Darkyn: Für die Ewigkeit (German Edition)
Warum ist sie so nass?«
»Sie trainiert immer so.« Will beobachtete, wie sie zu den Waffenständern ging, sich einen Brustpanzer nahm und sich ihn umschnallte. »Damit sie sich nicht selbst in Brand steckt.« Er sah Philippes Gesicht und lachte. »Schau es dir an, mon ami . Du wirst schon sehen, warum.«
Jayr schnallte sich auch noch zwei Schwerter um und trat mit einem Krieger in den Ring, der einen halben Kopf größer war als sie und dreimal so viel wog. Philippe dachte, der Kampf würde schnell vorbei sein, und das war er auch. Jayr wich dem Eröffnungsangriff ihres Gegners aus, schlug ihm das Schwert aus der Hand und hakte ihr Bein hinter eines seiner Knie. Sie rammte den Knauf ihres Schwerts mitten in seine Brust, und er flog aus dem Ring.
All das geschah innerhalb von zehn oder fünfzehn Sekunden.
Scarlet sah ihn an. »Ich kann in deinen Gedanken lesen wie in einem schlecht gereinigten Palimpsest. Du hast nicht gesehen, wie sie sich um ihn herumbewegt hat, oder?«
Er konzentrierte sich wieder, als ein anderer Gegner zu Jayr in den Ring trat. »Diesmal werde ich es.«
Philippe beobachtete genau, wie Jayr den traditionellen Gruß ausführte, dann eine eher abwartende als angriffslustige Position einnahm und auf den Angriff ihres Gegners wartete. Er sprang nach vorn, sie parierte, er griff erneut an, sie parierte wieder. Obwohl es der Mann war, der angriff, war es Jayr, die an Boden gewann und ihn zurückdrängte.
Philippe hielt sie für tollkühn, weil sie ihre Deckung vernachlässigte und sich ganz auf das Parieren verließ. Dennoch kam die Klinge nie wirklich in die Nähe ihres Körpers, selbst wenn sie ihm verführerisch viel Platz zum Zustoßen bot.
»Sie spielt mit ihm«, murmelte er.
Scarlet nickte. »Das ist der Vorteil des Abwehrenden.«
»Sie wehrt ihn nicht ab«, beharrte Philippe. »Sie greift ihn an, indem sie ihn mit einer vermeintlich offenen Abwehr lockt. Einen Augenblick, bevor er angreift, schließt sich diese Schwachstelle, und sie pariert seinen Schlag so heftig, dass er zurückweichen muss. Und so, wie sie sich bewegt … « Er runzelte die Stirn. »Wie macht sie das?«
»Das habe ich mich auch schon oft gefragt.« Scarlet blickte finster drein. »Sie sagt, es ist nichts, nur ihr Kampfstil. Die Geschwindigkeit ist ihr Talent. Niemand ist schneller.«
»Ich habe noch nie etwas so Wohlüberlegtes gesehen«, meinte Philippe und sah jetzt verschwommene Farben, wo er klare Bewegungen hätte erkennen müssen. Jayr bewegte sich schneller, als das Auge ihr folgen konnte. »Und nichts so Undurchsichtiges.«
»Ich auch nicht. Ich habe mal gegen sie gekämpft, weißt du. Unsere Männer lachen immer noch über meine Niederlage.« Scarlet setzte sich auf. »Sieh mal, da ist der Lieblingszwerg des Italieners.«
Philippe folgte seinem Blick und sah Nottinghams kleinen, rothaarigen Seneschall auf den Turnierplatz treten. »Wie heißt er?«
»Scarf, Scruff.« Sein Freund machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wen interessiert das?«
»Bruder!« Der Seneschall des Italieners stürmte auf Jayrs Ring zu und blieb am Rand stehen. Er ignorierte die allgemeine Höflichkeitsregel, jemanden, der im Kampfring stand, nicht anzusprechen, und rief: »Warum habt Ihr mir nicht Bescheid gesagt, dass Ihr hier alle trainiert? Ich wäre der Erste gewesen, der kommt.«
Jayr beachtete ihn gar nicht, aber mehrere Männer des Realm sahen ihn böse an. Mit jemandem zu sprechen, der gerade kämpfte, galt als Ablenkungsmanöver und wurde von allen als mehr als unverschämt empfunden.
Philippe war verwirrt. Er wusste nicht, wie die Dinge in Florenz gehandhabt wurden, aber die Seneschalle trainierten immer kurz nach Sonnenuntergang, um die Stunde der Dämmerung auszunutzen, bevor ihre Meister sich erhoben.
»Er nennt sie Bruder«, meinte Scarlet. »Das könnte amüsant werden.«
»Ich bin Skald, Seneschall von Lord Nottingham.« Er grinste und schien die bösen Blicke nicht zu bemerken, die sich gegen ihn richteten. Er zog einen Degen, der mehr wie eine Reitgerte als eine Waffe aussah, und hielt ihn hoch, fuchtelte damit theatralisch durch die Luft. »Ich bin bekannt als der beste Fechter von Florenz.«
Ein kurzes Schweigen senkte sich auf die Männer.
»Der Beste oder der Kleinste?«, fragte jemand.
Ein anderer spuckte auf den Boden. »Der Lauteste.«
»Ich werde als Nächstes kämpfen«, verkündete Skald, offensichtlich taub für die Kritik. Er zog seine Samtjacke aus und enthüllte darunter einen
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