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Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost , Ivar Leon Menger , John Beckmann , Raimon Weber , Hendrik Buchna , Christoph Zachariae
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unterbringen konnte. Meine Mutter war vor einem Jahr an einem Schlaganfall gestorben. Mein Vater wurde nach ihrem Tod immer fahriger. Ein blasses Abbild seiner einstigen Persönlichkeit. Vor drei Monaten war er bei klarem Wetter in einer Kurve in Vermont einfach geradeaus gefahren. Er landete mit seinem Firmenwagen in einem See und ertrank. Bei allem Streben nach Sicherheit hatte er es versäumt, schwimmen zu lernen.
    Und Jerrys Mutter … die ist zwei Jahre nach seiner Geburt aus unserer gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Sie litt an Borderline-Schizophrenie. Ein Aspekt dieser psychischen Erkrankung wird von den Fachleuten als Störung der zwischenmenschlichen Beziehungen mit stark schwankenden Verhaltensweisen bezeichnet. Dahinter verbirgt sich die Hölle.
    Jedenfalls bekam ich das Sorgerecht für Jerry zugesprochen. Mit meinem Beruf ließ sich das ganz gut vereinbaren. Ich schrieb für ein New Yorker Stadtmagazin. Mein Ressort war der Kulturteil. Die meiste Arbeit konnte ich zu Hause am Computer erledigen. Ich nahm Jerry einfach überall hin mit. Das war völlig unproblematisch. Er genoss es sogar. Deshalb begleitete er mich auch nach Porterville. Außerdem akzeptierte er eine Babysitterin, ganz gleich wie sehr sie sich mit Vorlesen oder Handpuppenspiel bemühte, nie länger als ein paar Stunden.
    ›Nashekee Street‹ las ich auf einem Schild. Ich war richtig. Das fünfte Haus auf der rechten Seite. Ein Blick in den Innenspiegel zeigte mir, dass Jerry wach geworden war und die fremde Stadt mit großen Augen bestaunte.
    »Sind wir da?«, fragte er. »Wohnt hier Tom?«
    Ich parkte am Straßenrand. Jerry befreite sich geschickt aus dem komplizierten Gurtsystem seines Kindersitzes, einem Geschenk meines Vaters, dem Fachmann für Sicherheitsfragen.
    Wir stiegen aus und atmeten zum ersten Mal die Luft von Porterville. Ich vermisste augenblicklich das Schrillen der Polizeisirenen. In New York waren sie allgegenwärtig. Jerry deutete erschrocken auf die tiefen Kratzer im Lack des Wagens.
    »Das kann man reparieren«, erwiderte ich in einem möglichst beiläufigen Tonfall.
    Ich suchte die winzigen Namensschilder neben den Klingelknöpfen ab. Jerry stellte sich auf die Zehenspitzen und tat so, als könnte er lesen. Es existierten acht Wohnungen, aber nur sechs Namensschilder und auf keinem entdeckte ich Toms oder Sarahs Nachnamen: Lennox und Freeman. Im Treppenhaus roch es intensiv nach Desinfektionsmitteln. Es gab keinen Aufzug, aber den hätte ich ohnehin gemieden. Die Wohnung meiner Freunde befand sich im Dachgeschoss. Ich war nach dem Aufstieg ziemlich außer Atem. Jerry schien die Anstrengung nichts auszumachen. Er tastete mit seinen Fingern über die bunten Glasverzierungen der Wohnungstür. Im Dachgeschoss gab es nur diese eine Wohnung. Ich betätigte den bronzenen Türklopfer. Der Laut hallte durch den Flur, brach sich an den hohen Wänden und musste, im ganzen Gebäude zu hören sein. Mir kam es vor, als hätte ich das Haus geweckt. Ein Gedanke, der mir augenblicklich unangenehm war. Alles blieb still. Selbst von der Straße drang nicht der geringste Laut.
    »Die hören uns nicht«, sagte Jerry und griff nach der Klinke. Ich wollte ihn davon abhalten, aber da schwang die Tür bereits nach innen.
    »Hallo!«, rief er. »Hier ist Jerry!«
    Die Wohnung antwortete. Tief aus ihren Eingeweiden drang ein Ächzen. Nicht laut, aber deutlich vernehmbar. Ich spürte, wie sich die winzigen Härchen auf meinen Unterarmen aufrichteten.
    »Haben die ein böses Tier?«, fragte Jerry leise und nahm meine Hand.
    »Warte hier auf mich.«
    Jerry schüttelte energisch den Kopf und umklammerte meine Hand fester. Vor mir herrschte ein diffuses Halbdunkel, das nicht ausreichte, um den Dingen Farbe zu verleihen. Die Welt vor meinen Augen beschränkte sich auf Schwarz und Grautöne, aber dennoch erkannte ich sofort, dass die Wohnung leer war. Sämtliche Möbel waren entfernt worden.
    Das Geräusch wiederholte sich nicht. Ich konnte es mir nicht eingebildet haben, denn Jerry hatte es auch gehört. Mit meinem Sohn an der Hand trat ich in einen großen Raum. Dunkle Vorhänge hingen vor den Fenstern. Ich zog sie zur Seite, und Sonnenlicht flutete das Zimmer.
    »Da!«, machte Jerry und zerrte an meiner Jacke. Er deutete auf vier rot-weiß gestreifte Strümpfe, die in Reih und Glied über einem Kamin hingen. Bereit, um von Santa Claus gefüllt zu werden. Bis dahin würde allerdings noch geraume Zeit vergehen. Sollte ich etwa in der falschen Wohnung

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