Darkover 05 - Zandrus Schmiede
vor ihm, das Gold des von der Sonne ausgebleichten Grases, das Grau der Steine, der dunstige Himmel. Er ließ die Zügel auf den Hals des Pferdes fallen und drückte beide Hände auf die schmerzende Brust. Ein unsichtbares Seil verband sein Innerstes mit dem Turm, der nun bereits aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Er glaubte beinahe zu bluten, aber sein Herz klopfte stetig weiter, und dann erkannte er, dass es kein körperlicher Schmerz war.
»Varzil, Junge?« Die Stimme kam aus weiter Ferne. Es war Gwilliam, der kräftige junge Knecht, der zusammen mit den Pferden am Stadtrand geblieben war.
»Lass ihn in Ruhe.« Das war die Stimme seines Vaters. »Sobald wir zu Hause sind, wird er wieder in Ordnung sein.«
Ich bin nicht in Ordnung. Ich bin nie in Ordnung gewesen.
Soll das das Denken eines Laranzu von Arilinn sein? Versunken in Selbstmitleid wie ein verwöhntes Kind? Die Worte hallten durch Varzils Schädel. Er kannte diese geistige Stimme, die so klar und kraftvoll war. Wer sonst konnte ihn aus solcher Entfernung erreichen oder so klar mit ihm sprechen?
Auster!
Genau. Du konntest nicht gegen den Willen deines Vaters bei uns bleiben. Aber zweifle nicht an deiner Begabung. Tu das nicht. Wenn die Götter es wünschen, werden wir einander wieder begegnen. Verliere nicht den Mut.
Bevor Varzil antworten konnte, war der telepathische Kontakt bereits abgebrochen. Vor ihm, vor dem nickenden Kopf seines Pferdes, erstreckte sich die Straße über die Ebenen von Arilinn. Zu beiden Seiten bog sich das Getreide unter dem Gewicht der reifen Samenkörner. Jede Linie von Halmen und sonnengebräunten Blättern zeichnete sich mit kristallener Klarheit ab. Der Schmerz in seinem Körper ließ nach.
Varzil richtete sich im Sattel auf und griff nach den Zügeln. Das Pferd spürte neue Energie in seinem Reiter und wurde schneller.
Als Dom Felix murmelte: »Was habe ich dir gesagt?«, nickte Varzil nur.
Sie ritten den Rest des Morgens weiter. Auf beiden Seiten der Straßen zeichneten Heuwagen und Erntearbeiter Muster in die Felder.
Als sie in der Mittagshitze eine Rast einlegten, kam ein leichter Wind auf und brachte den honigsüßen Duft von Getreide heran. Insekten summten und zirpten. Die Pferde zerrten an ihren Zügeln, um Halme abzureißen, die dicht am Straßenrand wuchsen.
Die Hitze linderte die verbliebene Spannung in Varzils Muskeln, und er döste im Sattel ein. Sein Vater saß nicht mehr ganz so aufrecht, aber sie würden nicht für ein Schläfchen anhalten. Also setzte er sich zurecht, lockerte die Füße in den Steigbügeln und ließ seine Gedanken schweifen.
Dünne Wolken breiteten sich über den Himmel aus und ließen ihn beinahe weiß aussehen. Licht drosch auf sie ein. Ein paar Haine und Hecken an der Straße spendeten fleckigen Schatten, aber auch hier war es beinahe so heiß wie auf der Straße. Die Pferde waren längst von frischem Trab in einen Schritt gefallen, der immer träger wurde. Schweiß lief ihnen über Hals und Flanken.
Dom Felix ließ sie am Nachmittag Halt machen, an einem kleinen Bach, der sich entlang der Straße wand. Die Pferde senkten die Schnauzen in das plätschernde Wasser. Die Männer stiegen ab, tranken bachaufwärts und wuschen sich Hände und Gesicht. Dom Felix blieb stoisch auf seinem Pferd sitzen, nahm aber einen Becher Wasser entgegen. Er war kreidebleich, und die Muskeln an seinem Kiefer waren angespannt, weil er so fest die Zähne zusammenbiss.
Varzil ging zu dem Verwandten seines Vaters, dem Schwarzen Eiric, der Gwilliam dabei half, die Satteldecken auf Kletten und Falten zu überprüfen. Eiric Ridenow war nicht der Mann gleichen Namens, der gerade Lord von Serrais geworden war, sondern stammte aus einer Nebenlinie der Familie und hatte seinen Namen erhalten, weil er mit dichtem schwarzem Kopfhaar zur Welt gekommen war. Das Haar war seitdem heller geworden und nun rostbraun, aber der Kindername war an ihm hängen geblieben. Nun war er ein kräftiger Mann in mittleren Jahren, verlässlich und kompetent und trat oft als Friedensmann von Dom Felix auf.
»Mein Vater sieht nicht gut aus«, sagte Varzil leise. »Er wird nicht auf mich hören, aber ich denke, er sollte sich ausruhen.«
»Ihr könntet Recht haben«, erwiderte Eiric auf seine lässige ländliche Art. »Ich werde mich darum kümmern. Wenn er schon nicht um seiner eigenen Gesundheit willen länger Rast einlegt, dann sollte er es zumindest für die Pferde tun. Ich habe noch nie einen so heißen Herbsttag
Weitere Kostenlose Bücher