Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
ganz weit hinten, sehr leise … eine weinende Frau.
Mitarbeiter der Stadtverwaltung »Martin Prey? Stadtbibliothek?«
Martin »Am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
Stadtverwaltung »Sie haben uns eine E-Mail geschickt.«
Martin »Richtig. Entschuldigung. Ich habe nicht so schell mit Ihrer Antwort gerechnet.«
Der Mann am anderen Ende hörte nicht zu.
Stadtverwaltung »Die Unterlagen zu ihrem Betreff befinden sich im Stadtgericht. Vorgangsnummer: 34-56-345-C23.«
Den Vorgang gab es. Es war der umfangreichste im Gerichtskeller. Aber er wurde nicht in Regal C23 aufbewahrt. Der Mann log.
Martin »Sie wissen nicht zufällig, wie lange das Gericht die Unterlagen braucht?«
Stadtverwaltung »Das … kann ich nicht sagen.«
Martin »Natürlich nicht. Entschuldigen Sie die Frage. Vielen Dank für Ihren Anruf. Auf Wiederhören.«
Der Mann legte auf. Es dauerte, bis ich den Hörer aus der Hand legen konnte. Zum ersten Mal fiel mir auf, wie still es in der Bibliothek war. Mechanisch stand ich auf und legte Falkners Probedruck auf den Kopierer.
›Irgendwann werde ich die Kopie brauchen‹, dachte ich. ›Irgendwann werde ich die Kopie brauchen.‹
Als ich am Abend in Munjoy Hill die Wohnung betrat, beschlich mich ein mulmiges Gefühl. Aus dem Wohnzimmer näherte sich das Quietschen des Rollstuhls.
Martin »Hi, Mom. Wo ist Camilla?«
Dorothy »Alabama. Ihre Schwester ist gestorben.«
Martin »Ich wusste nicht, dass sie eine Schwester hat. Ist sie nicht auch deine Tochter?«
Dorothy »Nein! Sie hat sich nie um mich gekümmert. Der Anruf kam heute Mittag. Die Trauerfeier ist schon morgen. Die Kerle in Alabama haben’s eilig, ihre Frauen zu verscharren.«
Ich entdeckte meinen Doppelgänger im Spiegel. Warum hatte Camilla nicht angerufen?
Dorothy »Sie ruft an, wenn sie da ist.«
Ich sah Dorothy an. Konnte sie Gedanken lesen?
Dorothy »Was willst du damit?«
Auf dem Tisch neben ihrer rechten Hand lag Falkners ›Porterville Times‹.
Dorothy »Das lag im Flur. Ist dir aus der Tasche gefallen.«
Ich nahm die Seite eilig an mich, faltete sie zusammen und ließ sie verschwinden.
Dorothy »Wo hast du das her? Aus der Bibliothek?«
Martin »Ja.«
Dorothy »Und was willst du damit?«
Martin »Ich will dich nicht mit Archivgeschichten langweilen.«
Dorothy »Ich höre gerne langweilige Geschichten.«
Martin »Na schön. Ich stelle Unterlagen zusammen, für einen Prozess. Eine Erbschaftsstreitigkeit.«
Dorothy »Martin! Ich mache vielleicht nicht den Eindruck, aber hier oben …«
Sie hob ihre faltige Hand und zeigte auf ihre Stirn.
Dorothy »… funktioniert noch alles.«
Ich antwortete nicht.
Dorothy »Also? Was willst du damit?«
Ich überlegte. Warum interessierte Dorothy eine alte Zeitung? Es war mehr als Neugier. Sie wusste etwas. Konnte sie mir helfen? Immerhin hatte ihr Mann in der Stadtverwaltung gearbeitet. Ich beschloss, sie einzuweihen. Ich erzählte, den Zeitungsausschnitt zufällig gefunden zu haben, vom Anruf der Stadtverwaltung und meinem Verdacht: Der Mann am Telefon hatte gelogen. Sarah und Tom verschwieg ich. Dorothy fixierte mich.
Dorothy »Stewart Falkner, das verfluchte Stinktier. Ich würde zu gern wissen, was er noch alles versteckt hat. Kein Wunder, dass er in der Klapse gelandet ist. Du weißt nicht zufällig, wie der Mann von der Stadtverwaltung hieß?«
Martin »Er hat seinen Namen nicht gesagt.«
Dorothy »Die Ablage, die der Mann genannt hat, ist falsch. Aber der Rest stimmt. Der Rechtsstreit existiert.«
Martin »Ich habe am Gericht gearbeitet, Dorothy! Es gab nie einen Gerichtstermin.«
Dorothy musterte mich.
Martin »Irgendwas stimmt da nicht.«
Dorothy »Und? Was willst du jetzt machen?«
Martin »Ich will rausfinden, was dahintersteckt. Warum ist es verboten, über den Darkside Park zu schreiben? Ich will die Wahrheit wissen.«
Dorothy sank in sich zusammen. Wie ein Raubtier, das sich auf den Sprung vorbereitet. Doch sie konnte nicht springen. Sie hatte keine Beine.
Dorothy »Du hättest Politiker werden sollen.«
Ich musste lachen.
Dorothy »Wärst du so nett, mir einen Eistee aus dem Kühlschrank zu holen?«
Ich ging in die Küche, öffnete das weiße Ozonmonster ›Frozen King A plus‹ griff zum Eistee, füllte zwei Gläser und bediente die Eiswürfelmaschine. Dorothy und ich plauderten noch eine Weile, bis ich schlagartig müde wurde. Ich wollte aufstehen, doch meine Beine gehorchten mir nicht. Ich wollte mich bei Dorothy entschuldigen, doch mein
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