Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
Sie Plastik- oder Papiertüten für ihren Einkauf, Sir?«
Martin »Beides.«
Sie sah mich an. Ich grinste. Sie wurde rot. Camilla sah Männern nie in die Augen. Ich hatte sie überlistet. Von diesem Tag an stellte ich mich immer an ihre Kasse. Es war romantisch. Irgendwann gingen wir aus. Wir setzten uns vor ein Eiscafé in die Sonne. Nach einer Weile ließ Camilla ihr Eis sinken.
Camilla »Ich muss dir jemanden vorstellen.«
Martin »Wen denn?«
Camilla »Dorothy.«
Martin »Dorothy? Wer ist Dorothy?«
Camilla »Meine Mutter.«
Ich musste schlucken.
Martin »Denkst du nicht, dass es zu früh ist, deine Mutter zu treffen?«
Sie schüttelte den Kopf.
Camilla »Meine Mutter sitzt im Rollstuhl. Mich gibt es nicht ohne sie.«
Ich nickte und schwieg.
Die Begegnung verlief überraschend angenehm. Dorothy war, im Gegensatz zu Camilla, eine unterhaltsame Gastgeberin. Sie war belesen, selbstironisch und wunderbar vulgär, wenn man es am wenigsten erwartete. Ich war kurz davor, mich zu verabschieden, als Dorothy Camilla in die Küche schickte.
Dorothy »Verdammter Glückpilz. Und?«
Sie versetzte mir einen Stoß in die Rippen. Eine Geste, die ich von einem Bauarbeiter erwartet hätte, nicht von einer 70-Jährigen im Rollstuhl.
Dorothy »Habt ihr’s schon getan?«
Martin »Was meinen Sie?«
Dorothy »Beleidige nicht meine Intelligenz, Martin.«
Dorothy grinste schmutzig.
Dorothy »Den Arsch lässt du dir doch nicht entgehen, oder?«
Erneut ein erstaunlich kraftvoller Stoß. Ich wich instinktiv aus und hoffte, dass Camilla sie nicht gehört hatte.
Dorothy »Gut, die Sommersprossen … wenn sie zwei Minuten in der Sonne liegt, sieht sie aus wie’n Streuselkuchen. Da kann man nichts machen.«
Ich musste grinsen. Camilla hatte wirklich überall Sommersprossen. Besonders auf dem Rücken und den Innenseiten ihrer Oberschenkel.
Dorothy »Ich weiß, dass du meine Tochter vögelst, Martin Prey.«
Die Alte hatte mich in die Falle gelockt.
Dorothy »So was kann ich riechen.«
Es war plötzlich sehr dunkel im Wohnzimmer.
Dorothy »Du wirst sie heiraten. Um dir die Entscheidung zu erleichtern, mache ich dir ein Angebot. Du arbeitest doch im Gerichtskeller, im Archiv, oder?«
Ihre Frage war keine. Camilla musste es ihr erzählt haben.
Dorothy »Mein Mann hat bei der Stadtverwaltung gearbeitet, bis er vor zwei Jahren gestorben ist. Wenn du Camilla heiratest, werde ich mich für dich einsetzen. Du wirst nie wieder Akten stapeln müssen.«
Ich war irritiert. Versuchte die Alte, mich mit Camilla zu verkuppeln?
Martin »Misses Bates …«
Dorothy »Nenn mich Dorothy!«
Martin »Dorothy. Ich bin sicher, Camilla möchte auch etwas dazu sagen.«
Dorothy »Red keinen Müll, Prey.«
Sie unterbrach mich barsch, rollte mir auf die Füße und beugte sich vor. Ihr fauliger Atem schlug mir entgegen.
Dorothy »Ich treffe die Entscheidungen. Du bist eine gute Partie. Du wirst es nämlich weit bringen.«
Ich war sprachlos.
Dorothy »Also? Willst du Akten stapeln oder meine Tochter vögeln?«
Ich zögerte.
Dorothy »Das Angebot gilt eine Woche.«
Sie lehnte sich zurück. Ich stand auf und ging. Auf der Straße fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, mich von Camilla zu verabschieden.
Nach einem halben Jahr war das Feuer zwischen mir und Camilla erloschen. Genau genommen kurz nachdem ich eingezogen war. Dorothys Zimmer lagen am anderen Ende der Wohnung. Drei Türen und etwa zwanzig Meter Flur trennten uns. Doch ich konnte nicht vergessen, dass sie da war. In derselben Wohnung. Camilla und ich waren wie ein junges Paar, das sich nur noch über das Kind unterhielt. Nur dass unser Kind 70 Jahre alt war.
Eine Woche vor ihrem offiziellen Arbeitsbeginn stand Sarah plötzlich in der Bibliothek. Sie war nervös und behauptete, ihr Freund Tom wäre verschwunden. Obdachlose hätten ihn entführt.
Ich war irritiert, wusste nicht, wie ich ihr helfen sollte, und riet ihr von unüberlegten Aktionen ab. Plötzlich sprang sie auf und rannte weg. Für mich war die Sache erledigt. Ich ging fest davon aus, dass es sich um ein Missverständnis handelte und Tom wieder auftauchen würde. Dem war jedoch nicht so. Zwei Stunden später war Sarah zurück und behauptete, dass die Obdachlosen jetzt sie verfolgen würden. Ihre Angst war echt. Was war passiert? War sie paranoid geworden? Ich brachte die verstörte Frau in mein Arbeitszimmer. Kaum hatte ich die Tür hinter uns geschlossen, warf sie sich mir um den Hals und begann zu weinen.
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