Darkover 20 - Das Schwet des Aldones
Schock für meine Gehirnzellen gewesen. Die erst kurz vorher hergestellte neuronische und synaptische Verbindung war abrupt zerrissen worden, als er starb, und tagelang stand es mit meinem Leben - und meinem Verstand - auf Messers Schneide.
Ich erinnere mich nur an schmerzendes Licht und Kälte und ruckende Bewegungen, an den stechenden Geruch von Medikamenten. Eines Tages öffnete ich die Augen und fand mich in meinem alten Zimmer in der Comyn-Burg zu Thendara wieder, ohne daß ich wußte, wie ich dahingekommen war. Linnell Aillard saß neben mir.
Sie sah Callina sehr ähnlich, nur war sie größer, dunkler, irgendwie sanfter mit ihrem süßen, kindlichen Gesicht - obwohl sie nicht viel jünger war als ich. Ich nehme an, sie war hübsch. Nicht, daß es darauf angekommen wäre. Im Leben jedes Mannes gibt es ein paar Frauen, auf die seine Libido einfach nicht anspricht. Linnell ist nie eine Frau für mich gewesen; sie war meine Cousine. Ich lag zufrieden da und sah sie minutenlang an, bis sie es merkte und lächelte.
»Ich wußte, diesmal würdest du mich erkennen. Kopfschmerzen?«
Und wie! Ich fühlte unbeholfen nach meinem Kopf und entdeckte Verbände. Linnell zog meine Hand davon weg.
»Wie lange bin ich schon hier?«
»Hier in Thendara? Erst zwei Tage. Aber du bist Tage und Tage bewußtlos gewesen.«
»Und - Marius?«
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Er ist in der Verborgenen Stadt begraben worden. Der Regent hat ihm alle Comyn-Ehren erwiesen, Lew.«
Ich löste meine Hand behutsam aus ihrer. Lange Zeit lag ich da und starrte auf das Lichtmuster in der durchscheinenden Wand. Schließlich fragte ich: »Der Rat?«
»Sie hatten es durchgepeitscht, bevor wir nach Thendara kamen. Die Hochzeitszeremonie wird in der Festnacht stattfinden.«
Das Leben geht weiter, dachte ich. »Deine Hochzeit mit Derik?«
»O nein.« Sie lächelte scheu. »Das eilt nicht. Callinas mit Beltran von Aldaran.«
Ich fuhr bolzengerade in die Höhe, ohne auf den stechenden Schmerz zu achten. »Willst du sagen, daß dies Bündnis doch geschlossen werden soll? Du machst Witze, Linnell! Oder sind sie alle wahnsinnig geworden?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das ist der Grund, warum sie den Beschluß so schnell gefaßt haben. Sie fürchteten, du würdest dich erholen und von neuem versuchen, sie daran zu hindern. Derik und die Hasturs wollten auf dich warten. Die anderen überstimmten sie.«
Daran zweifelte ich nicht ein bißchen. Nichts wünschten sich die Comyn weniger als einen gesunden Alton im Rat. Ich schlug die Bettdecke zurück. »Ich möchte Callina sprechen.«
»Ich will sie bitten, zu dir zu kommen - du brauchst nicht aufzustehen.«
Dagegen erhob ich Einspruch. Diese Räume standen seit Generationen während der Ratssitzungen den Altons zu. Wahrscheinlich waren sie mit telepathischen Fallen und Dämpfern reichlich bestückt. Viel Vertrauen hatten die Comyn nie zu den erwachsenen Alton-Männern gehabt. Ich wollte Callina irgendwo anders sprechen.
Ihre Diener sagten mir, wo ich sie finden konnte. Ich zog einen harmlos aussehenden Vorhang zurück, und eine Flut gleißendes Lichts schlug mir ins Gesicht. Fluchend bedeckte ich die Augen mit den Unterarmen. Auf den geschlossenen Lidern waberten rote und gelbe Nachbilder, und eine überraschte Stimme nannte meinen Namen. Das Licht erstarb, und ich erkannte Callinas Gesicht.
»Es tut mir leid. Kannst du jetzt sehen? Ich muß mich schützen, wenn ich arbeite, weißt du.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.« Eine Bewahrerin zwischen den Matrixschirmen ist auf eine Weise verwundbar, von der normale Menschen keine Ahnung haben. »Ich hätte mehr Verstand zeigen sollen, als so hereinzuplatzen.«
Callina lächelte und raffte den Vorhang für mich zur Seite. »Ja? Man hat mir erzählt, daß du Matrix-Arbeiter gewesen bist.«
Sie ließ den Vorhang fallen, und da fiel mir plötzlich auf, daß an ihrer Schönheit irgend etwas in subtiler Weise nicht stimmte.
Man kann alles über eine Frau aus der Art schließen, wie sie geht. Bei einer leichtfertigen Frau ist allein schon der Gang herausfordernd. Unschuld zeigt sich in sorglosem Umherspringen. Callina war jung und reizend, aber sie bewegte sich nicht wie eine schöne Frau. Sie hatte etwas sehr Junges wie etwas sehr Altes an sich, als träfe in ihr die linkischste Phase einer Heranwachsenden mit der abgeklärten Würde
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