Darkover 08 - Die Erben von Hammerfell
die Ihr nicht nur einen schönen Sohn, sondern gleich zwei habt.« Es klang beinahe sehnsüchtig. Sie blieb stehen, lächelte Gavin an, stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn zärtlich auf die Wange.
»Wie groß du geworden bist«, sagte sie, und Erminie mußte lächeln, denn so klein Gavin war, neben der kleinen Königin wirkte er wie ein Mann von respektabler Größe. Die Königin wandte sich König Aidan zu. »Ist er nicht prächtig herangewachsen? Er hat ganz die Augen der lieben Marcia, nicht wahr?«
»Ich wünschte, meine Mutter wäre noch am Leben und könnte Euch das sagen hören, Verwandte.« Gavin beugte sich voller Verehrung über die Hand der alten Königin. »Und wird Lady Floria nun, wenn meine Verwandten mit Seiner Gnaden sprechen, mir die Ehre erweisen, mit mir zu tanzen?«
Erminie gab Floria ein Zeichen, mit Gavin zu tanzen, und führte Königin Antonella in den anderen Raum. Ihre Söhne begaben sich mit dem König in einen kleinen Salon neben dem Saal, in dem getanzt wurde.
Sobald sie am Feuer saßen, schenkte Alastair Wein ein. Der König nahm sein Glas entgegen und hob es schweigend. Nach einer Weile sagte er: »Nun, sollen wir auf den Wiederaufbau von Hammerfell trinken? Glaubt Ihr, geloben zu können, daß Ihr mein getreuer Vasall in den Bergen sein wollt, Alastair?«
»Ich denke schon«, antwortete Alastair. »Heißt das, Ihr wollt mir Männer und Waffen zur Verfügung stellen, Sire?«
»Ganz so einfach ist das nicht«, sagte Aidan. »Würde ich eine Armee schicken, ohne provoziert zu sein, wäre ich ein Aggressor. Doch wenn es dort einen Aufstand geben sollte, kann ich die Ordnung wiederherstellen. Euer Vater – der alte Herzog von Hammerfell – hatte Soldaten. Was ist aus ihnen geworden, als er starb?«
Darauf antwortete Conn ihm. »Die meisten Männer, die meinem Vater dienten, kehrten nach seinem Tod auf ihre eigene Scholle zurück. Führerlos konnten sie den Krieg gegen Storn nicht fortsetzen. Aber ein paar sind in der Nähe und in unserem Dienst geblieben, zum Beispiel diejenigen, die sich uns anschließen, wenn wir Storns Männer überfallen und sie daran zu hindern versuchen, die Häuser meiner Pächter niederzubrennen.«
»Deiner Pächter?« fragte Alastair leise. Offenbar hatte Conn ihn nicht gehört, aber König Aidan hob den Blick und sah die Zwillinge scharf an. Conn als Telepath spürte, daß der König sich fragte, ob ihre Rivalität Probleme schaffen werde. Aidan sprach seine Sorgen jedoch nicht aus. »Wie viele Männer sind dort, Conn?«
»Vielleicht drei Dutzend«, gab Conn Auskunft, »und einige von ihnen mögen zu meines Vaters Leibgarde, zu seinem Haushalt gehört haben.«
»Und könnt Ihr schätzen, wie viele Männer sich verborgen halten, aber bereit wären, zum Vorschein zu kommen, wenn es von neuem gilt, gegen Storn zu ziehen?«
Darüber mußte Conn erst nachdenken.
»Ich bin mir wirklich nicht sicher«, meinte er schließlich. »Weniger als zweihundert werden es nicht sein, vielleicht sogar dreihundert, aber mehr sind es, glaube ich, nicht. Mit den Männern aus meines Vaters Haushalt -« wie ein unheimliches Echo hörte er in seinem Kopf Alastairs meines Vaters, und es beunruhigte ihn; fast von Stunde zu Stunde wurde er sich seines laran bewußter »- könnten es alles in allem dreihundertfünfzig sein.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Ich sollte vielleicht zurückkehren und sie zusammenrufen, dann wüßten wir sicher, mit wie vielen wir rechnen können.«
»Eine gute Idee«, pflichtete König Aidan ihm bei, »denn mit weniger als dreihundert könnt Ihr nicht gut gegen Storn, der ebenfalls Männer und Waffen hat, ziehen.«
Daraufhin erklärte Alastair: »Wenn einer geht, Bruder, werde ich es sein. Schließlich ist es mein Land – und es sind meine Pächter!« Für wen hält er sich? dachte er. Glaubt er, meinen Platz usurpieren zu können, nachdem ich jahrelang gewartet habe?
Conn spürte den Ärger seines Bruders, als seien die Worte laut ausgesprochen worden. Und plötzlich wurde er selbst von heftigem Zorn gepackt, den jedoch Alastair, wie Conn wußte, nicht mitbekam. Sicher, es stimmt, was er sagt. Er ist von Geburt an der Herzog. Aber für ihn ist das nur ein Titel. Ich habe mit diesen Männern gelebt, ich habe ihre Armut und ihre Leiden geteilt… An mich wenden sie sich, wenn sie Hilfe oder einen Anführer brauchen. Macht allein die Geburt den Herzog von Hammerfell? Zählen die Jahre, die ich meinem Volk gedient habe, überhaupt nicht?
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