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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ich hätte mich auf so etwas besser vorbereiten sollen. Hätte ich doch meine Kindheit in einem Raum mit Geheimgang verbracht! Mir fällt ein Dutzend Möglichkeiten ein, wie ich aus der Burg hinausgelange - aber zuerst muß ich aus diesem Zimmer hinausgelangen, und da weiß ich mir keinen Rat .
   Ein schwacher Lichtschimmer, der sich unter ihr bewegte, verriet, daß Allira in der königlichen Suite hin und her ging, ein paar Stockwerke tiefer und ein paar Zimmer entfernt. Verzweifelt dachte Melitta: Storn hätte Allira wecken sollen! Da ist der alte verborgene Weg von der königlichen Suite hinunter ins Dorf der Klippenbewohner. Allira brauchte nur zu warten, bis Brynat schläft, und sich fortzustehlen…
   Verrückte Einfälle schossen ihr durch den Kopf. Sie hatte Zugang zu ihrer Schwester. Die Wachen würden ihr bis an die Türen der königlichen Suite, aber nicht hinein folgen. Würde sie den alten Eingang zum Tunnel finden? Zu welcher Uhrzeit konnten sie sicher sein, daß Brynat sie nicht störte? Konnte sie auf Allira rechnen, daß sie ihn überlistete, ihn betäubte, ihn vielleicht sogar im Gespräch oder im Liebesspiel hinhielt, während sie, Melitta, sich vorbeischlich?
   Ich wage es nicht, mich auf Allira zu verlassen , dachte sie, der Verzweiflung nahe. Sie würde mich nicht verraten, aber sie hätte nicht den Mut, mir zu helfen oder Brynat zu erzürnen.
   Wenn ich zu ihr hinunterginge, die Wachen auf den Fersen - wie lange könnte ich damit rechnen, mit Allira allein zu bleiben, bevor sie Brynat alarmieren oder Verdacht schöpfen, weil ich nicht wiederkomme? Und wenn ich aus ihren Räumen verschwände - sie würden sie in Stücke reißen, um herauszufinden, welchen Weg ich genommen habe, und ich würde verfolgt, bevor die Sonne richtig aufgegangen ist. Das ist keine Hilfe .
   Trotzdem wich der Gedanke nicht. Es mochte ihre einzige Chance sein. Natürlich setzte sie damit alles auf einen Wurf. Wenn Brynat zurückkehrte, während sie bei Allira war, mochte etwas seinen Argwohn wecken, und er würde sie unter schärfere Aufsicht stellen. Soviel sie wußte, hatten ihre Wachen Befehl, es Brynat zu melden, wenn sie und ihre Schwester länger als ein paar Minuten miteinander sprachen.
   Und wenn nun niemand wüßte, daß ich bei Allira bin?
   Wie konnte sie Alliras Zimmer ungesehen betreten?
   Die alten Darkovaner hatten diese Geheimnisse gekannt. Das magische elektrische Netz, das Storns Trance schützte, war nur eine der Kräfte, mit denen Melitta vertraut war - doch keine war ihr jetzt von Nutzen. Es gab Zaubermäntel, die einen Schleier der Illusion um ihren Träger warfen und ihn unsichtbar machten, indem sie das Licht ablenkten. Aber falls Storn je einen besessen hatte, wußte Melitta nicht, wo er war oder wie man ihn benutzen mußte. Sie konnte sich in den Sonnenaufgangsturm hochschleichen, wenn man sie ließ, das magische Federkleid überziehen und von der Burg wegfliegen - aber nur in einer Illusion. Was sie sah, würde zwar die Wirklichkeit sein - sie wußte, daß Storn die Schlacht auf diese Weise beobachtet hatte -, aber ihr Körper würde in Trance im Turm liegen, und früher oder später würde sie in ihn zurückgezogen werden. Das war nicht die Art von Flucht, die irgend etwas nützte. Ich brauche Flügel , dachte sie von neuem. Wenn ich von diesem Balkon und hinunter in die königliche Suite fliegen könnte, wo Brynat meine Schwester genommen hat…
   Mitten in diesem Gedanken hielt sie entschlossen inne. Sie hatte keine Flügel. Darüber nachzudenken führte zu nichts. Dagegen hatte sie zwei kräftige Anne, zwei kräftige Beine, zehn starke Finger, und sie hatte sie seit ihrer Kindheit im Felsenklettern trainiert.
   Melitta trat an den Rand des Balkons. Phantastereien und Pläne zerstoben in einer kalten, realistischen Analyse des Problems. Sie konnte nicht zu der königlichen Suite hinunterfliegen. Aber mit Kraft, Vorsicht und Glück war es gerade eben möglich, daß sie hinunter kletterte .
   Sie beugte sich über das Geländer und kämpfte einen plötzlichen Schwindelanfall nieder. Hundert Fuß rauhen Steins fielen senkrecht zu einer Kluft darunter ab. Die Mauern waren jedoch nicht glatt. Vor Jahrhunderten war die Burg aus unregelmäßigen Steinen erbaut worden, den Knochen der Berge. Man hatte sie in großen Stücken ausgehauen und so, wie sie waren, vermörtelt. Die altertümlichen Werkzeuge wären bei einem Versuch, die Steine zu glätten, zu schnell

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