Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
sein? Aber Sarah hatte mir genau diese Adresse durchgegeben. Ich kam mir plötzlich wie ein Eindringling vor. Hier konnte nur eine Verwechslung vorliegen.
»Gehen wir wieder?«, drängte Jerry.
Plötzlich kam mir eine Idee.
Bevor Sarah mit meinem Freund Tom nach Porterville gezogen war, hatten wir uns einige Male in ihrem winzigen New Yorker Apartment getroffen. Bei meinem ersten Besuch zeigte sie mir einen Vierteldollar, den sie auf dem oberen Vorsprung des Küchentürrahmens, und somit unsichtbar für alle Besucher, mit doppelseitigem Klebeband befestigt hatte. Die Münze war ein Glücksbringer, den Sarah beim Einzug in das Apartment von ihrer Großmutter erhalten hatte. Er wurde seit Generationen weitervererbt. Sarah hatte bei der Erläuterung gelacht, aber betont, sie könnte es nicht übers Herz bringen, diese Familientradition zu durchbrechen.
Die Küche befand sich unmittelbar neben dem Kaminzimmer. Ich schaltete das Licht ein. Die Küche war komplett und hochmodern eingerichtet, aber es gab keine Anzeichen, dass sie in der letzten Zeit benutzt worden war. Jerry sah mir verwundert dabei zu, wie ich den schmalen Sims über der Tür abtastete.
Die Münze! Da war sie!
Mit einem Ruck löste ich sie mitsamt dem Klebeband vom Holz. Ungläubig betrachtete ich den Vierteldollar.
Es gab keinen Zweifel! Sarah hatte hier mit Tom gewohnt. Wo waren sie jetzt? Warum hatten die beiden mir nicht Bescheid gegeben? Und war es möglich, dass Sarah ihren Glücksbringer einfach vergessen hatte? Ich wünschte mir, dass es dafür eine ganz einfache Erklärung gab.
Das animalische Ächzen wiederholte sich. In unmittelbarer Nähe.
Jerry stieß einen unterdrückten Schrei aus und klammerte sich an mir fest.
»Es kam … da … da … aus dem Ding«, stammelte er.
Mit großen Augen starrte er einen monströsen Kühlschrank an. Das Gerät war groß genug, um darin Schweinehälften zu lagern.
Ich lauschte. Alles blieb still. Aber das unheimliche Geräusch, dieses Ächzen, das so geklungen hatte, als käme es aus der Kehle eines mir unbekannten … gefährlichen Wesens, hatte seinen Ursprung hinter der geschlossenen Tür des Kühlschranks. Ich war von Natur aus ein neugieriger Mensch, aber dieses Ding wollte ich nicht zu Gesicht bekommen. Auf gar keinen Fall mit Jerry an meiner Seite. Doch die Entscheidung wurde mir abgenommen.
Der Kühlschrank öffnete sich. Ganz langsam. Zentimeter um Zentimeter. Ich glaubte, in dem breiter werdenden Spalt Bewegung ausmachen zu können. Ich nahm Jerry auf den Arm und wollte mit meinem Jungen nur noch hier raus.
»Hey! Was machen Sie hier?« Ein Mann stellte sich mir im Wohnungsflur in den Weg. Hinter ihm bauten sich zwei athletische Kerle in dunklen Anzügen auf, die mich über seine Schulter hinweg mit finsterer Miene anstarrten.
»Ich suche meine Freunde. Tom Lennox und Sarah Freeman.«
Der Mann verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Im Gegensatz zu seinen Begleitern war er untersetzt und trug eine mintgrüne Jacke mit einer gleichfarbigen Weste, die sich über seinem Kugelbauch spannte.
»Gibt’s hier nicht!«, bellte mich der Dicke an.
In der Küche schloss sich die Kühlschranktür mit einem leisen Plop.
»Sie sind hier widerrechtlich eingedrungen!« Mr. Mintgrün trat einen Schritt auf mich zu. Seine Begleiter folgten ihm mit einer absolut synchronen Bewegung. Ich ließ Jerry zu Boden und kramte einen Zettel aus der Jackentasche.
»Hier steht die Adresse. Hat Sarah Freeman mir telefonisch durchgegeben.«
Der Dicke ignorierte die Notiz.
»Hören Sie«, begann er und Speicheltropfen trafen mein Gesicht. »Die Wohnung steht seit fast einem Jahr leer. Ich muss das wissen. Ich bin der verantwortliche Immobilienmakler.«
»Ich verstehe das alles nicht«, erwiderte ich. »Ich mache mir ernsthafte Sorgen um meine Freunde, Mister! Sie scheinen wie vom Erdboden verschluckt.« Ich überlegte, ob ich ihm den Vierteldollar zeigen sollte, entschied mich aber dagegen. Der Glücksbringer war nach seiner Ansicht vermutlich ebenso wenig ein Beweis für meine Geschichte wie der Zettel mit der Adresse. Der Makler sah mir intensiv in die Augen. Er streckte die Hand nach Jerry aus, als wollte er ihm über den Kopf streicheln. Jerry wich zurück und versteckte sich hinter meinem Rücken.
»Ich wollte Ihren Jungen nicht erschrecken«, sagte der Dicke. »Ein Einbrecher würde sich wohl kaum von seinem kleinen Sohn begleiten lassen.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich bin wohl ein wenig gestresst.
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