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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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hereinzulassen, während sich die Männer im Lager rings um sie her auf die Nacht vorbereiteten.
   Zwielicht hing immer noch in der Luft, ein milchiger Streifen am westlichen Horizont. Hinter dem Lager erhoben sich felsige Hügel wie schartige Zähne; morgen würden sie mit dem steilen Aufstieg beginnen, aber im Augenblick saßen sie noch gemütlich da und tranken den letzten Rest des sorgfältig bemessenen Weins.
   Lady Helaina hatte ihre Stickerei beiseite gelegt, die Hände im Schoß verschränkt und den Blick auf den Horizont gerichtet.
   Im Lager draußen wieherten die angepflockten Pferde, Männer scherzten miteinander, und einer begann mit knurriger Bassstimme eine Ballade zu singen, begleitet von einer Rohrflöte.
   Es war klug von Varzil gewesen, zu warten und seine Gedanken vor ihr zu verbergen, erkannte Dyannis. Zu einem früheren Zeitpunkt hätte sie auf jede Andeutung eines ernsten Gesprächs mit weiteren Selbstbezichtigungen reagiert. Nun lehnte sie sich zurück, spürte, wie die Lederriemen ihres Klappstuhls sich unter der Bewegung bogen, und fragte ihren Bruder leise, was ihn beunruhigte.
   Varzil lächelte. »Es beunruhigt mich nicht, kleine Schwester, obwohl es sicherlich viele gäbe, die so etwas schrecklich nervös machen würde.«
   »Oje!« Sie musste unwillkürlich über das Bild, das er ihr zusandte, lachen: eine Gruppe alter Männer und Frauen, die versuchten, sich nicht anmerken zu lassen, wie schockiert sie waren, und ihre Würde zu wahren.
   Lady Helaina nutzte die Gelegenheit, sich zu entschuldigen. Sie griff nach ihrem Hocker und zog sich zum Rand des Lichtkreises der Zeltlaternen zurück.
   »Es ist kein Geheimnis«, sagte Varzil und beugte sich näher zu Dyannis, »obwohl viele wünschten, ich würde es für mich behalten. In den vergangenen fünf Jahren habe ich in aller Stille nach Möglichkeiten gesucht, Frauen als Bewahrer auszubilden.«
   »Das ist doch sicher unmöglich!«, rief sie spontan.
   »Ja, das hat man mir beigebracht, ebenso wie dir. Aber warum eigentlich? Wenn sie ein wenig auf ihren Zyklus achtet, kann eine Leronis jede Arbeit ebenso gut erledigen wie ein Laranzu . Ist Ellimara als Überwacherin weniger kompetent als ein Mann? Sind deine telepathischen Kräfte nicht ebenso groß wie die von Alderic oder Lewis-Mikhail?«
   »Das ist sicherlich richtig«, sagte Dyannis in einem gereizten Flüsterton. »Aber Varzil, wir reden hier von Bewahrern!«
   »Unterscheidet sich das von anderer Arbeit, solange jemand dafür qualifiziert ist?«, fragte er. »Ich bin nicht zum Gott geworden, als ich meine Ausbildung vollendete, ebenso wenig wie Raimon oder ein anderer Bewahrer! Es ist eine Fähigkeit, die jeder Comyn , Mann oder Frau, lernen kann, wenn er oder sie begabt und entschlossen genug ist. Oder genauer gesagt, jeder mit der entsprechenden Begabung, ungeachtet der Abstammung.«
   Dyannis trank den Rest ihres Weins mit einem einzigen Schluck. »Das wird die Hüter der Angemessenheit tatsächlich in Aufruhr versetzen - Bürgerliche ausbilden? Varzil, du wirst die ganze Welt auf den Kopf stellen!«
   »Genau das habe ich vor«, erwiderte er mit dem schalkhaften Grinsen, an das sie sich so gut erinnern konnte. »Aber nicht alles auf einmal. Es wird allerdings Zeit für neue Ideen. Unsere Türme haben nur noch einen Bruchteil ihrer ehemaligen Kraft, und in einer weiteren Generation werden viele leer stehen, wenn wir uns nicht über unsere Vorurteile hinwegsetzen können. Du weißt ebenso gut wie ich, dass so mancher Nedestro mehr als genug Talent hat. Wie können wir es uns leisten, dieses Talent zu verschwenden, nur weil ein Kind nie legitimiert wurde oder eine Blutlinie für ein paar Generationen in Vergessenheit geraten ist? Aber vergessen wir das. Wichtiger ist zunächst, Ersatz für jene Bewahrer zu finden, die zu alt werden oder aus anderen Gründen nicht mehr arbeiten können.«
   Sie nickte und musste an die leeren Bewahrerwohnungen in Hali denken. Noch eine Generation zuvor hatte es dort drei Bewahrer und viele Novizen gegeben. Nach dem Tod von Dougal DiAsturian war nur noch Raimon übrig geblieben. Er kam aus einer langlebigen Familie und war relativ jung, also würde er Hali vielleicht noch Jahrzehnte dienen können. Aber er war ein Mensch und damit sterblich. Er hätte bei dem Aufstand ebenso getötet werden können wie jeder andere. Wenn der Stein seinen Kopf nur ein Stück tiefer getroffen hätte…
   Varzil hatte

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