Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
Stimme um und sah den Grünen Mann an einem hüfthohen Kirschholzschreibtisch sitzen, wo er mit einem weichen Tuch Staub von einer verzierten Statuette wischte.
»Was weißt du schon?«, sagte sie zu ihm. »Deine Haare sind aus Tannennadeln.«
Das stimmt . Er schüttelte das Tuch aus und legte es über die Statuette. Liebst du ihn wirklich, Nicola?
Er sprach über Gabriel. »Das tue ich. Aber ich kann nicht. Ich bin nicht gut genug für ihn.«
Du warst gut genug, um ihn zu finden und ihn zu retten und ihm die Wahrheit zu sagen . Er kam um den Tisch herum und ging auf sie zu. Sein Körper war mit grünen Narben marmoriert, und als ihr Blick nach oben wanderte, sah sie blond gesträhntes braunes Haar statt Tannenadeln und Gabriels grüne Augen, die sie fixierten. Es ist Zeit. Du weißt, was du jetzt tun musst.
»Ich kann nicht.«
Die Schatten um die Wahrheit sind es, die euch trennen. Sag es ihm . Eine von seinen/Gabriels Händen hob sich zu einem Kronleuchter, der ein hängender Wasserfall aus funkelndem Kristall war. Zeig es ihm. Vertrau meiner Liebe .
Die Dimensionen veränderten sich. Die hohe Decke senkte sich, und die Gänge wurden schmaler. Entweder hatte Nick einen sehr späten Wachstumsschub, oder die Antiquitätenwelt fing an zu schrumpfen.
Zumindest wusste sie jetzt, dass es ein Traum war, und konnte aufwachen. Und sie versuchte es, aber das Nachtland wollte sie nicht gehen lassen.
Ich kann nicht länger in der Dunkelheit leben . Er sprach so leise, dass sie ihn kaum noch hören konnte. Bring mich ins Licht. Sei dort mit mir zusammen. Lass mich dich sehen, wie du bist .
»Du bist – er ist – blind. Ich kann nicht.« Nick drehte sich um, suchte nach einem Ausgang. Es gab keinen. Eine Kanne und eine Schüssel aus Porzellan stießen gegen ihre Hüfte, fielen um und zerbrachen. Wenn sie hierblieb, würde sie als Sardine enden. »Wie komme ich hier raus?«
Du kennst den Weg.
Nick duckte sich, um nicht mit dem Kopf an die Decke zu stoßen, und dann ließ etwas den Laden aufbrechen wie eine Eierschale. Der ganze Raum verschwand, als sie sich aufsetzte, allein im Bett.
»Gabriel?«
Nick rollte sich aus dem Bett und ging durch das Zimmer. Im Türrahmen blieb sie stehen. Gabriel saß mit ihrer Laterne auf dem Boden und hielt eines der alten Bücher in den Händen.
Er blickte auf, und sie sah, dass der merkwürdige grüne Glanz aus seinen Augen verschwunden war. Als sie ihr Gewicht verlagerte, folgte er ihren Bewegungen.
Blinde Augen bewegten sich nicht so.
»Du kannst sehen.« Er nickte, und ein schweres, unsichtbares Gewicht, von dem sie nicht gewusst hatte, dass es auf ihren Schultern lastete, fiel von ihr ab. Es wurde sofort von einem zweimal so schweren ersetzt. »Wann ist das passiert?«
»Meine Augen begannen in der Nacht zu heilen, als wir uns zum ersten Mal liebten.« Er schloss das Buch und stellte es ehrfurchtsvoll zur Seite, bevor er aufstand und auf sie herunterblickte. »Dein Haar ist weiß.«
»Ich habe dir doch gesagt, dass es das ist.« Sie berührte es, bevor sie ihm auswich. »Es tut mir leid.«
»Warum hast du mich angelogen und behauptet, du würdest diese Sachen nicht aufbewahren?« Er deutete um sich herum. »Hattest du Angst, dass ich sie dir stehlen würde?«
»Nein. Ich … konnte einfach nicht. Es ist schwer zu erklären.« Sie suchte nach einer plausiblen Ausrede, aber ihr Gehirn funktionierte nicht mehr. »Es tut mir leid.«
»Ich will jetzt die Wahrheit über dich wissen.« Er kam auf sie zu.
Das war es, was der Grüne Mann in dem Traum nicht verstanden hatte, wovor er sie hatte warnen wollen. Aber sie konnte es ihm nicht sagen, konnte es niemandem sagen. Mit einem Aufschluchzen rannte sie um ihn herum, wich seinen Händen aus und lief durch die Öffnung in der Wand.
Nick wusste nicht, wohin sie rannte, aber ihre Füße taten es. Sie brachten sie durch das Haus und hinaus in den Rosengarten ihrer Mutter. Dort blieb sie vor zwei Stellen auf dem Boden stehen, auf denen sorgfältig gepflegtes grünes Gras stand. Während ihr die Tränen über die Wangen liefen, flogen Hunderte von Schmetterlingen aus den Blumen und Hecken in der Nähe auf. Nick stand ganz still, weil sie sie nicht mit einer unvorsichtigen Bewegung erschrecken wollte. Sie landeten auf ihren Händen und Armen, Märchenwesen in allen Farben des Regenbogens, die sie mit ihren Flügeln bedeckten.
Die Schmetterlinge flogen davon, als sich Gabriel neben sie stellte. »Hab keine Angst vor mir, Nicola. Ich
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