Darkover 06 - Die Flamme von Hali
Auftrag von Hastur versucht, den Frieden zu wahren, sich vielleicht aber auch auf einer anderen, viel tödlicheren Mission befindet…
»Es sieht so aus«, sagte Julianna, »als hättet Ihr uns doch etwas zu sagen.«
Eduin verbiss sich ein Lächeln. In diesem kurzen Augenblick hatte sie jede Möglichkeit, ihn einzuschüchtern, verloren. Tatsächlich war sie es nun, die seiner Macht ausgeliefert war. Da man offenbar eine Antwort erwartete, verbeugte Eduin sich abermals und murmelte, dass er Ihrer Majestät stets zu Diensten stehe.
»Ich meinte nicht Euch, sondern ihn .« Sie deutete auf Saravio.
Saravio blieb gleichgültig und reagierte nicht. Romilla verkrampfte die Finger derart, dass ihre Knöchel knackten.
»Ich diene, indem ich für ihn spreche«, erklärte Eduin. »Das ist seine Art. Was möchten Euer Majestät wissen?«
»Ich glaube, Ihr und Euer Bruder wart in Thendara, als es am See von Hali zu Unruhen kam.«
Ah, Romilla hat gute Arbeit geleistet .
Durch die Türme hatte sich die Nachricht von dem Aufstand zweifellos auf ganz Darkover verbreitet. Jeder kompetente Herrscher musste ein Auge auf solche Volksaufstände haben, oder er würde hilflos sein, wenn die Gezeiten sich gegen seine eigene Herrschaft wandten. Es war nur ein kleiner Schritt von einer Hand voll verarmter Flüchtlinge, die ihren Protest gegen Kriege herausschrien, die sie ihr Land und ihre Familien gekostet hatten, bis zu einer Menschenmenge, die sich an den Comyn -Herrschern rächen wollte.
Julianna war wachsam und witterte Gefahr. So, wie sie Eduin ansah, hielt sie es für sehr wahrscheinlich, dass er sich unter den Unruhestiftern befunden hatte.
»Der gesegnete Sandoval und ich waren an diesem schicksalhaften Tag leider tatsächlich am See«, sagte Eduin. Diese Aussage mit ihrer Andeutung von Unschuld würde Julianna nicht täuschen, aber das hatte er auch nicht vorgehabt. Er wollte, dass sie weitere Fragen stellte.
»Gehörtet Ihr zu denen, die den Kreis aus dem Turm von Hali angegriffen haben, als er sich am Seeufer versammelte?«
» Vai Domna , ich schwöre, das waren wir nicht.«
Sie hielt inne, sah ihn mit diesen glitzernden schwarzen Augen an und wog seine Worte ab. Eduin sah, wie angespannt ihr Mund war und wie starr ihre Hände waren. Was hast du denn sonst dort gewollt? , fragte sie lautlos. Und wirst du mir die Wahrheit sagen?
Julianna winkte dem Wachtposten, der auf der anderen Seite des Raums neben der Tür stand. Einen Augenblick später glitt Callina herein. Sie trug das locker gegürtete Gewand einer Turmarbeiterin, und ihr Sternenstein hing unverhüllt an seiner Seidenschnur um ihren Hals. Sie vermied es sorgfältig, Eduin oder Saravio anzusehen, und blieb vor der Königin stehen.
»Wirke den Bann, Kind«, sagte Julianna.
Wann immer Eduin zuvor gesehen hatte, wie ein Wahrheitsbann gewirkt wurde, hatte die Leronis oder der Laranzu sich über seinen Matrix-Kristall gebeugt und die rituelle Worte gemurmelt, während der psychoaktive Edelstein zu leuchten begann. Callina hingegen zog die Schnur über den Kopf und hielt den Stein hoch vor sich. Der Stein glitzerte blau und weiß zwischen ihren Fingern. Ihr Blick richtete sich nach innen. Sie begann leise zu rezitieren. Eduin konnte ihre Worte kaum hören, aber der Stein wurde mit jeder Zeile heller.
Zunächst fiel das Strahlen auf Callinas Gesicht, dann war sie vollkommen von blauweißem Licht umhüllt. Als sie etwa die Hälfte der Worte gesprochen hatte, schien der Raum in dauerhaftem Zwielicht zu liegen, gleichzeitig heller und dunkler als das Leuchten jedes anderen Wahrheitsbanns, das Eduin je zuvor gesehen hatte. Einen Augenblick wagte niemand zu sprechen oder auch nur zu atmen.
»Und nun«, schnitt Juliannas Stimme durch das Schweigen, »werden wir die Wahrheit erfahren.«
»Sandoval der Sänger, genannt der Gesegnete, tretet vor«, befahl General Marzan.
Als Saravio sich nicht regte, schob Eduin ihn nach vorn.
»Mischt Euch nicht ein!« Die Stimme des Generals klang wie Donner über den Gipfeln. »Jeder muss für sich antworten.«
Eduin ließ die Hand sinken. Sollten sie doch mit Saravios Reaktionslosigkeit anfangen, was sie wollten.
»Wart Ihr am See von Hali? Was ist dort geschehen?« General Marzan wiederholte seine Fragen an Saravio mehrmals, aber dieser reagierte nicht. Schließlich hob der General resigniert die Hände und sah Julianna fragend an.
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