Darkover 06 - Die Flamme von Hali
Unterschied nie erfahren würde, dass er seine Zustimmung geben würde, wenn er könnte.
Einen langen eisigen Augenblick blieb Eduin unentschlossen. Keines dieser Argumente änderte etwas an dem, was er vorhatte. Saravio würde das Mädchen vielleicht heilen und die Stadt von dieser Wolke der Verzweiflung befreien. Das ganze Aillard-Land, nicht nur Kirella, sondern auch Valeron, würde sich vielleicht vor ihm verbeugen. All diese Taten jedoch, ganz gleich wie gut sie schienen, würden für immer mit einem Makel behaftet sein. Saravio würde seine bemerkenswerte Fähigkeit nicht mehr freiwillig einsetzen.
Nichts in der Welt blieb rein, wie auch Lord Brynon schon festgestellt hatte. Jeder handelte zu seinem eigenen Besten. Das traf auf Saravio ebenso zu wie auf Eduin selbst, auf Carolin Hastur und sogar auf Varzil den Guten. Am Ende wurde jeder von Eigensucht getrieben. Aber noch während Eduin diese Gedanken von sich schob, spürte er eine Spur von Scham über das, was er vorhatte.
Er fand, was er suchte, einen Kern fest verschlungener geistiger Energie, einen Überrest von Persönlichkeit, die beinahe aufgebraucht und in sich zusammengebrochen war. Es erinnerte ihn an einen gewaltigen verstopften Energonknoten, eine der Strukturen, die das Laran im menschlichen Körper kanalisierten und speicherten. Er benutzte seine eigenen Gedanken, um ein Netz um diesen Kern zu formen.
Zunächst stieß er dabei auf keinen Widerstand. Als er die Fäden seines Netzes fester spannte und begann, es zusammenzuziehen, spürte er so etwas wie Bewusstsein. Es gab keine zusammenhängenden Gedanken, nur ein Sich-Rühren, eine Ausdehnung. Langsam und dann mit wachsender Geschwindigkeit kehrten Saravios geistige Fähigkeiten zurück.
Rasch, bevor Saravio wieder zu Bewusstsein kam, schlug Eduin zu. Er dachte nicht mehr über das nach, was er tat, er wusste nur, dass er eine solche Chance vielleicht nie wieder erhalten würde. Jetzt, solange Saravio noch verwirrt und nur zum Teil bei Bewusstsein war, bevor sein Selbsterhaltungstrieb zurückkehrte, war er verwundbar.
Eduin spricht mit Naotalbas Stimme. Folge dem, was er sagt, wie du ihr folgen würdest.
Naotalba…
Bilder, geisterhaft und verzerrt, trieben über das Firmament von Saravios Geist. Eduin erkannte die übereinander gelegten Gestalten zweier Frauen: Naotalba, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte, schön und tragisch, aber mit einer Art von Adel, und Romilla. Einen Augenblick lang schienen sie sich überhaupt nicht ähnlich zu sein. Dann verstand Eduin, warum Saravio sie verwechselt hatte. Das Gefühl vollkommener Hoffnungslosigkeit, des Ausgeliefertseins an ein schreckliches Schicksal, verband sie. Aber damit sein Plan funktionierte, musste Romilla eine Zukunft haben - und den Mut, ihr entgegenzutreten.
Mit allen Fähigkeiten, über die er verfügte, begann Eduin, die beiden Gestalten zu trennen. Naotalba nahm er die Farbe, sodass sie schimmerte wie eine Statue aus Eis, wahrhaft die Braut des Herrn der sieben gefrorenen Höllen. Er versah Romilla mit innerem Leuchten, stellte sich vor, wie sie den Kopf hob, wie sie leicht errötete, ihre Lippen sich rosig färbten. Dann ließ er Romilla vor Naotalba auf die Knie sinken.
Überraschung erfasste Saravios träumenden Geist, als Eduin Romillas Hände wie zum Gebet hob. Heile mich, große Naotalba. Gib mir Kraft! Gib mir Hoffnung!
Die Halbgöttin reagierte ohne Eduins bewusste Anleitung. Sie legte eine Hand auf das dunkle Haar des Mädchens und lächelte. Eduin bebte bei diesem Lächeln, denn es war nur zum Teil ein Segen. Unterhalb der wohlwollenden Oberfläche gab es eine Strömung von Skrupellosigkeit. Diese Heilung würde teuer werden, und er glaubte nicht, dass es einfach sein würde. Er ließ die Gestalt der Romilla aufstehen und davongehen und sah zu, wie sie in der Ferne verschwand. Erst wenn Saravio sie zum nächsten Mal sah, würden sie erfahren, ob es Eduin tatsächlich gelungen war, das Mädchen in Saravios Geist von Naotalba zu trennen.
Eduin wartete, während Saravio erwachte. Saravios Gedanken wurden ausgeprägter, und sein Geist nahm erneut die vertrauten komplizierten Muster an. Eduin erkannte die beschädigten Bereiche wie verbrannte Teile eines Waldes, nachdem das Feuer erloschen war. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, Telepathie zu benutzen. Stattdessen legte er die Hände auf Saravios Schultern und schüttelte ihn sanft.
»Saravio. Es ist Zeit
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