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Darkover 16 - Die Winde von Darkover

Titel: Darkover 16 - Die Winde von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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signalisierte. Paradoxerweise staunte Barron am meisten darüber, daß er über sich selbst nicht staunte. Er hatte ein vages Gefühl, sein Ich sei gespalten, er bewege sich, wie er es schon ein- oder zweimal erlebt hatte, unter Wasser oder in einem Traum.
   Die nächste Stunde herrschte ein wildes Durcheinander, rufende Stimmen, Glocken aus den Dörfern unten und ein Hin- und Herlaufen der Feuerwächter, die sich nicht damit aufhielten, ihm ihr Tun zu erklären. Er hielt die Augen geschlossen und blieb ihnen aus dem Weg. Es kam ihm ganz natürlich vor, daß er stillsaß, während die anderen handelten; er hatte sein Teil getan. Dann ritten Männer in wahnsinniger Eile den Hang herauf. Er merkte, daß Larry eingetreten war und mit Colryn vor ihm stand.
   »Was ist geschehen?«
   »Er hat den Geisterwind gerochen«, erklärte Colryn knapp.
   »Und gerade noch rechtzeitig«, meinte Larry. »Den Göttern sei Dank, daß wir eine Warnung bekamen. Ich fragte mich gerade, ob ich nicht etwas röche, als ich die Glocken hörte und den Befehl zur Rückkehr gab. Und doch ist der Geruch immer noch so schwach, daß ich ihn kaum wahrnehme! Woher hast du das gewußt?« wandte er sich an Barron. Dieser antwortete nicht, schüttelte nur den Kopf. Nach einer Weile ging Larry wieder.
   Er dachte: Ich habe eine Dummheit gemacht. Bisher hatte er nur den Verdacht, es sei etwas seltsam an mir. Jetzt weiß er es, und wenn nicht, dann wird Valdir es entdecken. Valdir ist Comyn und wird auf einen Blick feststellen, was geschehen ist.
   Mir ist es gleichgültig, was sie mit dem Erdenmann machen, aber ich muß fort von hier. Ich hätte mich ruhig verhalten und in der Verwirrung des Geisterwindes fliehen sollen.
   Aber ich konnte sie nicht alle dieser Gefahr aussetzen, und Lerrys hätte es draußen im Wald erwischt. Ich schulde ihm etwas. Es steht eine Klinge zwischen uns.
   Heute nacht wird sich in diesen Bergen nichts, was menschlich ist, hinauswagen. Bis dahin muß ich achtgeben, daß ich ihre Aufmerksamkeit nicht noch stärker auf Barron lenke.
   Und dann - dann muß ich gehen. Ich muß weit weg sein, wenn Valdir kommt!

8
    Das angespannte Warten schien ihm Ewigkeiten zu dauern. Dies merkwürdige Doppelbewußtsein zerrte an seinen Nerven, bewahrte ihn aber davor, Aufmerksamkeit zu erregen. Die Feuerwächter liefen umher und sicherten alles, während der Wind stärker wurde und um die Ecken der Wache und des Turms pfiff, doch er hielt sich abseits. Der kränkliche Geruch wurde jeden Augenblick stärker. Er meinte, ihn in seine Nase, in sein Gehirn eindringen zu spüren, wo er seine Menschlichkeit und seine Entschlußkraft anfraß.
   Auch auf die anderen blieb der Geisterwind nicht ohne Wirkung. Einmal unterbrach Colryn seine Arbeit, schwere Fensterläden festzunageln, krümmte sich, schlang die Arme um den Kopf und stöhnte, als leide er schreckliche Schmerzen. Gwynn, der gerade aus irgendeinem Grund durch den Raum lief, sah es, ging zu Colryn, kniete neben ihm nieder, legte ihm den Arm um die Schultern und sprach ihm mit leiser Stimme zu, bis Colryn heftig den Kopf schüttelte, als wolle er seine Gedanken klären. Dann stand er auf, schwang die Arme, fluchte, dankte Gwynn und fuhr mit seiner Arbeit fort.
   Der Mann, der im Augenblick selbst nicht recht wußte, ob er Dan Barron oder ein anderer war, blieb an seinem Platz und rang um Beherrschung. Auch er spürte es. Als der Wind und mit ihm der Geruch stärker wurde, tauchten seltsame Bilder in seinem Geist auf - urtümliche Erinnerungen, geladen mit Furcht und Entsetzen, schreckliche Wünsche. Einmal riß er sich aus einer Art Alptraum, in dem er über einem liegenden Mann kniete und ihm mit den Zähnen die Kehle zerfetzte. Er schüttelte sich, stand auf und lief fieberhaft im Raum hin und her.
   Als alles sicher war, setzten sie sich zum Essen, aber keiner aß viel. Sie waren still, litten unter dem Kreischen des Windes, der ihre Ohren und ihre Nerven quälte, und den vagen Halluzinationen vor ihren Augen und in ihren Gehirnen. Barron hielt die Augen geschlossen. Es fiel ihm leichter, so zu essen, ohne von ungewohnten optischen Eindrücken abgelenkt zu werden.
   Mitten in der Mahlzeit ging weit entfernt das Kreischen los, ein hohes, jammerndes Heulen, das die Welt füllte und durch die hörbaren Frequenzen auf- und abschwoll. Auch wenn man es nicht mehr hörte, schien es fortzudauern.
   »Ya-Männer«, stellte Gwynn kurz fest und ließ sein Messer

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