Darkover 08 - Die Erben von Hammerfell
Schmerz war.
Ich habe nicht das Recht, ihn zu trösten, nicht das geringste Recht, ihn auf diese Weise zu berühren.
Trotzdem erwiderte sie seinen Blick – was in Thendara für ein junges Mädchen an sich schon unschicklich war.
Verdammt sei die Schicklichkeit. Er ist mein Schwager!
Er kam zu ihr, und er sah abgespannt und erschöpft aus.
»Was ist, mein Bruder?« fragte sie ihn.
»Ich muß fort«, antwortete Conn. »Dem Geheiß des Königs folgend, muß ich nach Hammerfell zurückkehren, um alle wehrfähigen Männer, die ich dort habe, zusammenzurufen.«
»Nein!« Conn hatte nicht gemerkt, daß Alastair neben ihn getreten war. »Wenn einer geht, wenn der König wollte, daß einer gehen soll, bin ich das, Bruder. Ich bin Hammerfell, es sind meine Männer, nicht deine. Hast du das immer noch nicht begriffen?«
»Doch, Alastair.« Conn versuchte sich zu beherrschen. »Aber was du nicht begreifst…« Er seufzte. »Ich schwöre, es liegt nicht in meiner Absicht, dich von deinem Platz zu verdrängen, mein Bruder. Aber -« er suchte nach Worten, die Alastair verstehen würde »- ich nenne sie meine Männer, weil ich mein ganzes Leben unter ihnen verbracht habe. Sie akzeptieren mich, sie kennen mich – sie haben nicht einmal eine Ahnung, daß du existierst.«
»Dann sollten sie es besser bald erfahren«, erwiderte Alastair. »Schließlich…«
»Du kennst nicht einmal den Weg nach Hammerfell!« unterbrach ihn Conn. »Zumindest müßte ich mitkommen und ihn dir zeigen…«
»Bei dem Wetter?« fiel Floria ein und wies nach draußen, wo es in Strömen regnete und ein starker Wind herrschte.
»Ich werde schon nicht schmelzen, schließlich bin ich nicht aus Zucker. Ich habe mein ganzes Leben in den Hellers verbracht, und ich furchte mich nicht vor dem Wetter, Floria«, sagte Conn.
»Auf ein paar Stunden kann es doch nicht ankommen«, protestierte das Mädchen. »Ist es denn so dringend, daß einer von euch in einem Sturm und mitten in der Nacht aufbrechen muß? Soll denn unsere Verlobung nicht stattfinden, Alastair?«
»Das wenigstens soll geschehen«, gestand ihr Alastair erleichtert zu. »Ich will sehen, wo meine Mutter und dein Vater stecken. Sie sollen die letzte Entscheidung darüber treffen.« Er ging davon und ließ Floria und Conn allein zurück. Die beiden sahen sich verängstigt und beunruhigt an.
Alastair bahnte sich einen Weg durch die festlich gekleideten Gäste und sprach mit Gavin Delleray, und die Menge verstummte. Erminie und Conn stellten sich neben Alastair. Aller Augen richteten sich auf Floria. Ihr Vater nahm ihren Arm, und sie gesellten sich den Hammerfells zu. Dann ergriff Alastair mit seiner klingenden, ausgebildeten Stimme das Wort.
»Meine lieben Freunde, ich möchte das Fest nicht stören, aber ich habe erfahren, daß meine Anwesenheit auf Hammerfell dringend erforderlich ist. Wollt ihr mir verzeihen, wenn wir auf der Stelle zu dem kommen, was der Anlaß unserer heutigen Zusammenkunft ist? Mutter…«
Erminie ergriff Florias Hand und wandte sich mit leichtem Stirnrunzeln an Alastair.
»Ich habe nichts von einem Boten bemerkt, mein Sohn«, stellte sie mit gedämpfter Stimme fest.
»Es war auch keiner da«, flüsterte Alastair zurück. »Ich werde es dir später erklären – oder Conn wird es tun. Aber ich wollte nicht aufbrechen, ohne daß die Verlobung vollzogen und Florias Gelübde gesprochen worden ist.«
Conn machte einen irgendwie erleichterten Eindruck. Er stellte sich neben seinen Bruder. Königin Antonella hinkte nach vorn. Von ihrem dicken kleinen Finger zog sie einen mit Grünsteinen besetzten Ring.
»Ein Geschenk für die Braut.« Sie steckte Floria den Ring an – er war ihr nur ein bißchen zu weit – und stellte sich auf die Zehenspitzen, um die rosigen Wangen desMädchens zu küssen. »Mögest du sehr glücklich werden, liebes Kind.«
»Ich danke Euch, Euer Gnaden«, sagte Floria leise. »Es ist ein wunderschöner Ring, und ich werde ihn als Euer Geschenk in Ehren halten.«
Antonella lächelte, und auf einmal huschte ein gequälter Ausdruck über ihr Gesicht. Ihr entfuhr ein »Oh!«, und ihre Hand faßte an die Spitzen ihres Halsausschnitts. Dann taumelte sie und brach in die Knie. Conn bückte sich schnell, um sie aufzuheben, aber sie war ein totes Gewicht in seinen Armen, und er mußte sie zu Boden gleiten lassen.
Sofort war Erminie bei ihr, und König Aidan beugte sich über sie. Die Königin öffnete die Augen und stöhnte. Ihr Gesicht war ganz schief. Sie stammelte etwas.
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