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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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warteten? In jeder Ecke lauerten Elend und Verzweiflung. Dieser Hof mit all seiner Großartigkeit und Bequemlichkeit war nur Hohn, war Illusion. Ein Schatten hatte sich über Kirella und seine Bewohner gesenkt. Sie waren allesamt zum Untergang verurteilt.
   Er wusste, dass diese Gedanken nicht seine eigenen waren, und dennoch konnte er sie nicht aufhalten. Sie drehten sich wieder und wieder in seinem Kopf und nährten sich von jeder Erinnerung an seine eigene Hoffnungslosigkeit.
   Bald würden die Lichter ausgehen. Nichts konnte gegen die kommende Dunkelheit bestehen. Sie würde sich wie ein Krebsgeschwür im Land der Aillards ausbreiten und alle hundert Königreiche von den Hellers bis zum Meer von Dalereuth verschlingen. Nur gefrorene Asche würde bleiben.
   Selbst der Gedanke, dass dann auch Varzil umkommen würde, brachte nur eine geringe Spur von Befriedigung. Was zählte das noch? Er selbst würde nicht mehr am Leben sein, um diesen Triumph zu genießen.
   Es war besser, viel besser, jetzt schon aufzugeben und diesem gnadenlosen Elend ein Ende zu machen.
   Eduin erinnerte sich daran, wie er in der Überwelt manchmal einen kurzen Blick auf das Grenzland zwischen den Lebenden und den Toten geworfen hatte. Bei seltenen Gelegenheiten, so hatte er gehört, konnte ein Reisender dort der Gestalt eines Toten begegnen, für gewöhnlich der eines geliebten Menschen, und ihn aus weiter Ferne sehen. Es war jedoch gefährlich, sich mit den Toten einzulassen.
   In der Überwelt hatten Gedanken die Kraft zu transportieren, zu schaffen, zu zerstören. Obwohl er es nicht bewusst gewollt hatte, fand Eduin sich nun auf der weiten, grenzenlosen Ebene unter dem vertrauten endlos grauen Himmel wieder. Die Luft, schal und schwer, wirkte kälter, als er sie in Erinnerung hatte.
   Er drehte sich langsam einmal um die eigene Achse, sah aber nichts außer dem farblosen Rand des Horizonts. Er schaute nach unten und sah, dass er nicht wie üblich in das Gewand eines Laranzu seines Rangs gekleidet, sondern nackt war.
   Dann war dies wohl der Tod. Ewiges Grau, ewige Kälte, ewiges Schweigen. Ewige Einsamkeit. Es war nicht das Vergessen, nach dem er sich sehnte, nicht einmal ein Hauch von Frieden, aber es musste genügen. Er brauchte hier nur zu warten, bis sein Körper wie eine verlassene Hülse verdurstete und verhungerte.
   Er setzte sich im Schneidersitz hin und legte die Hände zur Meditation auf die Knie. Die Zeit in der Überwelt verging anders als in der äußeren Welt, aber Eduin nahm an, es würde lange Zeit dauern, bis er tot wäre. Vielleicht würde man seinen Köper entdecken und versuchen, ihn wiederzubeleben. Sie würden diesen Scharlatan von einem Arzt rufen und versuchen, ihn mit Kräutermixturen zu behandeln. Am Ende würde das nichts nützen. Seines lebendigen Geistes beraubt, würde das Fleisch vergehen. Die Flucht wäre vollständig.
   Der Gedanke führte zu einem unerwarteten Schwinden von Eduins Verzweiflung. Endlich war es ihm gelungen, an einen Ort zu fliehen, an den man ihm nicht folgen konnte. Niemand würde ihn hier finden, und wenn sie es doch taten, würden sie nicht die Macht haben, ihn zur Rückkehr zu zwingen. Er war zum ersten Mal sicher.
   Sicher… aber nicht allein .
   Eduin hörte keine Schritte, spürte kein Flüstern in der Luft, roch keinen Duft. Er spürte nur eine leichte Absenkung der Temperatur, eine Kälte des Geistes, nicht des Körpers. Sie sank ihm ins Mark, und mit ihr kam der Übelkeit erregende Ruck des Wiedererkennens.
   Sein Vater, Rumail Deslucido, stand so hoch aufragend vor ihm wie damals, als Eduin noch ein kleiner Junge gewesen war. Eduin konnte seine Züge nur unklar sehen, denn die Gestalt war beinahe durchsichtig. Das Gesicht mit den tief eingekerbten Falten hatte nicht den weißen Bart der späteren Jahre, und der Körper oder das, was er davon sehen konnte, wirkte ungebeugt und kräftig. Das war nicht das Bild seines Vaters kurz vor dem Tod, sondern das des Mannes in seinen besten Jahren.
   Unwillkürlich wich Eduin vor dem bleichen Feuer dieser Augen zurück.
   Der geisterhafte Mund öffnete sich. Kein Laut kam heraus, nicht ein Hauch von Atem. Lippen bewegten sich, formten Worte, die Eduin so vertraut waren wie seine eigene Handfläche.
   Alles Böse, das die Hasturs und ihr Ridenow-Verteidiger getan haben, wird ungerächt bleiben. Du hast geschworen… Du hast geschworen…
   Eduin zwang sich, taub zu sein. Aber er konnte

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