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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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ihren Gedanken aufgefangen. »Es gibt keinen Unterbewahrer in Hali, der als Raimons Nachfolger in Frage käme. Und warum?«
   »Weil… « Sie runzelte die Stirn. »Weil es niemanden gibt, den er für einen angemessenen Nachfolger hält.«
   »Keinen Mann, den er für angemessen hält.«
   Dyannis starrte ihren Bruder mit offenem Mund an. Die Geräusche aus dem Lager klangen plötzlich gedämpft und schienen aus weiter Ferne zu kommen. Ein kalter Wind wisperte durchs Zelt. Als Dyannis ihre Stimme wieder fand, sagte sie: »Willst du damit sagen, dass es eine Frau in Hali gibt, die er ausbilden würde?«
   »Nicht genau.« Varzil schwenkte die Reste seines Weins im Becher. »Einer meiner Gründe, nach Hali zu kommen, bestand darin, dass ich mit ihm über genau dieses Thema sprechen wollte. Und Raimon hat nichts gegen die Idee als solche, ist aber noch nicht bereit, selbst Frauen auszubilden. Er wird sich jedoch meinem Angebot nicht widersetzen, eine passende Kandidatin zu diesem Zweck nach Neskaya zu holen.«
   Herr des Lichts, spricht er etwa von mir?
   »Dich. Oder Ellimara.«
   »Ellimara?«
   »Sie ist eine mächtige Telepathin und jung genug, um die harte Disziplin ertragen zu können. Das ist ein Faktor, der gegen dich spricht, obwohl du nicht nur die Kraft hast, sondern auch die Initiative und die Selbstsicherheit, wie du bei dem Vorfall am Seeufer deutlich gezeigt hast.«
   »Ellimara kann unmöglich Bewahrerin werden! Sie neigt zur Hysterie, sie ist viel zu emotional… «
   »Sie hat nie Gelegenheit erhalten, ihre Leidenschaft zu nutzen, statt ihr ausgeliefert zu sein«, sagte Varzil nun ernst, »und du weichst dem Thema aus. Sowohl Raimon als auch ich glauben, dass du die Fähigkeit hast, Bewahrerin zu werden. Die Arbeit ist nicht leicht, aber ich glaube auch nicht, dass sich jemand, der über die entsprechende Begabung verfügt, wirklich mit weniger zufrieden geben kann. Es würde dir erlauben, deine Fähigkeiten in erheblich größerem Ausmaß zu nutzen und Darkover auf eine Weise zu dienen, wie es nur wenige können. Du würdest allerdings Hali verlassen und nach Neskaya kommen müssen. Wirst du darüber nachdenken?«
   »Varzil, du machst wohl Witze!« Dyannis stand auf, bebend vor Gefühlen, die sie nicht einmal benennen konnte. Am Rand des Lichtkreises blickte Lady Helaina auf.
   »Ich bitte dich einfach nur, darüber nachzudenken«, sagte Varzil leise. »Wir brauchen im Augenblick nichts zu entscheiden, ganz bestimmt nicht am Ende eines langen Reisetages. Ich bitte dich nur, in der Abgeschiedenheit deines eigenen Gewissens darüber nachzudenken.«
   »Du bist vollkommen verrückt!«, rief Dyannis. Dann fuhr sie leiser fort: »Aus Respekt werde ich über das nachdenken, was du gesagt hast, bevor ich noch einmal mit dir darüber spreche. Meine Antwort wird allerdings die gleiche sein. Im Augenblick wünsche ich dir eine gute Nacht und schöne Träume von geistiger Gesundheit.«
   Mit diesen Worten rauschte sie davon, und Lady Helaina folgte ihr mit erstauntem Blick und fest geschlossenem Mund.
   »Lasst mich allein!«, rief Dyannis. Sie konnte jetzt die Anwesenheit der anderen Frau nicht ertragen, die so ruhig und selbstsicher war.
   Helaina murmelte, sie würde eine Weile draußen warten, denn die Nacht war noch mild, aber in Rufweite bleiben, falls Dyannis sie brauchen sollte.
   Aufgeregt ging Dyannis in ihrem kleinen Zelt auf und ab. Namenlose Gefühle brodelten in ihr, ein Tumult wirrer Gedanken.
   Varzil hatte den Verstand verloren - die Erfahrung im See, der Kontakt mit den Laran -geladenen Säulen, die Schrecken dieses Tages mussten sein Urteilsvermögen gestört haben. Es gab keine andere Erklärung. Nedestros auszubilden war eine Sache - es hatte schon in der Vergangenheit eine gewisse Anzahl brillanter Leronyn ohne angemessene Familiennamen gegeben -, und vielleicht, nur vielleicht, würde es eines Tages auch eine Frau mit dem Charakter und der Kraft geben, die man für die Arbeit eines Bewahrers brauchte…
   Aber sie selbst? Nach allem, was sie getan hatte?
   Sie war ebenso würdig, einen Kreis anzuleiten und die geistige Gesundheit der Arbeiter in ihren Händen zu halten, wie auf Carolins Thron zu sitzen! Sie bezweifelte ihre Fähigkeiten nicht - sie wusste, dass sie eine mächtige Telepathin war, oder sie hätte nie den Geist von so vielen Menschen beherrschen können. Aber mehr als alles andere brauchte ein Bewahrer

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