Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
»Klingt wie der Captain aus der zweiten Star-Trek -Serie.«
»Mein Name ist nicht Jean-Luc, junge Dame«, informierte eine kühle, kultivierte Stimme sie. Sie gehörte einem Mann, der aus dem Laden trat. »Ich bin jedoch leider genauso kahlköpfig und langweilig. Sagen Sie, belästigt der Vampir auf Ihrem Sozius Sie irgendwie?«
Nick grinste. »Nicht wirklich.«
»Dann seien Sie froh.« Er deutete mit eleganter Geste zur Sonne. »Tageslicht lässt sie nicht zu Asche zerfallen, aber sie werden zu verdammten Kleinkindern und quengeln über brennende Augen und schmerzende Glieder und so weiter.«
Gabriel stieg vom Motorrad und umarmte den kleinen, dünnen, kahlköpfigen Mann.
»Croft, es ist schon viel zu lange her, dass ich deine Beleidigungen hören durfte.« Gabriel küsste ihn auf beide Wangen, bevor er sich zu Nick umwandte. »Das ist Nicola Jefferson. Nicola, obwohl er dich etwas anderes glauben machen will, ist dies mein sehr guter Freund Croft Pickard.«
Pickard nahm Nicks Hand zwischen seine beiden, bevor er auf den Laden deutete. »Ihr geht besser rein, bevor irgendein religiöser Fanatiker mit einer Hellebarde oder so was auf euch losgeht.«
Nick wusste sofort, als sie unter der klingenden Glocke unter der Glastür hindurchging, dass sie einen besonderen Ort betrat. Der Duft von altem Papier und Leder kitzelte sie in der Nase, aber auch noch ein anderer Duft: etwas wie Minze und Schokolade.
Crofts Laden, beschloss sie, trug den perfekten Namen. Mit eleganten Schnitzereien verzierte, freistehende Bücherregale waren randvoll gefüllt mit alten Büchern. Die meisten waren in Leder gebunden und zeigten ihre Titel noch in blassen Goldprägungen auf dem Buchrücken. Einige lagen offen in Glasvitrinen, wie Torten, während andere mit cremefarbenen oder goldenen Schleifen zu Bündeln aus drei oder vier Büchern zusammengebunden waren.
Wertvolle, wunderschöne Dinge mussten beschützt werden. Dieser Gedanke ließ Nicola endgültig ihre Entscheidung treffen.
Eine funkelnde Kristallschale bot Kunden eingewickelte Schweizer Schokolade an, und eine echte Minzpflanze stand in einer Ecke in einem Kupfertopf. Nick beugte sich darüber und atmete den Duft ein. Minze und Schokolade, zwei Dinge, die sie ehrlich vermisste.
»Ich hasse es, das zu sagen, aber von allen Kyn, die ich kenne«, sagte Croft, während er die Rollos herunterließ und die Tür abschloss, »wärst du der letzte gewesen, den ich hier im Laden erwartet hätte.«
»Die Kyn glauben, ich sei tot.«
»Sie schickten vor mehr als einem Jahr eine Nachricht. Wir haben eine sehr hübsche Gedenkveranstaltung im Club abgehalten.« Croft stellte den elektrischen Wasserkocher an. »Ich weiß, du kannst das Zeug nicht vertragen, aber deine charmante Begleiterin scheint mir eine Tasse Tee bitter nötig zu haben.«
Das war ihr Stichwort.
»Ich kann nicht bleiben.« Nick vergrub die Hände in den Taschen und zwang sich zu lächeln. »Ich muss noch was erledigen. Gabriel, ich komme in einer Stunde zurück und hole dich ab.«
Croft hörte auf, Teeblätter in den Keramikbecher in seiner Hand zu löffeln. »Aber Sie müssen doch sicher nicht gehen.«
»Sie beide haben bestimmt viel zu besprechen. Übrigens haben die ihn geblendet«, sagte sie und nickte zu Gabriel hinüber, »also lassen Sie ihn nicht raus auf die Straße laufen, okay?«
»Himmel, nein.« Der Buchladenbesitzer sah entsetzt aus. »Völlig blind?«
»Ja.« Nick küsste Gabriel auf die Wange und versuchte, es möglichst beiläufig wirken zu lassen. »Bis gleich.«
Sie verließ den Laden, bevor er noch etwas sagen konnte, denn sonst hätte sie ihre Meinung geändert. Weil sie nicht in einer Stunde zurückkommen würde und weil sie ihn niemals wiedersehen würde, drehte sie sich nicht noch mal zu ihm um.
Gabriel war ein Gentleman. Sie war eine Diebin. Sie hatten keine gemeinsame Zukunft.
Wenn Nick bei ihm blieb, dann würde sie vielleicht die heiligen Freaks auf seine Spur führen. Sie würde ihn lieber niemals wiedersehen als wissen, dass sie dabei geholfen hatte, dass sie ihn wieder irgendwo einmauerten und sterben ließen.
Außerdem schuldete sie Gabriel nichts. Im Gegenteil.
Nick fühlte sich ein bisschen besser, als sie auf ihr Motorrad stieg. Sie hatte das Richtige für ihn getan; niemand konnte behaupten, dass es anders war. Sie hatte sich um ihn gekümmert, ihn zu seinem Freund gebracht, und jetzt konnte sie in der Gewissheit fahren, dass es ihm gut gehen würde. Weil er blind war,
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