schwall Weizen auf die Satteldecke. Ihr Magen knurrte beim bloßen Gedanken an Essen.
    Taniquel schlang den Mantel um sich und lehnte sich mit dem Rücken an den Fels. Was für eine Törin sie gewesen war, ohne gründliche Planung davonzulaufen. Ohne Möglichkeit, ein Feuer zu entfachen, ohne Waffen, mit nur wenig Lebensmitteln.
    Aber was hätte sie sonst tun sollen?
    Alles würde gut werden; sie würde die Straße finden, und dort gäbe es eine Unterkunft für Reisende, mit Holz und Zunder und trockenen Decken, vielleicht auch etwas zu essen. Und dann Thendara und die Burg ihres Onkels. Ein loderndes Feuer im gewaltigen Marmorkamin der Haupthalle. Heißer, würziger Wein, Fleischtörtchen, Honigkuchen. Eine behagliche Daunendecke mit einem warmen Stein an den Füßen, nein, zwei Decken und eine Unmenge Kissen…
    Innerhalb weniger Minuten wurde ihr Körper weich und schwer. Ihre Gedanken verloren sich, wurden mit jedem Atemzug bedächtiger und schläfriger.
     
    Einen Zehntag später stieß Taniquel auf eine Straße. Sie hatte längst alle Lebensmittel und das Pferd den letzten Weizen aufgebraucht, war von nächtlichen Schauern durchnässt und trank Regenwasser aus einem Becher. Farnherzen und trockene Wurzelknollen hatten ihr schon mehrfach als karge Mahlzeit gedient, doch sie wagte nicht, sich die Zeit für die Suche nach nährstoffreicheren Nüssen zu nehmen. Die

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