Darkover 09 - An den Feuern von Hastur
Zweifel daran möglich, was sie meinte: Sie hätte nach Arilinn gehen sollen . Immer noch nahm sie es übel, daß man ihr dort die Aufnahme verweigert hatte. Dalereuth war im Vergleich zu Arilinn offenbar nur eine schlechte zweite Wahl.
»Ja«, sagte Fiora nach einer Weile, »als wir von dir hörten und daß du zur leronis ausgebildet werden solltest, hatten wir erwartet, du würdest Arilinn wählen.« Sie erkannte sofort, daß das mißverstanden werden konnte - und daß Leonie bereit war, die Gelegenheit zu nützen. Deshalb fuhr sie schnell fort:
»Nicht etwa… « Sie legte den Kopf ein bißchen schief. »… daß wir nicht froh wären, dich hier zu haben. Aber - ihr wart zwei, und es ist etwas anderes, wenn Geschwister zur gleichen Zeit ausgebildet werden sollen.«
Sie zögerte. Es war Tradition, die Schüler von ihren Familien zu trennen, aber Fiora glaubte nicht, daß Leonie gegen ihren Willen von jemandem getrennt werden konnte. Bestimmt konnte das Band zwischen ihr und ihrem Zwillingsbruder nur schwer durchschnitten werden, trotz der großen physischen Entfernung zwischen hier und Arilinn und selbst bei Leonies voller Mitarbeit, auf die sie kaum rechnen durften. Leonie auszubilden, würde so oder so ein großes Problem werden, und die Arroganz des Mädchens verschlimmerte es noch. Doch die ordnungsgemäße Ausbildung dieses hochmütigen Kindes würde Fiora zur großen Ehre gereichen - oder jeder anderen Bewahrerin, die es fertigbrachte. An dem beträchtlichen Talent des Mädchens war nicht zu zweifeln. Aus ihr würde eine leronis werden, mit der man rechnen mußte.
Da saß das Kind und spielte mit der Harfe, als sei das Gespräch beendet und es habe keine Bedeutung, daß Fiora weiter anwesend blieb. Obwohl Fiora noch nie eine königliche Verabschiedung erlebt hatte, erkannte sie, daß ihr eine solche zuteil geworden war. Mehrere Minuten lang dachte die Bewahrerin über das Problem Leonie nach, während das Mädchen müßig auf der rryl klimperte. Dann entschloß sie sich, schonungslos ehrlich zu sein. Vielleicht erschütterte das Leonies Selbstbewußtsein so weit, daß sie es fertigbrachte, sich die Meinungen und Wünsche einer anderen Person anzuhören.
Fiora beruhigte sich mit einem tiefen Atemzug. »Natürlich, eins steht fest: Wenn du einmal richtig ausgebildet bist, wirst du uns allen große Ehre machen.« Sie hielt inne, um sich zu vergewissern, daß sie Leonies volle Aufmerksamkeit besaß. »Aber ich bin mir durchaus nicht sicher, daß du richtig ausgebildet werden kannst.« Das verschlug Leonie die Sprache, und Fiora fuhr fort: »Und ich denke, daß jede andere Bewahrerin in den Domänen dir das gleiche sagen wird. Vielleicht war das auch ein Grund, warum du hierher geschickt wurdest, wo wir nur zwei andere junge Mädchen zur Ausbildung haben und mehr Zeit auf dich verwenden können.«
Leonie starrte die Bewahrerin benommen an. Fiora war sich nicht sicher, ob sie ausgebildet werden könne? Noch nie zuvor hatte jemand Zweifel an ihrer Fähigkeit, eine leronis zu werden, ausgesprochen! Doch Fiora meinte es anscheinend ganz ernst, und sie sprach so ruhig, als handele es sich um eine feststehende Tatsache.
Vielleicht… vielleicht war es das. Der Gedanke erschreckte sie. Vielleicht war sie in das ruhige Dalereuth ins »Exil« geschickt worden, weil Arilinn in ihr ein zu großes Risiko sah! Leonie war fähig, Lügen zu erkennen - und Fiora log nicht, erfand auch nichts, um ihrer Schülerin Angst einzujagen. Sie meinte genau das, was sie sagte.
Aber Leonie war entschlossen, sich nicht ängstigen oder einschüchtern zu lassen. Mit gedämpfter, vorsichtiger Stimme erkundigte sie sich: »Warum sollte das nicht möglich sein?«
Es war, als ob die anderweltlichen Augen sie unbeirrt betrachteten. »Wegen deines Stolzes, Leonie. Weil du dir deiner Bedeutung in der Welt so sicher bist, weil du glaubst, alles, was du begehrst, zu erhalten. Ich kann schon jetzt sagen, daß du ein großes Potential hast, und es ist durchaus möglich, daß du die Hastur-Gabe besitzt. Aber die Ausbildung in einem Turm, besonders die zur Bewahrerin, die du anstrebst, dauert lange und ist schwierig. Und mühsam. Du wirst vieles zu opfern haben, und es steht nicht fest, was du dadurch gewinnst.« Sie seufzte, und Leonie rückte voller Unbehagen auf ihrem Stuhl herum. »Ich bin mir nicht sicher, ob du das Zeug dazu hast, es auszuhalten. Du hast nie etwas opfern müssen. Ich weiß nicht, ob du der
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