Darkover 05 - Zandrus Schmiede
letzten Zehntag jeweils Stunden hier gesessen und sich Fälle angehört, die eigentlich vor die Cortes gehören. Aber ein wenig Fürsorge wird ihn schon wieder in Ordnung bringen.« Rakhal verbeugte sich und eilte zurück zum Podium.
Der zweite junge Mann blieb zurück. Varzil sah ihn neugierig an, denn die Ähnlichkeit sowohl zu Carolin als auch zu Rakhal war intensiv und ging weit über das leuchtend rote Haar hinaus. Aber er hatte sich geirrt: Diese drei waren vielleicht Blutsverwandte, aber ähnlich waren sie sich nicht. Während Carolin sich mit unbewusster Anmut hielt und Rakhal unerschütterlich wirkte und ohne Selbstbeherrschung und Bewegung vielleicht einmal fett werden würde, war dieser junge Mann dünn und nervös und wirkte unsicher. Varzil dachte, dass er von einer Ausbildungszeit in einem Turm nur profitieren könnte.
Jandria erschien Arm und Arm mit Maura, als wären sie Schwestern. Sie warf einen Blick zum leeren Podium. »Wir werden Rakhal heute Abend kaum zu sehen bekommen. Er hat fast alle persönlichen Pflichten eines Friedensmannes des Königs übernommen«, sagte sie.
»Du sagst das, als wäre das keine gute und edle Sache«, stellte der zweite junge Mann fest.
»Sei nicht so empfindlich, Lyondri!«, erwiderte Jandria.
»Wir wissen alle, wie pflichtbewusst Rakhal ist«, sagte Maura zur gleichen Zeit.
»Und falls einer von uns das zufällig vergessen sollte«, fuhr Jandria fort, ohne Atem zu holen, »wirst du uns sicher gern daran erinnern. O je! Es wird mindestens eine Stunde dauern, bis hier und in den Gemächern des Königs alles vorbereitet ist. Suchen wir Orain und machen uns davon.«
»Ich bin hier«, sagte Orain von irgendwo hinter Carolin. Er hatte sich so lautlos bewegt und war so still stehen geblieben, dass Varzil ihn nicht bemerkt hatte. Höflinge schoben sich an ihnen vorbei und murmelten Entschuldigungen.
»Rakhal lässt alle grüßen und bittet uns, ohne ihn weiterzumachen.«
»Dann lasst uns hier verschwinden, bevor wir niedergetrampelt werden.« Maura zuckte sichtlich zusammen, als ein Höfling sie streifte. »Wir sind hier direkt im Weg des Küchen-Verkehrs.« Sie wandte sich Lyondri zu. »Kommst du mit?«
Lyondri nickte und bot ihr seinen Arm. Jandria folgte allein, Orain ging neben Carolin her und überließ es Varzil und Eduin, ihnen zu folgen.
Eine junge Dienerin mit vor Anstrengung gerötetem Gesicht sprang beiseite, um den mit Bändern verzierten Röcken einer Dame auszuweichen, und stolperte unter dem Gewicht eines riesigen Steingutkrugs. Dabei stieß sie mit Eduin zusammen, und aus dem Krug spritzte Wein in alle Richtungen, bevor das Gefäß auf den Boden krachte und dabei wunderbarerweise nicht zerbrach. Die Dienerin fiel auf die Knie und zog den Krug in eine aufrechte Position, aber es war bereits eine Lache roter Flüssigkeit entstanden. Dann blickte sie auf und sah die dunklen Flecken auf Eduins schönem Linex-Hemd und der Jacke.
»Oh!«, rief sie, und ihr Gesicht rötete sich noch stärker. »Es tut mir so Leid, Sire!«
Eduin rieb an seiner Jacke, aber es hatte keinen Zweck, die Tröpfchen waren bereits in den Stoff gedrungen.
»Oh, Sire!« Das Mädchen weinte beinahe und wurde jeden Augenblick verstörter. Mit den Händen versuchte sie, die sich ausbreitende Pfütze aufzuwischen. Dann hob sie die Hände, als wollte sie Eduins Kleidung säubern, aber er zuckte zurück.
»Du dummes… «, rief Eduin. »Fass mich nicht an! Hast du nicht schon genug angerichtet?«
Das Mädchen wich zurück und schien auf einen Schlag gefasst.
Sie ist schon öfter geschlagen worden. Kein Dienstbote in Klarwasser wurde je geschlagen, ganz gleich, was er angerichtet hatte. Weggeschickt, ja, oder verurteilt und bestraft. Dom Felix hatte auch einmal befohlen, dass ein Mann gehängt wurde, weil er einen Brunnen vergiftet hatte, was zum Tod von zwei Kindern führte. Aber das war ein Akt bewusster Bosheit gewesen. Gegen schlichtes Pech würden Schläge wohl kaum etwas ausrichten.
»Eduin! Du verschreckst das arme Kind«, begann Varzil.
»Sieh dir diese Flecken an! Wie kann ich mit dem König dinieren, wenn ich so aussehe?«
Varzil hatte Eduin noch nie so aufgebracht gesehen, und das wegen einer solch banalen Angelegenheit. Dann erinnerte er sich, wie stolz Eduin zuvor seinen geborgten Anzug vorgeführt hatte. Varzils eigene Familie führte vielleicht ein schlichtes Leben, aber sie hatten Land und Diener, warme Kleidung, anständiges Essen und gute Pferde. Nichts
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