Darkover 20 - Das Schwet des Aldones
Callina fürchte ich mich. Nicht etwa, daß sie unfreundlich wäre - niemand hätte netter zu mir sein können! Nur kommt sie mir nicht ganz menschlich vor. Bitte, können wir aufhören? Auf Terra gelte ich als gute Tänzerin; hier habe ich das Gefühl, ein stolpernder Elefant zu sein.«
»Wahrscheinlich hast du kein so intensives Training gehabt.« Das war für mich auf Terra das merkwürdigste gewesen - die Achtlosigkeit der Menschen diesem einen Talent gegenüber, das uns von vierfüßigen Arten unterscheidet. Frauen, die nicht tanzen konnten! Mangelte es ihnen nicht an wahrer Schönheit?
Zufällig sah ich gerade in Richtung des großen Vorhangs am Mitteleingang, als er sich teilte und Callina Aillard die Halle betrat. Und für mich verstummte die Musik.
Ich habe die schwarze Nacht des interstellaren Raums mit ihren vereinzelten Sternen gesehen. So war Callina, eingehüllt in ein Stück des mitternächtlichen Himmels, das dunkle Haar in ein sternenfunkelndes Netz gehüllt.
»Wie schön sie ist«, flüsterte Kathie. »Was stellt ihr Kostüm dar? So eins habe ich noch nie gesehen.«
»Ich weiß es nicht«, log ich. Ich faßte es nicht, daß ein Mädchen am Vorabend seiner Hochzeit - auch wenn es diese Hochzeit nicht wünscht - das traditionelle Gewand von la damnée anlegt, Naotalba, Tochter des Unheils, Braut des Dämonen Zandru. Was mochte geschehen, wenn Beltran die Bedeutung des Kostüms aufging? Eine gezieltere Beleidigung war kaum vorstellbar - es sei denn, Callina hätte sich als Henker verkleidet!
Ich entschuldigte mich bei Kathie und ging schnell auf Callina zu. Sie hatte dem Wunsch des Comyn nachgegeben; sie hatte kein Recht, ihre Familie auf diese Weise und zu einem so späten Zeitpunkt in Verlegenheit zu setzen.
Als ich bei ihr ankam, erhielt sie diese Lektion bereits von dem alten Hastur. Ich hörte gerade noch das Ende davon.
»Du benimmst dich wie ein ungezogenes, bockiges Kind!«
»Großvater«, erwiderte Callina mit dieser ruhigen, beherrschten Stimme, »weder mein Aussehen noch mein Handeln soll eine Lüge sein. Dies Kleid gefällt mir. Es paßt ausgezeichnet zu der Art, wie ich mein ganzes Leben lang vom Comyn behandelt worden bin.« Ihr melodisches Lachen war unerwartet bitter. »Beltran von Aldaran würde schlimmere Beleidigungen einstecken - nur um Laran -Rechte im Rat zu erhalten! Du wirst schon sehen.« Sie kehrte dem alten Mann den Rücken. »Tanzt du mit mir, Lew?«
Es war keine Bitte, sondern ein Befehl, dem ich auch gehorchte. Doch ich war ärgerlich, und es war mir einerlei, ob sie es merkte. Ich fand es gemein, Linnells ersten Ball so zu verderben!
»Wegen Linnell tut es mir leid«, sagte Callina. »Aber das Kleid entspricht meiner Stimmung. Und es steht mir, nicht wahr?«
So war es. »Du bist zu verdammt schön«, stieß ich heiser hervor. »Callina, Callina, du wirst mit dieser… dieser wahnsinnigen Farce nicht durchkommen!« Ich zog sie in einen Winkel und drückte leidenschaftlich meinen Mund auf ihren. Erst verhielt sie sich passiv vor Schreck, dann wurde sie steif, beugte sich zurück und schob mich heftig von sich. »Nicht! Laß das!«
Ich ließ die Arme fallen, stand da und sah sie an, und langsam stieg mir die Zornesröte ins Gesicht. »Letzte Nacht hast du dich anders benommen!«
Sie weinte beinahe. »Kannst du mir das nicht ersparen?«
»Bist du je auf den Gedanken gekommen, du hättest mir etwas ersparen können? Lebewohl, Callina Comynara; ich wünsche Beltran Freude an seiner Braut.« Sie faßte meinen Ärmel. Ich schüttelte sie ab und ging weg.
In verbissenem Schweigen umwanderte ich die Tanzfläche. Ein nagendes Unbehagen, halb telepathisch, quälte mich. Aldaran tanzte jetzt mit Callina; boshaft hoffte ich, er werde versuchen, sie zu küssen. Lerrys, Dyan? Sie waren im Kostüm, nicht zu erkennen. Die halbe terranische Kolonie mochte außerdem hier sein, ich war nicht imstande, es festzustellen.
Rafe Scott plauderte in einer Ecke mit Derik. Das Gesicht des Prinzen war rot. Er drehte sich um und begrüßte mich mit schwerer Zunge: »'n Abend, Lew.«
»Derik, hast du Regis Hastur gesehen? Was hat er an?«
»Weisch nich«, nuschelte Derik. »Ich bin Derik, das 's alles, was ich weiß. Macht genug Mühe, mir zu merken. Versuch du es mal.«
»Ein schönes Schauspiel«, brummte ich. »Derik, ich wünschte, du erinnertest dich, wo du bist! Geh und werde wieder nüchtern, ja?
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