Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
ruhelosen Jugendlichen erblüht. Mikhail lächelte ihr quer durch den Raum zu, und zu seiner Freude lächelte sie zurück. Mikhail mochte seine Nichte sehr, aber er musste zugeben, dass er sie auch ziemlich unheimlich fand. Erleichtert stellte er nun fest, dass sie guter Laune war. Yllana war vollkommen untröstlich über Regis’ Tod gewesen, Alanna hingegen gab sich fast schon gleichgültig, was durchaus seltsam war, da sie ihrem Großonkel sehr nahe gestanden hatte. Mikhail nahm an, der Schock hatte sie betäubt, und sobald dieser nachließ, würde sie ihre gegenwärtige Ruhe mit einer doppelten Portion der Hysterie wettmachen, für die sie auf Burg Comyn wohl bekannt war. Es stand für ihn so gut wie außer Frage, dass sie etwas von der psychischen Labilität geerbt hatte, die so manchem Elhalyn zum Verhängnis wurde, und er konnte nur dankbar sein, dass sie lediglich nervös und reizbar zu sein schien und nicht eindeutig verrückt, wie es einige ihrer Verwandten gewesen waren. Vielleicht gab es sich sogar mit der Zeit. Mikhail hoffte es, denn er mochte das Mädchen wirklich sehr.
Sie war eine außerordentlich schöne junge Frau und sich dessen auch bewusst. Soeben hatte sie den ersten Teil ihrer Ausbildung in Arilinn abgeschlossen, wo man ihr starkes und bemerkenswertes Laran hoffentlich so schulen würde, dass es sich beherrschen ließ. Sie war bereits telekinetisch veranlagt und besaß die Gabe einer Feuerstarterin, eine potenziell tödliche Kombination und so selten, dass sie schwer zu begrenzen war. Außerdem hatte sie ein hitziges Temperament, was sie äußerst gefährlich machte. Mikhail sorgte sich mehr um seine Nichte als um seine eigenen Kinder, denn ihre lebhafte Veranlagung erinnerte ihn zu sehr an einige Elhalynkinder, vor allem an Vincent. Sie hatte einiges vom Egoismus des inzwischen Verstorbenen, wenngleich nichts von seinen tyrannischen Neigungen.
Mikhail sah, dass Domenic Alanna zulächelte; wie immer lebte er auf, wenn seine schwierige Base und Pflegeschwester in der Nähe war. Die beiden waren acht Monate auseinander; und Alanna wohnte seit ihrem fünften Lebensjahr auf Burg Comyn. Sie waren fast wie Zwillinge und hatten die unheimliche Fähigkeit, einander entweder aufzuheitern oder in trübe Stimmungen zu versetzen, die niemand sonst verstand. An diesem Abend schien sich Alanna trotz der allgemeinen Atmosphäre von Trauer von ihrer besten Seite zu zeigen. Mikhail dankte den Göttern für diese Gunst und wandte sich zum Eingang des Speisesaals um.
Herm und seine Familie betraten soeben den Raum, und Mikhail verbannte alle anderen Gedanken aus seinem Kopf. Hinter ihm nahm Donal Haltung an, er war mit jeder Faser auf der Hut und musterte die Neuankömmlinge prüfend und sehr feindselig, viel zu misstrauisch für einen so jungen Mann.
Mikhail unterdrückte einen Seufzer, denn wie er selbst hatte Donal nie eine echte Kindheit gehabt. Er wusste, er hatte aus seiner Sicht die richtige Entscheidung getroffen, als er seinen jungen Verwandten zum Friedensmann machte, aber er war sich nicht sicher, ob es auch die beste Wahl für Donal bedeutete.
Mikhail musterte Hermes Aldaran und versuchte das Aussehe n des Mannes vor ihm mit der Erinnerung an eine viel jüngere Person in Einklang zu bringen, die er vor mehr als zwanzig Jahren flüchtig kennen gelernt hatte. Herm hatte nun wesentlich weniger Haare auf dem Kopf und einen Bauchansatz, der von wenig körperlicher Aktivität zeugte. Um die Augen zogen sich interessante Falten, und der im krausen Bart beinahe versteckte Mund war üppig und wie zum Lachen geschaffen. Jetzt stand allerdings keine Fröhlichkeit in seinem Gesicht, sondern nur eine gewisse Anspannung, als wäre er sich nicht sicher, ob er hier willkommen war.
An seiner Seite war eine sehr attraktive Frau, mit schwarzem Haar und, wie Lew schon erwähnt hatte, einem kantigen und energischen Kinn. Zwei Kinder standen neben ihr. Der Junge, der wie etwa dreizehn aussah, hatte graue Augen, die sofort interessiert und bewundernd zu Alanna hinüberwanderten. Das Mädchen, es mochte neun oder zehn Jahre alt sein, wirkte ein wenig schüchtern in Gegenwart so vieler Fremder. Lew hatte Recht – die kleine sah wie eine Aldaran aus und hätte leicht für eine Tochter Margueridas oder Giselas gehalten werden können.
Sie alle waren nach der Mode der Föderation gekleidet, was Mikhail überspannt und exotisch vorkam. Terese, das Mädchen, trug einen kurzen Rock aus irgendeinem glänze nden Stoff, und
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