Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Klingelschild neben der Tür im zweiten Stock kann man noch ›Bikauski‹ lesen, die Tür steht offen, nackte Glühbirnen hängen von der Decke, die Bude ist bis auf eine Matratze am Boden des Wohnzimmers komplett leergeräumt. Die perfekte Junkie-Bude, wenn Sie mich fragen. Die Spülung geht und Big J. schiebt seinen Kugelbauch gerade aus dem Badezimmer, als Martin und ich die Alte auf die Matratze gleiten lassen. Martin beugt sich zu ihr runter und streicht ihr die blutverkrusteten Haare aus der Stirn. Inzwischen sieht die Alte wieder echt fertig aus.
Big J. trägt einen seiner affenscheußlichen mintgrünen Anzüge, er hat das Telefonbuch untergeklemmt, macht sich den Reißverschluss zu und ist stinksauer, als er Martin entdeckt.
»Wer ist das? Wer ist dieser Typ? Und wer ist diese Frau, Jason, kannst du mir das sagen?«
»Na klar kann ich das! Das ist Martin und seine fertige Alte, und der Typ hier ist Big J., Martin. Fertige Alte: Big J. Big J.: fertige Alte. So, Höflichkeiten wären ausgetauscht, zufrieden?«
Big J. schnaubt.
»Das meine ich nicht, Jason! Wieso bringst du jemanden mit? Das ist gegen die Abmachung!«
Big J. braucht seine Droge wie die Wüste den Regen, das sieht ein Blinder mit ’nem Krückstock. Er schwitzt, und sein krebsrotes Gesicht hebt sich krass von seinem mintgrünen Anzug und der kalkweißen Wand ab. Aber da ich selber einen ziemlichen Scheißtag hinter mir habe und Big J. immer noch wissen sollte, wie man sich gegenüber dem Dealer seines Vertrauens benimmt, haue ich ihm erst mal eine runter. Er zuckt zusammen und starrt mich fassungslos an.
»Jason, du …«
»Halt die Klappe, Big J. oder willst du hier einen auf großer Immobilienhai machen, Mr. Jacob Sullivan?«
»Sag meinen Namen nicht, Jason, verdammt, du sollst.…«
»Und du sollst die Klappe halten, Big J.! Gib mir die Schlüssel zu der Bude und zwar schnell!«
»Aber ich …«
»Fresse halten«, zische ich. »Oder hast du etwa Kohle, um deine Schulden bei mir zu bezahlen?«
Big J. schweigt. Ich reiße ihm das Telefonbuch aus der Hand, immerhin daran hat der aufgeblasene Schwachkopf gedacht.
»Keine Kohle, hm? Und trotzdem willst du weiter Kredit bei mir haben, oder? Oder?«
Big J. schweigt weiter, weswegen ich ihm gleich noch mal eine klatsche. Martin steht auf und hebt die Hand.
»Lass ihn doch, Jason, er …«
Zack! Hat Martin auch eine geballert bekommen. Er glotzt mich an, wie ein Kälbchen, das gerade auf den Viehtransporter verladen wird.
»Ihr haltet jetzt alle die Klappe, ihr Arschlöcher! Kapiert?«
Die Langweiler halten die Klappe. Gut.
»Du«, dabei deute ich auf Big J., »gibst mir jetzt den Schlüssel zu dieser Bude. Dann verpisst du dich und sagst keinem Arsch, dass wir hier sind. Kapiert?«
Big J. nickt, also sehe ich davon ab, ihm noch eine zu klatschen.
»Und du«, dabei deute ich auf Martin, das Kälbchen, »du gehst runter und wartest mit laufendem Motor in der Dreckskarre auf mich, kapiert? Such Barretts Adresse raus!«
Ich drücke ihm das Telefonbuch in die Hand, und das Kälbchen nickt. Er dreht sich um und geht aus der Bude, doch dann kommt er noch mal zurück. Er kniet sich zu der fertigen Alten runter und gibt ihr einen Kuss auf die verkrusteten Lippen. Süß. Aber die Alte ist definitiv zu fertig und hat’s bestimmt nicht mitbekommen. Auch nicht, dass Martin ihr noch irgendeinen Stuss ins Ohr flüstert.
Als er endlich geht, öffnet die Alte noch mal die Augen, und wieder denke ich: ›Jesus! Was für Pupillen!‹
Big J. sieht es auch, und er schluckt und macht einen Schritt zurück.
»Jason, diese Frau, sie …«
»Ich hab keine Zeit für diesen Scheiß, Big J.! Machen wir jetzt einen Deal oder nicht?«
Big J. nickt. Wir gehen in die Küche rüber, und ich wiege ihm zehn Gramm ab. Dann ziehen wir zusammen eine Line, das gehört sich schließlich. Das bin ich meiner Kundschaft einfach schuldig. Damit Big J. mich nicht vergisst, weil wir uns vermutlich eine Zeitlang nicht sehen, klatsche ich ihm zum Abschied noch eine. Aber nicht zu stark.
Bin ja schließlich vernünftig.
Martin sitzt mit zitternden Händen unten im Mitsubishi und hat die Seite mit Dr. Barretts Adresse aus dem Telefonbuch rausgerissen.
»Nashekee Drive 114«, haucht er, »das ist gleich um die Ecke vom ›Kennedy Medical Center‹.«
Martin hat Angst, das ist nicht zu übersehen. Er scheißt sich fast ein. Ich überlege kurz, ob ich ihm etwas Koks anbiete, denn wenn jemals jemand Koks gebraucht hat,
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