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Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)

Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)

Titel: Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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greifen können, aber irgendetwas ließ sie zögern. Als wäre es schlimmer, eine Hand daran zu legen, als mit ihm durch all das Blut und die Innereien zu rollen.
    »Was willst du von mir?«, schrie sie.
    »Ich will dich retten.« Er blickte auf seine blutigen Hände. »Ich kann nicht, Jema. Ich kann nicht einmal mich selbst retten.«
    »Ich bin keine Jungfrau in Nöten.« Sie ging um einen Kadaver herum und fühlte mit den Händen hinter sich, damit sie ihn im Auge behalten konnte. »Ich muss nicht gerettet werden.«
    »Ich könnte dich töten.« Keine Drohung, sondern eine Tatsache, ausgesprochen mit Fangzähnen und Augen, die katzenhaft verengt waren und glühten.
    »Ach ja? Du konntest mich nicht mal auf der Schlachtbank festhalten.« Endlich fühlte sie einen Türknauf, und obwohl es sich genauso anfühlte, als würde sie sich die eigene Haut mit einem stumpfen Buttermesser abziehen, wandte sie sich um, riss die Tür auf und rannte hindurch.
    Nein. Jema. Nein.
    Eine riesige Hand riss sie zurück in die Dunkelheit, und für einen Moment schwebte sie, eine Puppe, die an dieser Hand hing, bis ihre Füße wieder festen Boden fanden.
    Jema stand auf einem Pier aus silberfarbenem Holz, der zu einem merkwürdig aussehenden Schiff führte, das am Ende vertäut war. Der Ozean, der es umgab, war dunkelblau, der Himmel schiefergrau, und die salzige Luft fühlte sich eiskalt an ihrem Gesicht an.
    Sie wirbelte herum, aber die Farm und das Schlachthaus waren verschwunden, nur ihr Dämon stand hinter ihr, trug wieder seine weiße Tunika und sah so sauber aus, als hätte ihr Ringkampf im Schlachthaus niemals stattgefunden. Ihr Nachthemd war auch sauber.
    »Hier gefällt es mir besser«, sagte sie, weil sie glaubte, es erwähnen zu müssen, »und es würde mir wirklich gefallen, wenn es hier endet.«
    Er starrte an ihr vorbei auf das Schiff. »Es wird nicht enden. Nicht für mich.« Er sah ihr in die Augen, und für eine Sekunde sah sie darin etwas, das zu schrecklich war, um es in Worte zu fassen. Keine Tränen, keine Angst, keine Wut. Verzweiflung. Von der bodenlosen Lasst-alle-Hoffnung-fahren-wenn-ihr-hier-eintretet-Sorte. »Ich würde mein Leben für dich geben.«
    »Ich mag deinen Arbeitsplatz nicht, und meine Mutter kann ganz schön anstrengend sein.« Sie würde bald aufwachen, und sie wollte nicht, dass das Schlachthaus das Einzige war, woran sie sich erinnern konnte. Ihnen blieb schon so wenig genug Zeit zusammen. »Wie heißt du?« Als er antworten wollte, schüttelte sie den Kopf. »Dein richtiger Name, keiner von denen, die du dir für mich ausdenkst.«
    »Ich bin nichts, niemand. Alles, was ich hatte, ist nicht mehr da.« Er ergriff ihre Arme und schüttelte sie. »Ich bin der Tod.«
    »Du hast ganz offensichtlich Probleme, von denen ich nichts weiß oder nichts verstehe«, sagte sie und versuchte, ruhig und vernünftig zu klingen, »aber ich würde dennoch gerne deinen Namen erfahren.«
    All seine Wut schien mit einem Mal zu verpuffen. »Thierry. Mein Name ist Thierry.«
    »Thierry.« Der Name gefiel ihr, und sie lächelte. »War das so schrecklich?«
    Er ließ sie los. Er sah sie auch nicht mehr an; er starrte an ihr vorbei zu dem Schiff. »Es ist zu spät für mich, kleine Katze.«
    Sie drehte sich um, weil sie sehen wollte, wohin er blickte. Der Himmel war schwarz geworden, und das Meer war jetzt aufgewühlt und wütend grün-gelb. Das Schiff hatte sich in einen silbernen, unheimlichen Klipper mit so steifen weißen Segeln verwandelt, dass sie wie aus Papier ausgeschnitten wirkten. Gespenstisches blaues Licht strahlte durch die runden Bullaugen um das Deck. Planken flogen in die Luft, als der Metallrumpf des Schiffes gegen den Pier prallte; dann flatterten die schneeweißen Segel, und das Schiff schaukelte wild auf den immer höheren Wellen.
    Eine Frau in einem schwarzen Kleid stand auf dem oberen Deck und hob eine schwarz behandschuhte Hand. Es war kein Winken, aber es war definitiv eine Abschiedsgeste. Dann fuhr der Wind in ihre Kapuze und riss sie zurück, enthüllte ein wunderschönes Gesicht.
    »Deine Exfreundin?«, riet Jema.
    »Meine Frau.« Mit tonloser Stimme begann er ihr von der Frau zu erzählen, deren Name Angelica war.
    Jema konnte es kaum ertragen, ihm zuzuhören, denn das, was seine Frau ihm angetan hatte, war schlimmer als alles im Schlachthaus. Als er zu Ende erzählt hatte, standen sie Seite an Seite und sahen das Schiff in den Sturm hinaussegeln. Der Wind heulte um sie herum, und Graupel und

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