Darkover 06 - Die Flamme von Hali
sie solch großen Respekt genossen, dass niemand wagen würde, sie zu stören!
Als die Konzentration des Kreises gebrochen war und die eingefleischte Ehrfurcht der Menge vor Turmleuten sich im Strom ihres Zorns aufgelöst hatte, als der Sieg beinahe sicher gewesen war, hatte Eduin erkannt, dass Varzil sich nicht unter den Leronyn am Ufer befand.
Unmöglich! , hatte er gedacht. Er muss mit dem Kreis hier heruntergekommen sein .
Dann hatte er seine Laran -Barrieren gesenkt und sich nach seinem Wild umgeschaut. Er hatte Varzil inmitten des aufgewühlten, energiegeladenen Wolkenwassers gewittert. Aber wie kann ich ihn erreichen? , hatte er sich gefragt. Wäre es besser zu warten, bis Varzil seinen Freunden zu Hilfe kam? Oder sollte er es wagen, ihm in den See zu folgen? In diesem Augenblick war er selbst für einen Gegenangriff aus dem Kreis verwundbar gewesen. Er war davon ausgegangen, dass die Leronyn keine wirkliche Gefahr darstellten, so desorientiert, wie sie waren. Zumindest zwei von ihnen, darunter der Bewahrer, waren von Steinen und Pfeilen niedergestreckt worden. Aber er hatte sich geirrt.
Bilder waren in seinem Kopf explodiert, ein quälend lebhafter, bunter Drache. Das Geräusch der Schuppen und der widerliche Gestank des Gifts, das von den Reißzähnen des Ungeheuers triefte, hatten die Luft erfüllt. Eduin hatte den Drachen sofort als eine Laran -gesteuerte Halluzination erkannt, aber die Macht und die Wut des Wesens hatten ihm trotzdem den Atem geraubt. Die Menge mit ihrem schwachen, hilflosen Geist bebte vor Angst. Sie warfen die Waffen hin, einige brachen unter Zuckungen zusammen.
Eduin hatte seine psychischen Barrieren hochgerissen. Dennoch, etwas von dem Bann war hindurchgedrungen, wie glühende Muster, die man durch geschlossene Lider sah. Er war zu lange nicht mehr in einem Turm gewesen, aber er konnte sich nur an wenige Telepathen erinnern, die eine solche Projektion überhaupt hätten schaffen können, vom Aufrechterhalten nicht zu reden.
Dann hatte er den unmissverständlichen Abdruck einer Persönlichkeit gespürt, den einzigen Geist, gegen den er sich nie hatte vollkommen absichern können.
Dyannis Ridenow .
Als sie vor so vielen Jahren Geliebte gewesen waren, hatte sie ihre Ausbildung gerade erst begonnen, zweifellos begabt, aber noch sehr unerfahren mit der Disziplin, die es brauchte, um diese Begabung zum Blühen zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ihn ihr Potenzial als Leronis nicht interessiert. Nur die Verbindung zwischen ihren Herzen war wichtig gewesen.
Denn sosehr er sich auch dagegen gewehrt hatte, er hatte sich in Dyannis Ridenow verliebt, die jüngere Schwester eben dieses Varzil, den sie nun den Guten nannten und der inzwischen Berater, Helfer und Verteidiger seiner eingeschworenen Feinde war. Eduin hatte Dyannis beim Mittwinterfest in Hali kennen gelernt, als sie beide Gäste des jungen Prinzen Carolin Hastur gewesen waren. Dyannis, jung, großzügig und störrisch, hatte ihn geliebt, ohne sich für seinen Mangel an guter Abstammung oder Beziehungen zu interessieren. Von allen Menschen, die er in den Türmen kennen gelernt hatte, hatte nur sie ihn so absolut und anspruchslos akzeptiert.
Selbst nach all diesen Jahren erinnerte sich Eduin daran, wie er begonnen hatte zu hoffen, wie die Idee in ihm aufgekeimt war, dass er tatsächlich auch etwas anderes sein könnte als nur ein Werkzeug der Gerechtigkeit seines Vaters.
Selbstverständlich war nichts daraus geworden. In seinem Herzen und seinem Leben gab es keinen Raum für etwas anderes als Rache. Verzweifelt hatte er darum gebetet, dass ihm diese Liebe, diese süße, verräterische Liebe genommen würde.
Sie waren einander noch einmal kurz im Turm von Hali begegnet, wo er insgeheim die Abstammungslinien der Hasturs nach einer Spur der Nachkommen von Königin Taniquel durchsuchte. Diese Begegnung war eine unbehagliche Mischung aus alter Sehnsucht und neuer Heimlichtuerei gewesen. Dyannis hatte ihn seiner Wege gehen lassen, und er hatte sie nicht nach ihren gefragt. Offensichtlich war sie in der Zwischenzeit eine mächtige Leronis geworden, die es mit jedem, den er gekannt hatte, hätte aufnehmen können und die fähig war, ein solch entsetzliches Bild in die Köpfe von so vielen zu projizieren.
Sobald er sie am See erkannt hatte, hatte er sich beinahe panikerfüllt zurückgezogen, war in den tobenden Sturm gewöhnlicher Emotionen eingetaucht, in der Hoffnung, dass sie
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