Darkover 09 - An den Feuern von Hastur
wahrscheinlich, daß wir eine Stadt oder bebaute Felder in Brand stecken und die Eingeborenen in Zorn versetzen«, stimmte ein junger Offizier schadenfroh zu. »Und wenn sie einer präindustriellen Kultur angehören, kann man länger bleiben und sie studieren, bevor man seine Sachen zusammenpacken und wieder gehen muß. Sagen Sie, Evans, wo waren Sie, als wir die Vorlesungen über den Präkontakt, den Kontakt und den Postkontakt hatten? Haben Sie sie verschlafen?«
Das hier und da aufklingende Gekicher trieb Evans das Blut ins Gesicht. »So stellt man es sich wenigstens vor«, mischte sich David ein, bevor sein Freund etwas Dummes tat oder sagte, das nicht wiedergutzumachen gewesen wäre. »Ich hoffe, ich komme bald nach unten. Wir suchen immer nach neuen Sprachen für den linguistischen Analyse-Computer.«
Evans sandte finstere Blicke umher und fand kein freundliches Gesicht außer dem Davids. Er knirschte mit den Zähnen, raffte die Reste seiner Würde zusammen und stolzierte das Rohr zu einer anderen Kuppel hinunter. Da es hier nichts unterhaltsames mehr gab, folgten die anderen ihm bald. Langsam wurde es leer. Ysaye machte es sich mit der Serie von Wetterkarten bequem.
Obwohl sie soviel Verstand hatte, daß sie vor Commander Britton den Mund über das Thema »parapsychische Kräfte« hielt, hatte sie immer noch das Gefühl, auf irgendeiner Ebene zu wissen, was geschah - und daß Elizabeths »Hexenmeister«-Theorie gar nicht so weit hergeholt war.
VI
Es war kurz vor Mittag, aber der Himmel war so dicht bewölkt, daß es ebensogut Dämmerung hätte sein können. Die Gartenwege waren schlammig, denn der heftige Regen hatte viel von dem Kies fortgewaschen. Die Bäume bogen sich unter ihrer Last aus regennassen Blättern, und die wenigen Blumen, die die Sintflut überlebt hatten, hingen entmutigt von ihren zerschlagenen Stengeln. Wasser tropfte von den übriggebliebenen Blütenblättern. Der Garten war voll von Sturmschäden, abgebrochenen Ästen und Blättern.
Leonie ging langsam durch den verwüsteten Garten des Turms und betrachtete ihr Werk. Der Regen hatte so viel angerichtet, daß es vordringlichere Arbeiten gab - zum Beispiel, die Fische zu retten, die aus ihrem Zierteich gespült worden waren - , und die Gärtner hatten noch nicht mit dem Aufräumen angefangen. Sogar die Schaukel baumelte schlaff an nur einem ihrer Seile, und niemand hatte sich ihrer bislang angenommen.
Leonie sah sie an und empfand nichts als Verzweiflung. Gibt es für einen Erwachsenen hier draußen gar nichts zu tun? fragte sie sich.
Offenbar nicht. Hier ging es nicht zu wie in dem Garten, der zum Besitz ihrer eigenen Familie gehörte, oder in dem der Burg zu Thendara. Dort konnte man sich einen Weg durch Irrgärten suchen, Springbrunnen betrachten, sich in eine lauschige Grotte setzen, allein - oder auch nicht. Hier gab es nichts dergleichen. Nichts als ein ordentliches Stückchen Boden mit Bäumen und Blumen, obendrein nicht einmal besonders seltenen Blumen. Leonie machte kehrt und ging wieder nach drinnen. Sie war ruhelos und wußte nichts mit sich anzufangen.
Dann durchstreifte sie die unteren Stockwerke des Turms und fand sie merkwürdig still und leer. Man hätte fast glauben können, der Turm sei verlassen. Nicht einmal Dienstboten ließen sich blicken.
Sie wußte, wie wenige Personen Dalereuth bewohnten, verglichen mit der Zahl, die der Turm hätte beherbergen können . Hatte es so in den Türmen, die geschlossen worden waren, ausgesehen, so still, so brütend? Wenn sie einen betreten würde, hätte sie dann das gleiche seltsame Gefühl, beobachtet zu werden, auch wenn sie wußte, es war niemand da?
Nach einer Weile fand sie einen verlassenen Raum voller Musikinstrumente. Endlich - eine Beschäftigung für die Hände einer Erwachsenen ! Leonie holte sich eine rryl aus geschnitztem und lackiertem Rosenholz von der Wand und fuhr mit den Händen zärtlich über die metallenen Saiten. Dann begann sie, ein altes Volkslied zu spielen, improvisierte eine Überleitung und ließ ihr einen Strauß seltsamer Harmonien folgen. Dabei verflog ihre Ruhelosigkeit, und sie geriet in eine Art Trance. Als Fiora ein paar Stunden später eintrat, stellte Leonie erstaunt fest, wie weit fortgeschritten der Tag schon war. Die Sonne, riesig und rot, stand tief, und ihre Strahlen durchdrangen die Wolken. Es war, als würde Fiora das Mädchen forschend ansehen.
»Ich wußte gar nicht, daß du so gut
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