Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Mund gehorchte mir nicht. Mein Kopf sackte nach vorn und fiel scheppernd auf den Tisch. Mund und Augen standen offen und glotzen dumm auf die Tischdecke. Dorothy leerte ungerührt ihr Glas und stellte es sorgfältig ab. Dann beugte sie sich nach vorn über die Tischplatte, verlagerte ihr Gewicht auf die Hände, hob die dünnen, seltsam verkümmerten Stümpfe aus dem Rollstuhl und schleifte sie geschickt und überraschend schnell quer über die Tischplatte. Dorothys runzliges Gesicht verzog sich, als es sich meinem näherte.
Dorothy »Die Wahrheit! Verdammter Klugscheißer! Du hast keine Ahnung, was das ist!«
Ich erwachte in vollkommener Dunkelheit. Mein Kopf schmerzte, als wäre ich gegen die Wand gelaufen. Als ich mir klar wurde, dass ich nicht in meinem Bett lag, begann mein Verstand, meine Erinnerung nach verlorenen Puzzleteilen abzusuchen. Nichts passte zusammen. Ich war an einem Ort, den ich nicht kannte. Ein fremder, stockdunkler, totenstiller Ort.
Martin »Hallo?«
Alles war in Watte gepackt. Es war, als hätte ich meine Stimme verloren. Der Raum war schalltot.
Martin »Hört mich jemand? Ist da jemand?«
Keine Antwort. Ich richtete mich auf, stieß mit dem Kopf an und zuckte zurück. Was war das? Es war nicht die Decke. Es war weich. Es war die Wand. Vorsichtig streckte ich die Hand aus. Ich saß unter einer Dachschräge, die mit Stoff gepolstert war. Vorsichtig kroch ich ein Stück nach vorne. Ich hatte direkt auf dem Boden gelegen. Es gab keine Matratze. Eine dünne Decke lag über meinen Beinen. Sie fühlte sich filzartig an. Das gleiche Material wie an der Wand. Feuerfest. Allmählich konnte ich Details erkennen. Die Wand, vor der ich gelegen hatte, wies einen 90-Grad-Winkel zum Boden auf. An ihr waren zwei Objekte aus kühlem Stahl befestigt. Ich betastete sie vorsichtig. Eine Toilette, ein Waschbecken. Es gehörte nicht viel Fantasie dazu, sich den Zweck des Raumes auszumalen. Ich saß in einer Gefängniszelle.
Plötzlich entdeckte ich etwas unter dem Waschbecken. Eine weiche Plastikschüssel. Ich zog sie vorsichtig heraus. Eine Scheibe Brot lag darin. Fassungslos hob ich sie an. Erlaubte sich jemand einen Scherz? Ich dachte fieberhaft nach. Ich hatte mit Dorothy Eistee getrunken. Mein Verstand weigerte sich beharrlich, die Konsequenzen zu akzeptieren. Vorsichtig, eine Hand nach vorn gestreckt, kroch ich in die Dunkelheit hinein. Nach einer halben Ewigkeit, so schien es mir zumindest, konnte ich vor mir etwas erkennen. Matt schimmernder Stahl. Dann ein Umriss. Eine Tür. Sie war mit dem gleichen Stoff gepolstert wie Wände und Boden. Nur Türklinke und Zarge bestanden aus Metall. Ich richtete mich vorsichtig auf und drückte die Klinke nach unten. Die Tür bewegte sich keinen Millimeter. Sie war fest verschlossen. Erschöpft sank ich auf den Boden und versuchte nachzudenken. Das musste ein Missverständnis sein. Eine Verwechslung. Es gab keinen Grund, mich einzusperren. Ich war kein Verbrecher. Ich hatte in meinem ganzen Leben nichts Illegales getan.
Martin »Ich bin unschuldig!«
Plötzlich ertönte das unangenehme Summen einer präzisen, gut geölten Hydraulik. In der Dunkelheit über mir bewegte sich etwas. Vor einem winzigen Dachfenster öffneten sich elektrische Jalousien. Zum ersten Mal sah ich mein Gefängnis wirklich. Ich saß in einer Dachkammer. Zwei Dachschrägen. Zwei gerade Wände. Draußen dämmerte es. War ich den ganzen Tag bewusstlos gewesen? Welcher Tag war heute? Ich zog mich an der Wand nach oben, näherte mich vorsichtig dem Fenster und sah nach draußen.
Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass ich zuhause war. Auf dem Dachboden des Hauses, in dem ich wohnte! Doch von der Existenz dieser Kammer wusste ich nichts. Sie musste gut versteckt im hinteren Teil des Dachbodens liegen. Das Fenster war auf die Dachterrasse des ›Olympic Regent Hotels‹ gerichtet. Sie gehörte zum ›Ambassador‹, einem Restaurant auf dem Dach des Hotels. Ich passierte jeden morgen auf dem Weg zur Arbeit das Straßenschild. Auf der Dachterrasse standen Gäste in Anzügen und Abendkleidern. Ich schlug gegen die Scheibe.
Martin »Hallo? Ich bin hier! Hört ihr mich? Hey! Hier!«
Sie reagierten nicht. Das Panzerglas war zu dick und von außen verspiegelt. Niemand konnte mich sehen, niemand konnte mich hören.
Martin »Ich will hier raus! Verdammt!«
Keine Reaktion. Kein Geräusch. Nur Stille. Und die Spiegelfolie raubte der Welt die Farbe. Die Gästegruppe auf der Dachterrasse stieß mit
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