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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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vollkommen Recht gehabt, weil sie sich ihren Selbstbezichtigungen hingegeben hatte. Sie hatte kein Recht, besondere Aufmerksamkeit zu verlangen.
   Am nächsten Morgen ging sie, obwohl sie kaum geschlafen und nur ein paar Bissen heruntergezwungen hatte, in die Krankenzimmer, um dort zu arbeiten. Ellimara, die an diesem Morgen hier die Aufsicht führte, befahl ihr, ins Bett zurückzukehren.
   »Was bildest du dir ein?«, fragte das junge Mädchen verärgert. »Wie willst du helfen können, wenn du dich selbst krank machst, indem du die grundlegendsten Prinzipien der Sorgfalt vernachlässigst? Und sag mir nicht, dass es deine Sache ist, ob du deine Gesundheit missbrauchst oder nicht, Dyannis Ridenow, denn wir werden alle gebraucht.«
   Stumm und bedrückt tat Dyannis, was man ihr sagte.

Die Tage vergingen. Dyannis schlief und aß, wie man es ihr beigebracht hatte, vermied weitere Tadel von Ellimara und wartete darauf, was als Nächstes geschehen würde.
   Während dieser Zeit erwachte sie häufig aus Traumfetzen, in denen sie den Angriff noch einmal erlebte. Manchmal wurde sie unter einer Lawine heulender, verzerrter Gesichter begraben, die alle ihre Anklagen herausschrien. In anderen Träumen taumelte sie Flure entlang, in denen alle Türen klaffend offen standen und Horden von Skorpiondämonen herausgestürzt kamen, um sie mit Zangen und Stacheln zu quälen. In wieder anderen wurde sie selbst zur Verfolgerin, spürte diesem Aufblitzen ausgebildeten Larans in der Masse flüchtender Geister nach. Einmal, als sie sich anstrengte, es zu berühren, einen Atem, einen Hauch, den sie nicht erreichen konnte, fand sie sich beim Erwachen in einer echten Erinnerung wieder, in der sie in der Nacht des Mittwinterfests in Eduins Armen lag. Sie erwachte zitternd, verwirrt, erregt. Hatte sich ihr Geist unter dem Angriff von Bezichtigungen und Erschöpfung in glücklichere Zeiten zurückgezogen, oder war Eduin tatsächlich dort gewesen, mitten in der Menge?
   Nein, es gab keine Spur von Eduin. Sie musste sich diesen Augenblick des Wiedererkennens eingebildet haben. Als sie es Varzil gegenüber erwähnte, sah er sie nachdenklich an, sagte aber nichts weiter zu diesem Thema.
   Endlich hielt man auch die schlimmsten Fälle, jene Männer und Frauen, die sich in die Alpträume in ihrem eigenen Kopf zurückgezogen hatten und deren Körper in katatonisches Zucken verfallen war, für gesund genug, dass sie wieder ihr eigenes Leben beginnen konnten, und für jene wenigen, die sich nie wieder erholen würden, wurden andere Vorkehrungen getroffen.
   Der alte Mann war eines von drei Todesopfern. Eine Frau sprang aus einem Fenster hoch oben im Turm, obwohl nie herauskam, wie sie überhaupt aus dem Krankenzimmer dorthin gelangt war; und ein dünner junger Mann, der kaum die zwanzig erreicht hatte, schlief eines Nachts einfach ein. Sein ganzer Körper war voll von Tumoren gewesen. Es war ein Rätsel, wie er überhaupt so lange überlebt hatte.
   Ich habe ein Unrecht getan, das ich nie wieder gutmachen kann , wiederholte Dyannis und versenkte sich abermals in ihre Arbeit.
   Sie wusste, dass sie nicht schuld am Tod des Jungen war, aber die drei Leben hingen an ihr wie Bleiketten. Sie saß bei ihnen allen, bevor man sie zur Bestattung wegbrachte, prägte sich ihre Züge ein, ihre schlaffe Haut, die tief liegenden Augen, und wiederholte immer wieder, dass dies das Ergebnis ihres störrischen Trotzes gegen alle Regeln ethischer Laran -Nutzung war. Gegen alle Ausbildung, gegen allen Anstand hatte sie die Macht, die sie über den Geist gewöhnlicher Menschen hatte, ausgenutzt, und diese Tode und die Qualen, die die anderen erlitten hatten, waren das Ergebnis.
   Ich darf nie wieder auch nur für einen Augenblick vergessen, dass diese Menschen den Preis für meine Rücksichtslosigkeit gezahlt haben . Und noch mehr als das - sie hatte gegen den Pakt verstoßen, den einzuhalten jeder im Turm von Hali geschworen hatte. Sie hatte ihre Begabung als Waffe benutzt, um verteidigungslose Menschen aus der Ferne zu töten, während sie selbst immun gelten einen Gegenangriff gewesen war.
   Als ein Diener sie zu Raimon rief, wusste Dyannis, dass der Augenblick des Urteils gekommen war. Sie fühlte sich seltsam erleichtert bei der Vorstellung, dass das Warten bald vorbei sein würde. Sie würde das Schlimmste erfahren, würde sich der Strafe willig unterwerfen.
   Als Raimon sie hereinbat, klang seine Stimme freundlich. Es war schon

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