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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Bewegung sein. Eduin konnte es sich nicht leisten, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Saravio würde auch alle Strafen hinnehmen müssen, falls ihre Pläne misslingen sollten, denn in einem solchen Fall musste er, Eduin, frei sein, um es noch einmal versuchen zu können, und das bedeutete, dass er sich selbst nicht als Anführer zeigen konnte.
   In der Vision hob Saravio nun den Kopf. Eduin sah das Glitzern von Tränen auf seinen Wangen. Saravio sah nicht aus wie ein Wahnsinniger, sondern wie ein vollkommen gebannter Mensch. Seine Miene war ehrfürchtig, dann sah man ihm an, dass er sein Schicksal akzeptierte, und dann folgte ein Ausdruck unbändiger Freude. Ein Licht strahlte in seinen Augen - kein physisches Licht, sondern etwas Größeres. Neid regte sich in Eduin, aber er erkannte es kaum.
   Eduin ließ Naotalba näher herankommen. Sie streckte die geisterhaften Arme aus und zog Saravio hoch. Dann beugte sie sich vor und flüsterte ihm ins Ohr: » Sei treu, mein Kämpfer. Sei treu und stark. Meine Feinde lauern überall, und die, die mich schon einmal verraten haben, sind bereit, sich abermals zu erheben. Wirst du mir dienen? «
   Saravio ließ den Blick nicht von ihr weichen, aber er stand sofort auf, als wäre kein Widerspruch denkbar - in vollkommenem Gehorsam.
   » Dann geh. Geh, und rette mein Volk! Führe es auf den Weg der Rechtschaffenheit und der Wahrheit! Reißt die Türme nieder, und stürzt alle Missetäter, die sich dort aufhalten! «
   Als Eduin wieder in seinen eigenen Geist zurückkehrte, saß er auf dem Boden, die Rückenmuskeln vollkommen verkrampft, die Hände zu Fäusten geballt, die Zähne zusammengebissen. Saravio lag auf der Pritsche, atmete mühsam und stöhnte leise.
   Eduin kam ungeschickt auf die Beine. Sein ganzer Körper schrie nach Essen. Er ging zu dem Regal, auf dem die Überreste ihres letzten Abendessens eingepackt waren - altes Brot und Käse, ein paar verschrumpelte Äpfel und ein halbvoller Schlauch mit saurem, verwässertem Bier. Er aß die Äpfel und ein Stück Käse, dann zwang er sich, den Rest für Saravio übrig zu lassen. Er würde wieder mit seinen Turmübungen beginnen müssen, wenn er weitere Laran -Arbeit leisten wollte.
   Eduin legte sich auf den Strohsack und rollte sich in der leeren Ecke zusammen. Saravio hatte angefangen, leise zu schnarchen, aber Eduin war so erschöpft, dass er dennoch sofort einschlief.
   Sein letzter Gedanke war, dass das Unwetter offenbar nachgelassen hatte.

Sie schlichen durch die Schatten in der Straße, die zum Gasthaus führte. Das letzte trübe Licht war aus dem Himmel gesickert, und es gab in diesem Stadtviertel nur wenige Lampen. Selbst die Gasthäuser und Läden, die nach Einbruch der Dunkelheit noch offen hatten, warteten so lange wie möglich, um Brennstoff zu sparen. Eduin drückte sich dicht an die Gebäude. Saravio bewegte sich ungeschickter, aber er lernte rasch.
   Selbst ein Gemeiner hätte noch die Angst auf den Straßen nach dem seltsamen Unwetter spüren können. An mehreren Stellen in der Stadt brannte es; in den reicheren Vierteln der Stadt waren die Feuer jedoch längst gelöscht. Rauch und Ozon hingen in der Luft.
   Sie waren nicht die Einzigen, die um diese Zeit draußen waren. Auf dem Weg kamen sie an mehreren anderen vorbei, die einzeln oder in Gruppen zu zweit oder zu dritt unterwegs waren.
   »Sie sind verängstigt«, murmelte Eduin Saravio zu, »selbst wenn sie nicht wissen, warum.« Er hob die Stimme und ahmte einen ländlichen Dialekt nach: »Ja, das muss einfach Zauberei sein. Der Vetter meiner Frau hat mir erzählt, dass es auch drunten in Arilinn solche Unwetter gibt, und sogar noch schlimmere.«
   Er spürte das aufsteigende Interesse in der Gruppe von Männern, die sich näherte. Dann waren sie an ihnen vorbei, und die Saat war ausgebracht. Wie sie es abgesprochen hatten, berührte Saravio die Männer im Geist. Angst verschärfte sich zu Schmerz.
   Eduin lächelte.
   … der Winter so lang… unnatürlich… Zandrus Fluch…
   Ja, sollten sie das ruhig denken. Sollten sie flüstern. Und das Flüstern würde sich ausbreiten und aus sich selbst heraus nähren.
   … Turmhexerei… kann keinem von ihnen trauen…
   Im Gasthaus fanden sie Licht und Wärme und angespannte Fröhlichkeit, die nur als dünner Firnis über dem Groll lag.
   Die Frau des Wirts brachte wässriges Bier und einen fleischlosen Eintopf, denn das war alles, was die Flüchtlinge

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