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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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dass ein anderer Mensch verstanden hatte, wie es war. Selbst sein Vater…
   Eduin brach den Gedanken ab. Er hob unwillkürlich die Hand an die Schläfe. »Ich danke dir für deine Hilfe gestern Abend. Jetzt werde ich mich auf den Weg machen.«
   Er wagte nicht zu bleiben. Die Gefahr, entdeckt zu werden, war zu groß, denn selbst ein anderer Flüchtling würde sich vielleicht von der Belohnung verlocken lassen. Zandru allein wusste, dass es Zeiten gegeben hatte, in denen Eduin sich am liebsten selbst für einen Krug Bier verkauft hätte.
   Beweg dich, und lass dich nicht sehen , war seit dieser verzweifelten Flucht aus Hestral seine Parole gewesen.
   Er schloss die Tür hinter sich. Mit einigem Glück würden sie einander nie wieder begegnen.

Draußen blendete ihn das helle Tageslicht beinahe. Ansonsten fühlte er sich ausgesprochen gut. Wie lange das dauern würde, wusste er nicht. Er würde die Zeit nutzen, sich ein wenig Geld zu verschaffen, um vielleicht selbst ein kleines Zimmer zu mieten und sich, so lange er konnte, unauffällig zu verhalten.
   In den nächsten beiden Tagen arbeitete er für einen Schmied, dessen Lehrling am Lungenfieber erkrankt war, schleppte Wasser und Holzkohle und verdiente sich eine Mahlzeit und eine Unterkunft für die Nacht. Das Bedürfnis zu trinken nagte hin und wieder an ihm, aber er zwang sich, es zu ignorieren. Stattdessen rollte er sich auf dem Strohsack in der Hütte hinter der Schmiede zusammen, schlang die Arme um den Oberkörper und klammerte sich fest. Solange der Druck in seinem Kopf nicht zurückkehrte, sagte er sich immer wieder, würde alles in Ordnung sein. Er konnte denken, er konnte anfangen, Pläne zu schmieden.
   Stunden vergingen. In der Nacht stand er auf, um Wasser aus dem mit Eis verkrusteten Eimer zu trinken, dann kroch er schaudernd wieder ins Bett. Während er dort lag und darauf wartete, dass der Schlaf zurückkehrte, musste er wieder an diesen Traum von Licht und Gesang denken. Die Erinnerung verschwamm bereits. Er wusste nicht mehr genau, wo er gewesen war, mit wem er getanzt und warum er solch übermütige Freude empfunden hatte. Sein Herz schmerzte vor Sehnsucht, aber er hatte nicht das Bedürfnis, sie in Alkohol zu ertränken. Stattdessen drückte er sie an sich wie einen kostbaren Gegenstand, diese halb erinnerte Schönheit.
   Nach dem Vormittag des dritten Tags brauchte der Schmied ihn nicht mehr. Eduin beschloss, es in einem der Mietställe zu versuchen, wo er manchmal die Pferdeboxen ausgemistet hatte, wenn er nicht zu betrunken gewesen war. Ein paar würden ihm vielleicht immer noch Arbeit geben. Auf dem Weg zu diesem Stadtviertel veränderte sich etwas in ihm - als ob eine Wolke sich vor die Sonne schieben würde. Druck streifte seine Schläfen, und sein Magen zog sich zusammen.
   Töte die Hasturs… Töte sie alle…
   Nein, das war unmöglich! Nicht nach so vielen Tagen.
   Versagt… , flüsterte die vertraute gnadenlose Stimme. Du hast versagt .
   Eduins Magen zog sich zusammen. Galle stieg ihm in den Mund. Er bebte wie ein Mann mit Schüttellähmung. Ihr Götter, er musste unbedingt etwas trinken. Er brauchte Alkohol.
   Bevor er die nächste Kneipe erreichte, traf ihn der Zwang mit voller Kraft. Er taumelte und sackte gegen die Seite des Gebäudes. Die Kanten von Stein und Mörtel stachen durch die Schichten seiner Kleidung. Seine Gedanken wurden klarer, und der Schmerz schob das Verlangen einen Augenblick beiseite. Das Bedürfnis zu trinken zog sich ein wenig zurück, und ein noch tieferes Verlangen begann in seinem Bauch zu toben, der zerschmetternde Drang zu suchen… , zu vernichten…
   Töte… , t-t-töte… Die Silben klackten wie die Zangen eines Trockenstadtskorpions.
   Er schrie auf und sank an der Wand nach unten. Ob er sich nun das Gesicht zerkratzte, sich die Ohren zuhielt oder in einem Meer von Bier ertrank, er konnte sich dieser lautlosen, beharrlichen Forderung nicht entziehen.
   Flucht war unmöglich. So war es immer gewesen. Wie dumm von ihm zu glauben, es könnte anders sein.
   Verzweiflung zerriss ihn, Welle um Welle, so intensiv, dass er es nicht ertragen konnte. Wie lange er dort gelegen hatte, halb an die grob gemauerte Wand gesackt, halb im Dreck der Gosse, hätte er nicht sagen können.
   Schließlich begannen seine Gedanken sich wieder zu regen, zusammen mit neuem Durst.
   Trinken - Alkohol würde diese Schlinge um seine Seele lockern. Nur dieses eine Mal.

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