Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
kleinen Strauß zu kaufen. Sie suchte Blumen aus, die gut dufteten, weil ihre Freundin sie nicht würde sehen können.
»Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht«, sagte sie, als sie in das Zimmer ging.
Dr. Keller, die am Fenster stand, wandte sich zu ihr um. »Oh, das wäre doch nicht nötig gewesen.«
Jema stellte den Strauß so, dass Luisa ihn erreichen konnte – sie war sicher, dass die junge Frau die weichen Blütenblätter gerne berührte, wenn sie allein war –, und straffte die Schultern, um sich der Ärztin zu stellen. Sie mochte Alexandra Keller nicht, aber sie konnte versuchen, höflich zu ihr zu sein. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich Sie hier noch einmal sehe, Dr. Keller.«
»Ich bin gerne unberechenbar, Miss Shaw.« Alex deutete auf Luisa. »Unsere gemeinsame Freundin will mich hier nicht haben, aber ich bin in der Hoffnung wiedergekommen, dass sie ihre Meinung ändert.«
»Sie sollten sie nicht aufregen.« Jema fühlte sich nicht stark genug, um sich mit Alex verbale Duelle zu liefern, und setzte sich ans Bett. »War der Augenarzt da, um nach dir zu sehen? Es wird langsam Zeit, die Binde abzunehmen.«
»Ja, war er.« Luisa streckte die Hand nach den Blumen aus und strich mit den Fingerspitzen darüber. »Warum ha’m Sie mir die mitgebracht? Ich hab doch nicht Geburtstag.«
»Aber ich, bald jedenfalls.« Jema kicherte. »Ich dachte, du würdest vielleicht gerne mal was anderes riechen als Schwester Kohler.«
»Die immer eine Spur hinter sich herzieht wie ein Stinktier?« Luisa schüttelte den Kopf. »Meine Mama sagt, sie ist hässlicher als ein überfahrenes Tier. Sie riecht auch so.«
Jema dachte an den grellblauen Lidschatten, der Schwester Kohlers Markenzeichen war. »Sagen wir mal, sie hat ein kosmetisches Handicap.« Sie sah, dass Alexandra sie beobachtete, und dann sah sie zwei Alexandras. Bei der ganzen Hektik heute Morgen hatte sie vergessen, sich ihre Morgeninjektion zu spritzen. »O-oh.« Sie kämpfte gegen die Schwäche an und griff nach ihrer Handtasche. Sie konnte spüren, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Alex starrte sie an. »Darf ich mal dein Bad benutzen, Luisa?«
»Wenn Schwester Kohler nicht drin ist. Sie benutzt es oft.«
Jema ging vorsichtig in das kleine Bad und stellte ihre Tasche auf das Waschbecken. Sie überlegte, ob sie die Tür abschließen sollte, aber der Schwindel wurde heftiger, und sie wollte nicht ohnmächtig werden und Luisa ängstigen.
»Brauchen Sie Hilfe?« Alex folgte ihr in den kleinen Raum.
»Dabei nicht, danke.« Daniel gab ihr fertig aufgezogene Spritzen in einem kleinen Täschchen mit, deshalb musste sie sich nur den Arm abbinden und eine Vene suchen, was nie ein Problem war. »Ich bin zuckerkrank, nur falls Sie sich fragen, was ich hier tue.«
»Ich habe gehört, dass Sie das sind.« Alex’ Spiegelbild runzelte die Stirn. »Sie spritzen sich das Insulin intravenös.«
»Ich bin schlimm zuckerkrank.« Sie löste das Band, stieß mit dem Fingernagel an eine geeignete Stelle und machte die Spritze bereit. Es war ihr peinlich, sie sich zu setzen, während Alex zusah, aber das war nicht zu ändern. »Ich wurde damit geboren.«
Der Schwindel verschwand Sekunden später. Sie klebt ein rundes Pflaster auf die Einstichstelle und blickte sich nach einem Mülleimer für biologisch gefährlichen Abfall um, fand jedoch keinen.
»Wer kümmert sich um Ihren Fall, Miss Shaw?«, fragte Alex.
»Dr. Daniel Bradford. Er ist unser Hausarzt.« Sie packte das Spritzenset zusammen und wusch sich am Waschbecken die Hände. »Er lebt mit meiner Mutter und mir in Shaw House. Wir müssen beide gut überwacht werden. Er kümmert sich schon fast seit meiner Geburt um mich.«
»Klingt, als wäre er ein sehr engagierter Mann.« Alex reichte ihr ein Papiertuch. »Haben Sie noch irgendeinen anderen Arzt wegen Ihres Zustandes konsultiert?«
»Dr. Bradford kümmert sich großartig um mich und meine Mutter.« Jema wusste, dass Alex diese Frage als Ärztin stellte, aber ihr gefielen ihre Unterstellungen nicht. »Er ist mit den Jahren natürlich zu einem Experten für Diabetes geworden, und er hat auch viel über Behandlungsmethoden von Rückenmarkstraumata und Lähmungen geforscht. Er hat bei uns zu Hause ein voll ausgestattetes Labor. Leider gibt es keine Heilung für meine Mutter, und für mich auch nicht.« Sie lächelte kühl. »Wir hatten nie das Bedürfnis, eine zweite Meinung einzuholen.«
»Das ist gut. Sie haben Glück. Und Sie sehen schon viel besser
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