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Darkover 22 - Die Weltenzerstoerer

Titel: Darkover 22 - Die Weltenzerstoerer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ballsaal. Er stand abseits -Tanzen war etwas, wovon er wenig Ahnung hatte - und sah den komplizierten Figuren zu: Paaren, Gruppen, lange Ketten, gelegentlich ein Solotänzer, der aus der Gruppe ausbrach. Es war, als beobachte man den Flug leuchtend bunter Vögel. Regis und Linnea sonderten sich für kurze Zeit von der Gruppe ab und tanzten eng umschlungen. Ihre Liebe war fast greifbar. Nicht etwa, daß ihr Tanz eine erotische Färbung hatte, und doch umgab sie Sexualität wie ein Licht, und David hatte den Eindruck, daß sie das stolz zur Schau stellten. Amüsiert sagte er sich, er habe seit seiner Ankunft auf Darkover bemerkenswert viel Zeit mit dem Nachdenken über das Sexualleben anderer Leute verbracht. Aber es war nun einmal eine grundlegende Tatsache, und die meisten Menschen dachten viel darüber nach. Auf Darkover - oder zumindest unter den Telepathen - war es einfach nicht möglich, dies Thema bei alltäglichen Unterhaltungen und Begegnungen auszuklammern. Es war sinnlos, ein Mädchen zu behandeln, als sei man an ihr nicht interessiert, wenn sie sich über die geheimen Gefühle ihres Gegenübers ebenso klar war wie über ihre eigenen. Ob die Telepathen deshalb diese fast rituelle Höflichkeit entwickelt hatten? Zum Beispiel durfte man ein junges Mädchen nicht offen anstarren. Das mochte bedeuten: »Ich bin ein sexuelles Wesen und reagiere auf dich, aber ich betone hiermit, daß ich auf deine Reaktion und Zustimmung warte.« Soviel David über die gesellschaftlichen Formen auf Darkover wußte, war das bis auf Gruppen durchgesickert, die absolut keine Telepathen waren, und er hätte gern gewußt, welche rationellen Erklärungen sie dafür zu geben hatten. Duelle waren hier üblich - eine Kompensierung der Unfähigkeit, Feindschaft zu verbergen? Ein Ventil für schmerzhafte Empathie? Oder eine Methode, Männlichkeit zu beweisen?
   Keral faßte nach Davids Hand, und David umschloß sie in dem Bewußtsein ihrer Verbundenheit. Keral war heute abend fröhlicher als sonst. Die grauen Augen funkelten vor Vergnügen, sein Gesicht glühte. Das lange seidige Haar, das ihm bis über die Schultern fiel, schien jeden Luftzug einzufangen und in einem unsichtbaren Strom, der auch die Kerzenflammen tanzen ließ, zu flattern. David sagte: »Du siehst glücklich aus, Keral«, und dachte, der Ausdruck sei viel zu schwach.
   »Ich bin auch glücklich. Weißt du noch, was ich zu dir sagte, als wir das erste Mal zusammen waren - ich möchte lachen, singen, fliegen? «
   »Natürlich. Wie könnte ich das vergessen?«
   »Jetzt bin ich noch glücklicher. Frag mich nicht, warum, nicht jetzt, nicht hier. Ich werde es dir sehr bald erzählen. Aber jetzt - hier… « Er warf den Kopf zurück und stand da, als lausche er konzentriert, hingerissen. Anscheinend hörte er etwas, eine Stimme aus dem Nichts. Dann hob er die Arme, schwankte einen Augenblick wie eine Blume auf einem hohen Stengel, gewiegt vom Atem der Musik, und begann zu tanzen.
   Für David verstummte die Musik - vielleicht hörte er sie einfach nicht mehr. Er nahm nur noch Keral wahr, der erst wie ein Blatt im Wind dahintrieb, dann in wilder Ekstase umherwirbelte. Die zarte, sensible Linnea ließ sich als erste anstecken. Sie riß sich los und tanzte hinter ihm her, und ihr folgten die anderen, zuerst zu zweit und zu dritt, dann in Gruppen von zehn und zwölf, als ob ganze Vogelscharen kreisten, niederschossen, aufstiegen. David, verzaubert von dem Tanz, sah aus den Augenwinkeln, daß sich Conner in den Strom warf, daß Desideria auf leichten Füßen hineinschwebte. Davids individuelles Bewußtsein verlor sich in den Wogen, die über seinem Kopf zusammenschlugen und ihn in die Flut seines eigenen Volkes schwemmten.
   Steigen und Fallen, Treiben und Kreisen und Wirbeln auf den Gezeiten der Welt, die Macht des quellenden Frühlings in Herz und Seele! Der Mondschein zog sie an wie ein Magnet, durch die großen Türen hinaus in den kühlen, nebligen Garten. David, dessen Füße im gleichen Rhythmus wie alle anderen stampften, fühlte die kalte Luft auf seinem Gesicht, und in einem Sekundenbruchteil der Klarheit fragte er sich: Was tun wir denn alle? Und schon ging der Gedanke unter im Licht der Monde, in dem gemeinsamen Bewußtsein, in der schwindelnden Freude um der Freude willen. Ein bißchen war es, als schwimme er unter Wasser und werde von einer Strömung erfaßt, und er ergab sich ihr. Bruchstückhaft nahm er Schönheit wahr; Kerals vom Mondschein

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