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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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er sie und ihre Schwester und ihren jüngeren Bruder nicht hätte verteidigen können - von ihren Leuten ganz zu schweigen -, das bedeutete in dieser Krise keinen Unterschied. Sie kritisierte ihn nicht einmal in Gedanken und als Allira es getan hatte, war ihre Meinung gewesen, das Mädchen sei durch alles, was sie von Brynat erlitten hatte, nicht mehr ganz bei Verstand. Jetzt hatte Storn ihr die Aufgabe übertragen, zu fliehen und Hilfe zu finden, und für sie war es selbstverständlich, daß sie ihm gehorchte.
   Sie erhob sich von ihrem Bett, legte ein Pelzgewand um ihre Schultern - denn die Nacht war bitterkalt, und die Steinfußböden hatten nie ein Feuer kennengelernt - und fuhr mit den Füßen in pelzgefütterte Socken. Mit sicheren Bewegungen fand sie im Dunkeln Feuerstein und Zunder und steckte eine kleine Lampe an - so klein, daß das Licht nicht viel größer als der Kopf einer Stecknadel war. Das Flämmchen heiterte sie ein bißchen auf. Sie setzte sich davor und überlegte, was sie tun könne.
   Sie wußte bereits, was sie tun mußte - aus der Burg fliehen, bevor der Schnee die Pässe schloß, und irgendwie den Weg nach Carthon finden, wohin ihr Bruder jemanden schicken wollte, der ihr half. Aber wie sie das bewerkstelligen sollte, war schwer vorstellbar.
   Immer noch folgten Wachen ihr in achtungsvollem Abstand überall, wohin sie durch die Flure ging. So spät es schon war, wenn sie ihr Zimmer jetzt verließ, würden sie aufstehen und hinter ihr hergehen. Sie fürchteten Brynat mehr, als sie sich nach Schlaf sehnten. Melitta hatte erkannt, wie sehr sie ihn fürchteten, als keiner von ihnen es wagte, sich an ihr zu vergreifen. Sie fragte sich, ob sie dafür dankbar sein solle, und verwarf den Gedanken. Das hieß, in seine Falle zu laufen.
   Wie alle Mädchen aus den Bergen war Melitta Realistin genug, um an den nächsten logischen Schritt zu denken: Konnte sie einen der Wachtposten verführen, so daß er sie entkommen ließ? Sie hielt es für unwahrscheinlich. Sie fürchteten Brynat, und er hatte ihnen befohlen, sie in Ruhe zu lassen. Eher war anzunehmen, daß der Mann auf ihre Annäherungsversuche einging, nahm, was sie zu bieten hatte, und dann geradewegs mit der Geschichte zu Brynat lief und sich auch noch das Lob seines Hauptmanns holte. Danach bestrafte sie Brynat vielleicht damit, daß er sie den Gesetzlosen zum Spielzeug gab. Das war eine Sackgasse - sie hätte sich dazu zwingen können, es zu tun, aber wahrscheinlich war es zwecklos.
   Sie trat ans Fenster, zog ihre Pelze fester um sich und lehnte sich hinaus. Du mußt gehen, bevor der Schnee die Pässe schließt . Unwetter und Stürme lagen ihr im Blut. Melitta meinte, ganz weit weg die mit Schnee schwangeren Wolken, getragen vom kalten Nachtwind, riechen zu können.
   Die Nacht war noch nicht weit vorgeschritten. Idriel und Liriel standen hoch am Himmel; Mormalor, blaß und perlfarben, hing halb im Schatten auf der Schulter des Berges. Wenn es ihr irgendwie gelang, die Burg vor dem Morgengrauen zu verlassen…
   Sie konnte jetzt nicht gehen. Brynats Männer saßen noch bei ihrem allabendlichen Trinkgelage in der Großen Halle; Allira mochte nach ihr schicken, und es war riskant, wenn sie dann nicht da war. Erst in den Stunden zwischen Mitternacht und Dämmerung, wenn sogar die Luft schläfrig war, mochte es ihr gelingen, und wenn man am Vormittag entdeckte, daß sie nicht in ihrem Zimmer war, konnte sie schon weit weg sein. Sie schloß das Fenster, kuschelte sich in ihre Pelze und begann mit dem Pläneschmieden.
   Wohin sollte sie sich wenden, wenn sie die Burg einmal hinter sich hatte? Letzten Endes mußte sie nach Carthon, wo das auch liegen mochte. Bis nach Carthon schaffte sie es wohl nicht in einer einzigen Nacht, sie würde Obdach und Essen brauchen, denn es war vielleicht eine Reise halbwegs bis ans Ende der Welt. Sobald sie draußen war, würden Vasallen ihres Bruders sie beherbergen. Zwar hatte es ihnen an Stärke gefehlt, Brynats Angriff abzuschlagen, aber Melitta wußte, daß sie Storn liebten, und viele von ihnen kannten und liebten auch sie. Zumindest würden sie sie einen oder zwei Tage lang verstecken, bis das Geschrei der Verfolger verklungen war. Möglich, daß sie sie mit Proviant für die Reise versorgten und daß einer von ihnen imstande war, sie auf den Weg nach Carthon zu bringen.
   Die nächsten der großen Lords waren die Aldarans von Burg Aldaran nahe dem Hohen Kimbi. Soviel Melitta wußte,

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