Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
Sie meinem Lord helfen.«
Alex schnaubte verächtlich.
»Richard verliert wirklich den Kampf gegen seinen Körper, Alexandra.« Eliane bückte sich und hob die Stücke des zerbrochenen Rahmens vom Boden auf. »Jeden Tag driftet sein Verstand weiter in den Wahnsinn ab. Jede Nacht habe ich Angst, dass er wieder die Kontrolle verliert. Beim letzten Mal hat er das medizinische Labor zerstört und zwanzig Menschen getötet. Es waren gute Männer, ihm treu ergeben und loyal.«
Das einzig fragwürdige Verhalten, das Alex am Highlord bemerkt hatte, war eine gewisse Verärgerung gewesen, und die hatte sie selbst provoziert.
»Richards mörderische Raserei ist nicht mein Problem«, betonte sie. »Ich habe nicht darum gebeten, entführt zu werden. Ich habe kein Heilmittel. Ich glaube auch nicht, dass ich eines entwickeln werde, und ich werde auch kein Stockholm-Syndrom bekommen. Warum versteht das hier keiner?«
»Sie haben die Verachtung, die Sie für meinen Lord empfinden, mehr als deutlich gemacht.« Eliane trug die Teile des zerbrochenen Rahmens zum Fenster und warf sie durch die Eisenstäbe nach draußen. »Wenn Sie ihn damit zu beschämen hoffen, dann sollten Sie wissen, dass Ihr Trotz ihn nicht im Mindesten beeindruckt. Kaum etwas schafft das jetzt noch, glaube ich.«
»Sie wollen nicht, dass ich hier bin. Ich werde ihm nicht helfen. Also warum helfen Sie mir dann nicht, hier rauszukommen?«, fragte Alex. »Richard muss es nicht erfahren. Ich werde Michael nicht verraten, dass Sie es waren.« Sie hob drei Finger. »Großes Pfadfinderehrenwort.«
»Ich bin keine Pfadfinderin.« Glattes goldenes Haar glänzte im Licht, als sich Eliane aufrichtete. »Aber Sie können Richard helfen. Sie haben Michael ein neues Gesicht gegeben. Sie haben das Wissen. Es wäre ein Leichtes für Sie.«
»Sie haben zu viel Emergency Room geguckt.« Als die andere Frau die Stirn runzelte, fügte sie hinzu: »Richard mutiert zu etwas, das ich nicht mal für möglich gehalten, geschweige denn als Mensch oder Kyn schon mal behandelt hätte. Ich kann ihn nicht intubieren, mal schnell einen Assistenzarzt verführen und den Tag retten, bevor der Abspann läuft. Ich bin eine plastische Chirurgin, nicht George Clooney.«
»Sie haben ihn noch nicht mal untersucht.«
Natürlich hatte die pampige Blondine recht damit. Richards Schlägertypen hatten sie schon mehrfach nach unten in das Labor gezerrt, aber Alex hatte sich geweigert, auch nur eine Petrischale anzufassen. Als Richard selbst sie mit seiner Stimme gezwungen hatte, sich an die Arbeit zu machen, war sie in der Lage gewesen, ihm so weit zu widerstehen, dass sie ungeschickt mit den Laborutensilien umging und sie fallen ließ, bis er den Wachen befahl, sie aus dem Labor zu führen. Sie hoffte, dass ihr Widerstand noch stärker werden würde, denn wenn sie nicht bald hier rauskam …
»Ich kann das jetzt nicht. Gehen Sie.« Sie begann, auf und ab zu laufen.
»Sie sind die einzige Ärztin, die sich mit den Kyn auskennt«, argumentierte Eliane. »Sie müssen das tun. Es ist Ihre Berufung.«
»Menschen sind meine Berufung, nicht Vampire.« Alex trat gegen ein Stück Holz, das auf dem Boden lag. »Ich stelle verstümmelte Körper wieder her, keine mutierte DNA. Ja, ich war in der Lage, Michael zu operieren und seinen körperlichen Schaden zu beheben. Aber das hier ist nicht einfach eine schlimme Verletzung, Blondie. Ich habe das Wissen und die Erfahrungen nicht. Richard muss – mindestens – von einem Mikrobiologen, einem Genetiker und einem Epidemiologen untersucht werden.« Sie räusperte sich. »Fazit: Selbst wenn ich es wollte, könnte ich ihm nicht helfen.«
»Was ist los?«
»Nichts.« Alex’ Verärgerung wurde zu Hitzewellen, die ihr die Arme hinaufliefen, und zu einem kalten, krampfartigen Hunger, der sich unter ihrem Brustbein sammelte. Ihr Gaumen brannte, was bedeutete, dass sich ihre dents acérées ausfahren und an die Arbeit machen wollten. Bisher war sie in der Lage gewesen, ihr Temperament zu zügeln und das widerliche Verlangen zu unterdrücken, jemanden zu beißen, aber der Drang wurde immer stärker – vor allem, wenn sie mit Menschen zusammen war. »Sie müssen jetzt gehen, bevor ich mich vergesse.«
»Ah«, die Französin zog die Silbe in die Länge. »Sie spüren die Trennung.«
»Gehen Sie endlich.« Sie vergrößerte den Abstand zwischen sich und der Blondine.
»Ich habe es bei anderen gesehen, die von ihrem Lord getrennt waren. Je länger die Trennung andauert,
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