Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
benutzt, um sich den Weg nach draußen freizuschneiden, und er war gerade durch diese Öffnung getreten.
Er wäre fast in Panik verfallen, bis ihm wieder einfiel, dass er im Morgengrauen aufgewacht war und ihre Beine abgetastet hatte. Sie war nicht verletzt gewesen. Sie war nicht verletzt, und seine Augen heilten. Er würde die Vielen nicht mehr brauchen, um sehen zu können. Er konnte sich von ihnen befreien und wieder als ganzer Mann auf die Welt blicken.
Ich könnte nach Irland gehen und den Ausdruck auf dem Gesicht des Highlords sehen, wenn ich vor ihn trete. Ich kann sehen, ob Richard wusste, dass man mich in den Händen der Brüder meinem Schicksal überlassen hat.
Gabriel konnte die kalte Wut, die er so lange für die Kyn empfunden hatte, nicht mehr in sich wecken. Benait hatte ihn angelogen; das war nach Dalentes Brief offensichtlich. Wenn Richard ihn für tot gehalten hatte, dann hätte er keinen Grund mehr gehabt, die Suche fortzusetzen. Er würde niemals erfahren, was passiert war, bis er mit dem Highlord persönlich gesprochen hatte.
Er musste auch herausfinden, wie groß Angelicas Verrat war. Wenn seine Schwester eine Strafe erhielt, dann würde er es sein müssen, der sie ausführte.
Unruhig wandte sich Gabriel um und atmete tief ein. Mit Nicola zu schlafen hatte sie in seinen Geruch gehüllt; er konnte sie mühelos aufspüren. Er beugte sich vor und nahm ihre Spur auf, die vom Zelt weg in Richtung Haus führte.
Warum ist sie dort hingegangen?
Er benutzte seine verschwommene Sicht und seine Erinnerungen an den Wald, um ihrer Duftspur zu folgen, aber sie führte ihn auf die hintere Seite des Hauses anstatt nach vorn. Unkraut hatte die unregelmäßig geformten Schieferplatten, die Dalente als Weg durch den Garten ausgelegt hatte, fast überwachsen, aber Gabriel erinnerte sich noch daran, wie er sich durch die Blumenbeete schlängelte. Nicola war ihm auch gefolgt, bis zu dem alten Brunnen neben dem Werkzeugschuppen seines Tresoras .
Gabriel roch Blut und sah einen weißroten Haufen auf dem Boden neben dem Brunnen. Er griff danach und hob eine Handvoll zerrissener, feuchter Stoffstreifen auf. Er hielt sie an sein Gesicht, um sicherzugehen, aber er wusste aus seinem Traum, dass Nicolas Blut daran klebte.
Ein Traum, der gar kein Traum gewesen war.
Er entdeckte ihre Lederjacke, die über dem Rand des Brunnens neben dem Flaschenzug mit dem Eimer lag. Er fuhr mit der Hand darüber, fühlte die Ausbuchtungen im Futter. Gestern hatte er sie nicht näher erkundet, aber jetzt fand er die offenen Stellen, die in die Taschen führten und ging langsam den Inhalt jeder einzelnen durch.
Nicola hatte mehrere Rollen Euroscheine, Zugfahrkarten oder Tickets anderer Art und ein gefaltetes Buch mit Travellerschecks dabei, aber keine Münzen oder eine Brieftasche. Eine kleine, harte Plastikdose enthielt ein Dutzend schlanke, gebogene Metallinstrumente, von denen Gabriel annahm, dass es Dietriche waren. Er fand außerdem einen Behälter mit Sprühschmierstoff, einen zusammenklappbaren Feldstecher und ein langes, flaches Stück Metall, das er mal im Fernsehen als etwas gesehen hatte, das Autodiebe benutzten. Aus der letzten Tasche zog er ein Bündel Personalausweise, Pässe und Arbeitsvisa.
Nirgendwo fand Gabriel die Filme, Linsen oder andere Gegenstände der Kameraausrüstung, die er erwartet hatte.
Es waren nicht die Fotografie oder ein Zufall, die sie ins Schloss geführt hatten. Nicola trug zu viele Spezialwerkzeuge mit sich, als dass er das noch hätte glauben können. Es schien, als wäre sie der menschliche Dieb, von dem seine Folterer in Paris gesprochen hatten – der Dieb, den die Brüder mit ihm als Köder fangen wollten.
Warum hat sie mich belogen?
Gabriel steckte alle Gegenstände, die er untersucht hatte, vorsichtig wieder an genau die Stelle zurück, an der er sie gefunden hatte, und legte die Jacke und die blutigen Stoffstreifen wieder dorthin, wo sie von Nicola zurückgelassen worden waren. Er wandte sich um und folgte schweigend seiner eigenen Spur zurück zu dem Zelt aus Spinnenseide.
Was hat sie sonst noch gestohlen?
Jetzt, wo er das von ihr wusste, ergaben einige Dinge einen Sinn. Warum sie ihr Haar färbte: um ihr Aussehen zu verändern; das machte sie vermutlich regelmäßig. Warum sie mit dem Motorrad unterwegs war: um schnell fliehen zu können; ein Motorrad konnte sich zügig durch den Verkehr schlängeln und an Orte fahren, wo Autos nicht hinkamen.
Aber was stahl sie? Nahm sie Relikte
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