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Darkover 10 - Die zerbrochene Kette

Titel: Darkover 10 - Die zerbrochene Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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auf sich selbst aufpassen. Ich bin nicht seine Hüterin. Ich bin nicht einmal mehr seine Frau. Und meine Liebe zu ihm ist tot. Also warum? Auf diese Frage, die sie im Unterbewußtsein ständig quälte, fand sie keine Antwort. Die Anzeigetafel neben der Hütte nannte die nächsten drei Unterkünfte auf diesem Weg. Magda blieb davor stehen. An einem Tag zu erreichen war die erste von einer großen Karawane mit schwerbeladenen Packtieren, die zweite von einer Gesellschaft, die nicht allzu schnell, aber ohne viel Gepäck ritt, und die dritte von einem einzelnen Reisenden, der sich anstrengte. Vielleicht kann ich heute nacht dort schlafen … Sie wandte sich von der Tafel ab und ritt weiter. Erst wußte sie nicht, woher das leise Unbehagen kam - dann fiel es ihr ein.
   Ich bin aus der Rolle gefallen, als ich die Anzeigetafel gelesen habe. Darkovanerinnen können nicht lesen… Diese Kunst war auf Darkover nicht einmal unter den Männern allgemein verbreitet, obwohl die meisten fähig waren, ein Plakat auszubuchstabieren und ihren eigenen Namen zu kritzeln. Bei Frauen war das eine Seltenheit. Ihre Spielgefährtinnen in Caer Donn waren erstaunt, ein bißchen schockiert und auch ein bißchen neidisch gewesen, als sie entdeckten, daß Margali lesen konnte und ihr eigener Vater sie unterrichtet hatte. Aus der Rolle gefallen… Verdammt noch mal, diese ganze Reise paßt nicht zu meiner Rolle .
   Magda schnalzte ihrem Pferd zu. Rohana hatte sie gewarnt: »Ich bin mit den Freien Amazonen geritten, aber nicht als eine von ihnen, und ich mache mir nicht vor, alle ihre Sitten und Gebräuche zu kennen. An deiner Stelle würde ich jedes Zusammentreffen mit echten Amazonen vermeiden. Glücklicherweise wissen die Leute in den Bergen, durch die du kommen wirst, gar nichts über sie. Deshalb wird niemand deine Verkleidung durchschauen, wenn du vorsichtig bist.«
   Und sieben Tage lang war auch alles gutgegangen, obwohl sie einmal die Reiseunterkunft mit zwei Männern hatte teilen müssen, Händlern aus den fernen Bergen. Nach Gesetz und Brauch waren diese vor Jahrhunderten aufgestellten Unterkünfte geheiligte Orte der Neutralität. Sogar in Kriegszeiten wurden sie von den Grenzpatrouillen in Ordnung gehalten und mit Vorräten versehen, und sie standen jedem Reisenden zur Verfügung, denn sonst würden Späterkommende dazu verurteilt, draußen in der Kälte zu sterben. Sogar Blutfehden waren in den Hütten aufgehoben; Magda wußte, daß das auch bei Waldbränden so gehalten wurde. Die Männer hatten ihr kurzes Haar und ihre Amazonenkleidung mit einem kurzen Blick gestreift, ein paar höfliche Worte gesprochen und sie danach völlig ignoriert.
   Seitdem war ihr keine Menschenseele mehr begegnet; die vorgeschrittene Jahreszeit hatte die meisten Reisenden nach Hause an ihre eigene Feuerstelle geschickt. Die Wolken hatten sich nun aufgelöst, und die große rote Sonne Darkovers, die irgendein Poet in der Terranischen Zone die Blutige Sonne genannt hatte, erhob sich zwischen den Gipfeln und überflutete die hohen Schneefelder mit flammendem Rot und Gold. Als Magda in den Paß eindrang, badete ein Meer von Flammen die hohen Schneekappen in ihrer hehren Einsamkeit, ein Anblick, der Magda entzückte und erregte.
   Doch das Morgenrot verblaßte, und dann war nichts mehr da als der einsame, stille Pfad. Schweigen und zuviel Zeit zum Denken, sich immer wieder und wieder zu fragen: Warum tue ich das? Liebe ich den Schuft immer noch?
   Geht es mir vielleicht gegen die Ehre, daß ein Mann, der - wenn auch nur kurz - mein Bett geteilt hat, im Stich gelassen wird und umkommt, ohne daß jemand versucht, ihm zu helfen?
   Oder haben wir als Kinder in Caer Donn den Kodex, die Ethik der Darkovaner übernommen? Loyalität innerhalb der Familie, Verpflichtung der Sippe gegenüber… Für das Imperium ist Peter nur ein ersetzbarer Angestellter. Für mich, für jeden Darkovaner ist das eine empörende Vorstellung, eine Obszönität .
   Sie hatte den Paß hinter sich, ehe die Sonne länger als eine Stunde am Himmel emporgestiegen war. Ihre Ohren schmerzten von der Höhe, doch nun ging es ins nächste Tal hinunter. Mittags hielt sie Rast in einem kleinen Bergdorf und genehmigte sich in einer Garküche einen Becher heiße Suppe und Pfannkuchen. Ein paar neugierige Kinder versammelten sich, und Magda schloß aus ihrer Aufregung, daß sie sehr wenige Fremde zu sehen bekamen. Sie schenkte ihnen Süßigkeiten aus ihren Satteltaschen, ließ ihre

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