Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
presste eine schlanke Hand an ihre Wange, die Augen weit aufgerissen.
» Je m’excuse «, sagte er leise.
» Il n’y a pas de quoi .« Sie stand auf und deutete auf den Laptop. »Jaus hat den Grundriss geschickt. Ich … ich muss beten gehen.«
Philippe stand wieder auf und machte Marcella Platz, die aus der Suite lief.
»Sie sollten Sie meinem Meister geben«, sagte Leary, und sein Grinsen wurde breiter. »Er mag Frauen, und die, die ich ihm bringe, überleben nicht lange. In einer Woche sind sie aufgegessen.«
Michael wusste, dass Richards veränderter Zustand ihm nicht erlaubte, Menschenblut zu trinken, und kein Kyn aß Fleisch. »Wie das?«
»Es ist die neue Kommunion«, sagte Leary nickend. »Vom verdorbenen Fleisch zu essen und vergiftetes Blut in Wein zu verwandeln. Es wird den Entrückten gegeben, damit sie die Macht und die Herrlichkeit des Herrn kennenlernen. Manchmal darf ich dabei zusehen.«
»Madame hatte recht«, sagte Philippe, und seine Verachtung war offensichtlich. »Er ist ein Schakal.«
Leary sah den Seneschall hochmütig an. »Sie werden meinem Meister niemals dienen.«
»Nein.« Der Gedanke, dass Richard seine Menschen einander zum Fraß vorwarf, ekelte ihn an. »Das werde ich nicht.«
Michael befragte Leary weiter, zwang ihn, ihm zu erzählen, wie oft er nach Dundellan gereist war, wo er sich in der Festung hatte aufhalten dürfen und was er über Richards Wachen und seine Dienerschaft wusste.
»Der Highlord benutzt den Kerker für besondere Dinge«, erklärte Leary ihm. »Einige der Ärzte, die die Neuankömmlinge untersuchen, tun das dort. Alle Zugänge werden bewacht.«
Der Gedanke, dass Alexandra in Richards Kerker festgehalten wurde, ließ Michaels Wut wie eine rote Welle ansteigen, stachelte seinen Zorn weiter an. Er konnte die Befragung von Leary kaum beenden und ihm erlauben, sich wieder seinem Fußballspiel zuzuwenden.
Alexandra . Ihr Name schlug wie ein Echo seines Lebenspulses in seinem Kopf. Ich komme .
Michael fand Philippe auf dem Balkon des Schlafzimmers. Das karge, blasse Mondlicht beschien seine breiten, vernarbten Gesichtszüge.
»Wir werden ihn mitnehmen müssen«, meinte Michael. »Bist du verletzt?«
»Meine Wunden sind bereits verheilt.« Sein Seneschall rieb sich geistesabwesend über die Stelle an seiner Brust, wo der Tisch ihn getroffen hatte. »Vergebt mir, Meister. Ich hatte nicht erwartet, dass Madame Evareaux mich angreift.«
»Es ist ihr Temperament und ihr Talent. Cella kann mit Stein das tun, was Lucan mit Lebewesen macht«, erklärte ihm Michael. »Wut hat sie für einen Moment die Kontrolle verlieren lassen. Es wird nicht wieder passieren.«
»Sie ist bei einem Angriff eine exzellente Waffe.« Sein Seneschall blickte über das Geländer auf die Straße hinunter. »Geht sie wirklich beten?«
»Ja. Sie macht jedes Mal eine Wallfahrt zur St. Paul’s Cathedral, wenn sie in London ist. Sie glaubt immer noch, dass Gott ihr eines Tages enthüllt, wozu er uns erschaffen hat.« Er blickte in die Nacht hinaus und wusste irgendwie, dass Alexandra gerade dasselbe tat. »Zumindest trösten die Gebete sie.«
»Ich habe für Alexandra gebetet.« Philippe schien sich beinahe zu schämen, das zuzugeben. »Sie ist absolut unschuldig. Was immer Gott uns angetan hat, er würde sich doch von ihr nicht abwenden.«
Michael zündete sich eine Zigarette an und blickte auf die sich drehenden Lichter des London Eye, des größten Riesenrads der Welt, das man zur Millenniumsfeier gebaut hatte. Dahinter wirkten Big Ben und die Houses of Parliament wie Spielzeugmodelle. »Erinnerst du dich, wie glücklich mein Vater war, als ich mein Gelübde ablegte?«
Sein Seneschall nickte. »Der Meister hielt viel von den Templern.«
»Ich nicht. Nachdem meine Mutter an der Pest gestorben war, glaubte ich nicht länger an Gott. Ich trat nur in den Orden ein, um der Bitterkeit zu entfliehen.« Michael stieß eine dünne Rauchwolke aus und sah zu, wie sie in der Luft aufstieg. »Jahrhundertelang dachte ich, deshalb sei ich verflucht und zu einem Kyn gemacht worden – weil ich das Kreuz über einem ungläubigen, leeren Herzen trug. Am Anfang dachte ich, Alexandra wäre verflucht worden, weil sie ebenfalls nicht glaubt.«
»Es gibt so vieles, an das ich nicht länger glaube«, sagte Philippe langsam. »Ich glaube, es ist so, wie Alexandra sagt. Dass wir unser menschliches Leben an das verloren haben, was sie ein Pathogen nennt, und dass Gott nichts damit zu tun hat.«
»Ob er
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