Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya
Pferd wandte sich ab und blieb stehen.
»Mach, dass du auf die andere Seite kommst, du wandelndes Bansheefutter! Sonst, ich schwör’s dir, wirst du es bitter bereuen!« Sie trat erneut zu, diesmal so hart, wie es ihr nur möglich war.
Das Pferd wieherte kurz, machte einen Schritt nach vorn, dann zog es den Kopf an und tänzelte zur Seite.
Taniquel brüllte Flüche, hob die Hand und verpasste dem Pferd einen Schlag gegen den Kopf, gleich neben das Ohr. Das Tier machte eine ausweichende Bewegung. Sie zog den Zügel an, bis der Schädel des Pferds auf einer Höhe mit seinen Schultern war, und trat erneut zu. Verdutzt ruckte das Tier vor und vollführte dabei eine enge Kehre. Sie fluchte und trat abermals zu.
Fünf oder sechs enge Kehren später ließ Taniquel den Zügel locker und richtete das Pferd auf den Fluss aus. Ohne zu zögern stieg es ins Wasser. Sie spürte das Elend in jeder Faser seiner alten, müden Knochen, denn Pferde setzten den Fuß nicht an Stellen, die sie nicht sehen können. Das Pferd taumelte, als verlöre es den Halt, fand jedoch rasch sein Gleichgewicht wieder. Nun gischtete das Wasser schon um seine Knie.
Ohne Vorwarnung tauchte das Tier unter und zog Taniquel mit sich ins eisige Wasser. Durch die jähe Kälte stockte ihr der Atem.
Die Strömung wirbelte sie herum. Überall sah sie wogende Schwärze. Sie fuchtelte mit den Armen, versuchte an die Oberfläche zu kommen. Ihre Füße berührten etwas Hartes, und sie trat dagegen. Glitt auf dem Schlick aus. Trat erneut. Ein Fuß verhakte sich, wurde zwischen zwei Felsen eingeklemmt.
Das Wasser rauschte über sie hinweg, zog sie nach unten. Eisiges Feuer brannte in ihren Lungen. Die Muskeln ihrer Schenkel loderten vor Schmerzen.
Dann kam ihr Kopf wieder an die Oberfläche.
Keuchend und hustend kämpfte Taniquel sich voran, bis sie festen Boden unter die Füße bekam, Die Strömung wirbelte um ihre Hüften. Neben ihr trat das Pferd um sich und suchte vergebens nach Halt. Sie wurde wieder von den Füßen gerissen und geriet erneut unter die Wasseroberfläche.
Diesmal hatte sie eine klarere Vorstellung davon, was sie erwartete. Sie versuchte nicht erst zu sehen, sondern zog Kopf und Schulter ein, trieb knapp unter der Oberfläche und machte mit den Armen Schwimmbewegungen.
Das Pferd entfernte sich, hin zum anderen Ufer. Sie hechtete ihm nach. Beim Sprung verloren ihre Füße den Halt. Wider alle Hoffnung langte sie so weit wie möglich nach vorn. Ihre Hände schlossen sich um den Pferdeschweif. Sie verflocht ihre Finger mit den rauen Haaren. Das Pferd achtete nicht auf sie, sondern paddelte weiter.
Als sie das Felsufer erreicht hatten, wollte sie das Tier loslassen, musste jedoch feststellen, dass ihre Finger erstarrt waren und sich im Schweif verfangen hatten. »Hoaah! Hoaah, halt!« Dank welcher Gottheit auch immer, die für den Verstand von Pferden zuständig war, blieb das Tier stehen, nachdem es sie nur ein paar Meter weit geschleppt hatte.
Irgendwie gelang es ihr, die Finger vom Schweif zu lösen. Jeder Fetzen an ihrem Leib war triefnass von halb gefrorenem Wasser, vom Mantel bis zu den Stiefeln. Ein Frösteln erfasste sie, eine Woge nach der anderen, rüttelte ihr das Mark aus den Knochen und brachte ihre Zähne zum Klappern.
Wenn ich hier draußen sterbe, stirbt mein Sohn mit mir.
Sie musste schleunigst eine Bleibe finden, musste sich weiterschleppen, solange sie noch die Kraft dazu hatte. Sie versuchte die Zügel zu umklammern, doch ihre zitternden Hände konnten sie nicht halten.
So schnell es ihr angesichts der nahenden Dämmerung und des schlechten Halts auf den Felsen möglich war, marschierte Taniquel in Richtung Vorgebirge. Das Pferd schüttelte sich heftig und zottelte hinterdrein.
Die Felshügel waren weiter entfernt, als sie zunächst geglaubt hatte, vielleicht kamen sie jetzt aber auch einfach nur langsamer voran. Sie wichen vor ihr zurück wie in einem Fiebertraum. Taniquel schritt weiter, den Kopf gesenkt, die Schultern gegen die Kälte eingezogen. Das Haar hing ihr nass ins Gesicht, doch sie machte sich nicht die Mühe, die Tropfen wegzuwischen. Mehrmals glitt sie aus und landete hart auf den Knien, stemmte sich dann mühsam wieder hoch und schleppte sich weiter. Sogar ihre Gedanken wurden taub. Einmal schaute sie auf und erspähte einen Splitter orangerotes Licht. Aber als sie erneut hinsah, nur wenige Minuten später, war er verschwunden - ein aus Verzweiflung geborenes Irrlicht.
Mehr als einmal glaubte sie, am
Weitere Kostenlose Bücher