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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Kontakt war für die Tiefe der Verbindung, die er brauchte, notwendig. Eduin wappnete sich und hielt sich noch einmal vor Augen, dass er keine andere Wahl hatte als gegen eines der fundamentalen Gesetze der Turmarbeit zu verstoßen - nie ungebeten in den Geist einer anderen Person einzudringen. Das war ohnehin alles Unsinn und Anmaßung. Turmkreise brachen diese Regel jedes Mal, wenn sie in den Kampf zogen. Selbst ein schlichter Wahrheitsbann beinhaltete ein gewisses Maß an Zwang.
   Noch während er versuchte, seine Tat zu rechtfertigen, wusste Eduin jedoch, dass es hier um etwas ganz anderes ging. Er brachte die Gedanken eines Wahnsinnigen nicht wieder in eine gesunde Form, und seine Absichten waren nicht altruistisch. Im Gegenteil, er brauchte Saravios Gehorsam, und er hatte vor, sich ihn auf jede erdenkliche Weise zu verschaffen. Warum sonst hätten die Götter ihm Laran gegeben, wenn nicht für einen solchen Zweck?
   Er glitt über die Oberfläche von Saravios Gedanken und fand nur heulende Leere, die ihn an eine sturmumtoste Ebene erinnerte. Es gab keine Bilder alltäglicher Dinge, von Licht und Essen, den Orten, durch die sie gekommen waren, den Menschen, mit denen Saravio gesprochen hatte. Selbst die Struktur der geistigen Landschaft fühlte sich unfruchtbar und verlassen an. Saravio hatte sich tatsächlich aus dem Leben zurückgezogen.
   Eduin drang tiefer vor. Er wanderte durch ein Haus, das zu lange leer gestanden hatte. Die Eindrücke alltäglicher Aktivitäten waren verblasst, der einzigartige Stempel der Persönlichkeit war so gut wie verschwunden.
   Er hatte hin und wieder den Geist Sterbender berührt und kannte den Geschmack und das Gewicht dieses Sich-Abtrennens. Saravio lebte noch, aber er hatte sich auf eine Ebene zurückgezogen, die den Tod nachahmte. Eduin hatte erwartet, irgendwo in dem wirren Netz von Saravios Bewusstlosigkeit einen Kern des Mannes zu finden, den er kannte. Er hatte geglaubt, imstande zu sein, Saravios Gedanken zu manipulieren, wie er es zuvor getan hatte, in den Wahn des anderen Mannes einzudringen und ihn zu seinem Vorteil zu manipulieren.
   Aber es gab hier nichts mehr - keine schwarz gewandete Frau mit glühenden Augen und einem Gesicht wie Eis. Keinen Turm, der von Blitzen erschüttert wurde. Keine Menschenmassen, die um Rettung flehten, um Erlösung von ihrem Leid.
   Saravio hielt Romilla Aillard für die Inkarnation von Naotalba. War Zandrus Braut deshalb aus seinem Geist verschwunden? War Saravio zu dem Schluss gekommen, dass er sein Ziel erreicht hatte, dass er keinen Grund mehr hatte weiterzuleben?
   Ich habe immer noch einen Grund für ihn , dachte Eduin erbost. Ich kann ihn nicht davongleiten lassen .
   Wenn er den Kern der Persönlichkeit, die Saravio war, nicht durch den Wahn erreichen konnte, den sie einmal geteilt hatten, musste er etwas anderes benutzen. Eduin hielt inne und sammelte sich, suchte in sich selbst nach etwas, nach einem Eindruck, den er benutzen konnte.
   Er erinnerte sich daran, wie Saravio sanft zu ihm gesagt hatte: »Ich habe dich aus dem Unwetter nach drinnen gebracht.« Saravio hatte von der Tochter der Wirtsleute erzählt, und wie er sie durch sein Lied von ihren Schmerzen befreit hatte. Er hatte sich über den niedergestürzten Jorge gebeugt und gemurmelt: »Ruh dich jetzt aus. Es wird alles wieder gut.«
   Etwas in Eduin, eine unruhige Kindheitserinnerung, saugte diese Worte auf, die wie Balsam sein gequältes Herz trösteten. Saravio war bei all seinem göttlichen Wahnsinn einfach freundlich und großzügig zu ihm gewesen. Liebevoll. Und er hatte all das nicht nur Eduin gegeben, diesem Mann, den er als jämmerliches versoffenes Wrack aus der Gosse gezogen hatte, sondern auch anderen. Den Enteigneten, den Hoffnungslosen, den Verwundeten. Und nun würde er es auch der Tochter dieses Hauses geben. Aber nur, wenn Eduin ihn wieder ins Leben zurückbringen konnte.
   Saravios Mitgefühl zu benutzen, um ihn zu beherrschen, schien die einzige Hoffnung zu sein, und dennoch schreckte Eduin innerlich vor dem Gedanken zurück. Dieser Augenblick der Freundlichkeit erhob sich über all die Jahre des Drecks und der Erniedrigung in seinem Leben. Nun kam es ihm so vor, als müsste er auch diesen Moment besudeln, indem er ihn für seine Zwecke benutzte.
   Er sagte sich, dass Romilla Aillard wirklich Hilfe brauchte und Hilfe verdient hatte. Er sagte sich, dass Saravio diese Dinge ohnehin tun würde, dass er den

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