Darkyn: Im Bann der Träume (German Edition)
Regen stürzten aus dem Himmel, berührten sie jedoch nicht.
Als das Schiff endlich verschwunden war, legte Thierry den Arm um sie und drehte sie zu sich um. Es war beinahe eine Umarmung, allerdings ohne das schöne Körper-an-Körper-Gefühl.
Als sie in seine Augen sah, wusste sie, dass sie sich nicht küssen oder streicheln oder irgendetwas tun würden, was sie zuvor getan hatten. Tod lag in seinen Augen, die Pupillen waren zwei vertikale schwarze Schlitze, die goldene Iris darum wurde blasser, bis sie sich dem Weiß anglich, und dann glitzerten sie voller Tod, waren ein ausdruckloser, starrer Ort voll mit ausgeblichenen Knochen, blutleerem Fleisch und grinsenden Totenschädeln.
Jema konnte sich selbst in seinen Augen sehen. Ihre Augen waren so dunkel, dass sie schwarz wirkten, und sie glühten vor Hitze. Wenn es so etwas gab wie schwarzes Feuer, dann brannte es in ihnen.
Thierry hob seine freie Hand hoch und hielt ihr die Handfläche entgegen. Sie verschränkte ihre Finger mit seinen, und fühlte, wie sich etwas Sanftes und Angsteinflößendes um ihr Herz legte.
Er sagte nichts, und sie erwartete nicht, dass er das tat. Das Schweigen zwischen ihnen war bedeutungsschwanger. Wären sie irgendwo anders gewesen, hätte Jema erwartet, einen Priester sagen zu hören: »Wenn jemand einen Grund kennt, warum diese beiden nicht in den heiligen Stand der Ehe treten sollten …«
Warme Nässe lenkte Jema von seinen Augen ab. Blut quoll zwischen ihren verschränkten Fingern hervor und lief über ihre Handrücken. Nichts tat weh, aber es hörte nicht auf. Sie erschrak nicht darüber, sondern sah zu, wie sie beide bluteten, als solle auch das so sein.
Sie waren jetzt verbunden, auf mehr Arten, als sie fassen konnte.
Thierry schien darauf zu warten, dass sie etwas sagte. »Was passiert jetzt?«
Er beugte sich vor, nicht um sie zu küssen oder zu umarmen, sondern um ihr ins Ohr zu flüstern. »Du wirst nicht allein in die Dunkelheit gehen. Wenn die Zeit kommt, dann werde ich dich hinführen. Ich werde mit dir gehen.«
»Nein.« Sie stieß ihn zurück. »Das lasse ich nicht zu.« Die Nacht legte sich erstickend um sie, blendete alles aus außer seiner Berührung. »Du wirst nicht für mich sterben oder mit mir. Du bleibst am Leben. Du machst ohne mich weiter.«
Er versuchte, sie jetzt schon zu töten, nahm ihr die Luft aus den Lungen und verwandelte sie in Gardenien.
»Wir gehen zusammen«, versprach er ihr, kurz bevor er sie küsste. »Heute Nacht.«
Sein Mund berührte ihren, und sie ging mit ihm.
15
Jema?
Ein Klopfen.
Jema.
Noch ein Klopfen, diesmal lauter. »Jema.«
Es war das Klappern von Schlüsseln, das Thierry aus dem Traum zurück in die Realität riss. Er kniete mitten auf Jemas Bett und hielt ihren leblosen Körper in den Armen. Seine Lippen und ihre waren voller Blut. L’attrait durchdrang die Luft im Zimmer, die eisig war, weil die Balkontür, die er nicht geschlossen hatte, offen stand.
Wie war er hereingekommen? Was hatte er ihr angetan?
Thierry war mehr als einmal in Entrückung gewesen und erkannte die starke, schmerzhafte Anziehungskraft der Blutträume, denen er sich fast ergeben hatte. Er fühlte an ihrem Hals nach ihrem Puls und brach beinahe zusammen vor Erleichterung, als er ihn spürte. Sie lebte noch und war nicht hörig.
Die Schlüssel. Jemand öffnete die Tür.
Thierry legte Jema auf das Bett und sprang von dort auf den Balkon. Draußen warf er sich über das Geländer, wo er sich mit einer Hand an den Rand des frostüberzogenen Steinbalkons hängte.
»Jema, es ist eiskalt hier drin.« Der alte Arzt hustete, als er das Licht anschaltete. »Hast du eine Flasche Parfüm zerbrochen?«
Thierry zog den Kopf ein, als er Bradford auf sich zukommen hörte, um die Balkontür und die Vorhänge zu schließen. Eis und Stein knackten, als er die Finger hineingrub und betete, dass der Rand halten würde. Als Bradfords Schritte sich wieder entfernten, zog sich Thierry wieder hoch und blickte durch einen Spalt zwischen den Vorhängen durch das Fenster.
Dr. Bradford deckte Jema mit ihrer Decke zu und sprach sie an. Er fühlte nach ihrem Puls, runzelte die Stirn und wandte sich um, verließ Thierrys Blickfeld. Als er zurückkehrte, hielt er eine Spritze in der Hand und setzte sie Jema. Dann saß er da und hielt die Finger an ihr Handgelenk gepresst und sah in ihr Gesicht. Er saß ungefähr fünf Minuten so, dann nickte er und legte ihre Hand aufs Bett, bevor er das Licht ausmachte und
Weitere Kostenlose Bücher