Darkover 08 - Die Erben von Hammerfell
Ausbildung angenommen worden war, verlangen würde, unter den Turm-Mitgliedern zu leben.
»Aber du weißt doch alles darüber, Mutter. Warum könnt ihr, du und Floria, mich nicht unterrichten?«
»Das ist nicht der Brauch«, antwortete Erminie. »Eine Frau unterrichtet ihren erwachsenen Sohn nicht, ein Mann nicht seine erwachsene Tochter. Man tut das einfach nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich weiß es nicht. Das kann bis auf die Sitten der Vorzeit zurückgehen«, sagte Erminie. »Doch was auch der Grund sein mag, man tut es nicht. Ich werde deine Ausbildung unseren Verwandten und später einem Turm überlassen. Floria kann dich jedoch ein paar Dinge lehren, wenn sie möchte. Ist es dir recht, wenn ich sie frage?« Erminie spürte ohne Worte, daß Conn zu schüchtern war, um eine Frau um einen solchen Gefallen zu bitten. »Vielleicht kommt sie heute abend, und wenn nicht, sehe ich sie oder ihren Vater ja jeden Tag oder jeden zweiten. Ich werde Gelegenheit finden, sie darum zu bitten.«
Später an diesem Tag, als Conn und Erminie die kleine Hündin an der Übungsleine durch die Straßen führten, meinte Conn: »Ich wüßte gern, ob mein Bruder in Hammerfell angekommen ist.«
»Das möchte ich doch annehmen«, erwiderte Erminie, »obwohl mir der jetzige Zustand der Straßen nicht bekannt ist. Du kannst es ja mit deinem laran herausfinden.« Conn dachte darüber nach. Er hatte die Erlebnisse seines Bruders viele Male geteilt, aber niemals absichtlich.
Er wußte nicht recht, ob er wissentlich in die Gedanken seines Bruders eindringen wollte; an diese Vorstellung hatte er sich noch nicht gewöhnt. Immerhin, wenn seine Mutter es vorschlug und Alastair dazu erzogen war, es als selbstverständlich anzusehen – er wollte es in Erwägung ziehen. Vorerst wandte er seine Aufmerksamkeit Kupfer zu und ließ sie die Standardübungen wie »Bei Fuß«, »Sitz« und »Platz« machen. Es hatte ihm immer Freude bereitet, mit Tieren zu arbeiten, und Kupfer war nicht der erste junge Hund, den er ausbildete. Jetzt, da man ihn auf den Gedanken gebracht hatte, schien es ihm durchaus möglich, daß sein Geschick im Umgang mit dem kleinen Hund eine Spielart dessen war, was Erminie laran nannte. Darauf war er noch gar nicht gekommen, er hatte es einfach für eine erworbene Geschicklichkeit gehalten, ähnlich der Kunst des Reitens oder Fechtens. Gab es denn gar nichts, was ihm allein gehörte? Stammte alles, was er wußte oder konnte, aus seinem Erbgut, war es ein Geschenk der geheimnisvollen Comyn, die diese Fähigkeiten in seine Linie hineingezüchtet hatten, wie er Pferde zum Rennen oder Hunde auf Gutartigkeit hin züchten würde? Er fühlte sich sehr klein und war geneigt, den Comyn zu grollen.
Conn und der Hund gingen ein Stückchen vor Erminie her. Es war eine abgelegene Straße, in der wenige Leute unterwegs waren und sie viel Platz hatten, um Kupfer ihre Übungen machen zu lassen. Die kleine Hündin war gelehrig und leicht zu unterrichten. Gehorsam tat sie, was man von ihr verlangte, und viel Streicheln, viele freundliche Worte und ein paar leckere Stückchen getrocknetes Feisch aus der Küche beflügelten ihren Eifer. Conn beschloß die Lektion, indem er Kupfer an der Leine schnell laufen ließ. Der Sprint half ihm, Klarheit in seine verworrenen Gefühle zu bringen. Sie kamen in eine ruhige
Straße, in der sich eins der größeren Stadthäuser in der letzten Phase des Baus befand. Conn zog Kupfer zurück und wartete, bis Erminie bei ihnen war.
Sie sahen dort mehrere Menschen in Roben. Der Bewahrer in Rot, zwei Techniker in Grün und ein Mechaniker in Blau standen im Kreis um eine Frau, die Conn bereits als Überwacherin identifizieren konnte. Ein paar Zuschauer hatten sich eingefunden, zumeist Kinder oder müßige Tagelöhner. Ein Stadtgardist in seinem grünen Mantel war auch dabei, aber Conn war sich nicht sicher, ob er in amtlicher Eigenschaft anwesend war oder ob auch
er einfach das Recht eines freien Bürgers in Anspruch nahm, alles zu begaffen, was sich auf der Straße an Interessantem abspielte. Kupfer unterbrach den Vorgang, indem sie hinstürmte und mit freudigem Bellen eine alte Freundin begrüßte.
Conn erkannte in der weißgekleideten Überwacherin Floria, und wie jedesmal, wenn er die Verlobte seines Bruders erblickte, überwältigte ihn seine Liebe zu ihr. Floria streichelte die junge Hündin kurz und ermahnte sie dann: »Braves Mädchen, leg dich, ich kann jetzt nicht mit dir
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