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Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost , Ivar Leon Menger , John Beckmann , Raimon Weber , Hendrik Buchna , Christoph Zachariae
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zu schleichen, um so meinen Aufzug betreten zu können. Eigentlich hätte das nie passieren dürfen, aber an jenem Tag war der Besucherandrang ungewöhnlich stark. Ein Fehler der Reiselogistik, wie ich später erfuhr. Ich weiß nicht, was den Jungen antrieb. Vielleicht war es eine Mutprobe. Jedenfalls stieg er nicht mit den Touristen aus, sondern, kaum dass der letzte den Aufzug verlassen hatte, drückte er auf den Knopf zum obersten Stockwerk des Hudson Towers.
    Die 56. Etage!
    Der Lift benötigte nur Sekunden. Ehe ich reagieren konnte, öffnete sich schon die Tür. Der Junge, er war vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahre alt, schnitt mir eine Grimasse. Ich glaube, er wollte noch nicht einmal aussteigen. Er hatte sein Ziel, den höchsten Punkt der Stadt, erreicht.
    Zwei Hünen vom Sicherheitspersonal zerrten ihn aus dem Aufzug. »Was haben wir denn da für einen Frischling!«, grinste einer von ihnen. Der Junge grinste zurück.
    ›Was soll mir schon passieren?‹, wird er gedacht haben. Aber er sollte sich furchtbar täuschen.
    »Frischling!«, wiederholte der zweite Hüne und platzierte seine Faust mit der Kraft einer Dampframme im Gesicht des Jungen.
    Ich kann mich noch genau an das Geräusch der splitternden Wangenknochen erinnern. Sofort schoss das Blut in einem roten Strahl aus der Nase. Der Junge gurgelte wie ein Ertrinkender.
    Ich schrie: »Er ist doch noch ein Kind!« und »Es war meine Schuld! Ich hätte besser aufpassen müssen!«
    Sie reagierten nicht. Der Junge ging in die Knie, erhielt einen Schlag ins Genick, kippte vornüber und dann ... dann traten sie ihn einfach tot. Mit ihren auf Hochglanz polierten Designerschuhen.
    Ich machte einen Versuch, sie zu bremsen, aber sie schubsten mich wie einen lästigen Schoßhund zur Seite.
    »Frischling! Frischling!«, brüllten sie bei jedem Tritt, als sei das ein Witz, dessen Pointe nur sie kannten.
    Irgendwann war der Junge nur noch ein Bündel totes Fleisch.
    Die Männer sahen mich, schüttelten beinahe synchron ihre Köpfe und sagten in bester Stimmung: »Kip, Kip, du musst wirklich ein bisschen besser aufpassen.«
    Sie stießen den Leichnam noch einmal mit ihren blutigen Schuhspitzen an. »Der geht auf dein Konto! Also musst du ihn auch entsorgen.«
    Das war meine Strafe. Und danach sollte es für mich noch weitere Entsorgungen von Paketen, wie sie es im Hudson Tower nennen, geben.

    Ich spüre, wie mir eine Träne über die Wange läuft. Zum Glück sieht es keiner. Bis auf Maria hinter ihrem Schreibtisch ist das Foyer menschenleer. Die Träne ist der Beweis. Dr. Barretts Medikament verliert an Wirkung. Ich kann eigentlich gar nicht weinen.
    »Kip!«, höre ich Maria rufen. »Kommen Sie doch mal her! Es ist wichtig!«
    Und Kip, der brave Köter, trottet zu ihr rüber.
    Auf jedem ihrer sechs Monitore ist das Foto eines unscheinbaren jungen Mannes mit Brille zu sehen. Ein Laufband am unteren Bildschirmrand verrät uns seinen Namen: Martin Prey, ehemaliger Leiter der Stadtbibliothek. Er wird gesucht wegen System-Bedrohung.
    Maria fährt sich mit der Zunge über die Lippen. »Es gibt eine hübsche Belohnung, wenn man ihn meldet.«
    »Er wird wohl kaum ausgerechnet hierher kommen«, sage ich in einem Tonfall, der vermutlich nicht ganz zu dem sonst so höflichen Kip passt, denn Maria zieht verärgert einen Schmollmund.
    Ich muss besser aufpassen. In knapp zwei Wochen kann ich diesen Ort verlassen.
    ›Durchhalten, Daniel!‹

    Die Stunden vergehen, und ich konzentriere mich, wenn ich gerade keine Gäste habe, auf die wunderschöne, von Monet erschaffene Frau auf dem Gemälde. Ich denke mir immer neue Geschichten über ihr Leben aus. Ist sie glücklich? In welchem Verhältnis steht der Junge zu ihr? Es funktioniert als Ablenkung.
    Offiziell ist der Hudson Tower bereits geschlossen. Maria ist längst von einer älteren Kollegin abgewechselt worden. Aber an einigen Orten herrscht noch rege Betriebsamkeit. Vor allem in der Kanzlei ›Macintosh & Partner‹.
    Im Foyer klirrt Glas. Ich spähe aus meinem Aufzug und entdecke Tannen. Er glotzt dämlich auf die Scherben einer Flasche, die er fallen gelassen hat. Tannen hat wieder die junge Blondine im Schlepptau und einen unglaublich fetten Glatzkopf mit freiem Oberkörper, den ich nie zuvor gesehen habe. Ich schätze das Gewicht des Dicken auf 200 Kilo. Dabei ist er höchstens einen Meter siebzig groß. Der Wabbelbauch hängt in einem enormen Wulst über dem Hosenbund. Die Finger gleichen Würsten.
    »Mäusekacke!«,

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